Zwischen Christbaumkugeln und Baustelle

Weihnachten in Trier-Ehrang: "Die Flut-Bilder bleiben im Kopf"

Stand
Autor/in
Lara Dudek

Rund eineinhalb Jahre nach der Flut bereiten sich die Menschen in Ehrang auf Weihnachten vor. Das Haus von Hans Casel sieht wieder aus wie früher. Doch die Narben auf der Seele bleiben.

Beim Betreten des Hauses von Hans und Ursula Casel in der Florastraße in Trier-Ehrang baumeln die bunten Weihnachtssterne von der Decke. Auf den ersten Blick erinnert in dem zweigeschossigen Einfamilienhaus nichts mehr an das verheerende Hochwasser der Kyll im Juli 2021.

Das Haus von Hans Casel liegt etwa einen Kilometer von der Kyll entfernt.
Das Haus von Hans Casel in Trier-Ehrang liegt etwa einen Kilometer von der Kyll entfernt. "Ich hätte nie gedacht, dass das Hochwasser der Kyll bis hierher kommt", sagt Casel. Bild in Detailansicht öffnen
So sah es nach dem Hochwasser im Haus von Hans Casel aus: Überall Schlamm und Matsch.
So sah es nach dem Hochwasser im Haus von Hans Casel aus: Überall Schlamm und Matsch. Bild in Detailansicht öffnen
Das reinste Chaos im Wohnzimmer.
Das reinste Chaos im Wohnzimmer. Bild in Detailansicht öffnen
Auch im Treppenhaus stand das Hochwasser der Kyll.
Auch im Treppenhaus stand das Hochwasser der Kyll. Bild in Detailansicht öffnen
Die Aufräumarbeiten nach dem Kyll-Hochwasser zogen sich mehrere Monate hin.
Die Aufräumarbeiten nach dem Hochwasser zogen sich mehrere Monate hin. Bild in Detailansicht öffnen

Wasser der Kyll stand hüfthoch im Erdgeschoss

Der komplette Keller lief damals voll Wasser, im Erdgeschoss stand das dreckige Wasser hüfthoch. Überall lag Schlamm. Dass das Hochwasser der Kyll überhaupt so weit kommt, damit hätte Hans Casel nie gerechnet. Denn das Haus der Familie steht etwa zehn Minuten Fußweg von der Kyll entfernt. "Ein solches Hochwasser hat es bei uns noch nicht gegeben", so Casel. "Es gab zwar mal eine Hochwasser-Warnung für die Mosel. Aber nie für die Kyll."

Wände wieder frisch gestrichen

Beim Rundgang durch den Keller lässt der Geruch nach frischer Farbe erahnen, dass hier vor Kurzem gestrichen wurde. An mehreren Stellen des Gebäudes zeigt der gebürtige Ehranger, woran sie in den vergangenen Monaten gemeinsam gearbeitet haben. Sofort hat Hans Casel wieder Bilder vom Hochwasser im Kopf.

"Man kann keinen klaren Gedanken fassen und ist sprachlos, wenn man durch das Haus geht. Was da alles zerstört wurde. Dann realisiert man, welche Gewalt und Kraft das Wasser hat."

Haus in Trier-Ehrang komplett renoviert

Neue Heizung, neue Küche, neue Türen und Böden sowie ein komplett renovierter Keller. Wie bei vielen anderen Betroffenen war auch die Liste der Schäden bei Familie Casel lang. So lang, dass sie sogar mit dem Gedanken gespielt haben, das Haus nicht wieder aufzubauen.

"Geben wir unser Haus auf oder renovieren wir es? Wir sind aber recht schnell zu dem Ergebnis gekommen: Einmal machen wir es und bauen auf."

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Schon Weihnachten 2021 im Haus gefeiert

Unmittelbar nach der Hochwasser-Katastrophe lebte das Ehepaar Casel bei Verwandten in Ehrang. Vor einem Jahr konnten sie in ihr - an vielen Stellen noch unfertiges Haus - zurück und das erste Weihnachten nach der Flut mit der Familie feiern. Auch wenn die Stimmung an manchen Ecken und Enden etwas betrübt war, wie Hans sich erinnert, hat man sich damit zumindest einen kleinen Wunsch erfüllen können.

Schäden im Haus sind weg - seelische Belastung bleibt

Heute, ein Jahr später, sind die Schäden rund ums Haus fast ganz verschwunden. Mit den Gedanken und Sorgen ist es anders, da die Betroffenen erst nach und nach begreifen, was alles verloren gegangen ist.

"Ich habe Bekannte, die sind immer noch traumatisiert und da wird es wesentlich länger dauern, bis die noch mal auf die Füße kommen. Es sind auch mehrere Leute im Nachhinein gestorben, die das einfach nicht ausgehalten haben."

Bei dem Wiederaufbau hat es Hans Casel geholfen, dass er handwerklich begabt ist und vieles gemeinsam mit Freunden und Nachbarn reparieren konnte. An den Stellen, wo er Handwerker gebraucht hat, war die Zusammenarbeit fast immer gut.

Hans Casel aus Trier-Ehrang steht in Heizungsraum seines Hauses in der Florastraße.
Früher hat Familie Casel mit Öl geheizt. Nun haben sie eine Gasheizung.

Bürokratische Prozesse ziehen sich hin

Er kennt aber auch Betroffene, die andere Erfahrungen machen mussten und teilweise immer noch auf freie Termine von Handwerkern warten. Oder auf ihre Fördermittel aus dem Wiederaufbaufonds für geschädigten Hausrat oder Gebäude, die bei der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz beantragt werden können.

Das Ehepaar Casel hat bereits einen Teil seiner Hilfen ausgezahlt bekommen. Was sie aber über die gesamten Monate hinweg verärgert hat, seien die komplizierte Antragstellung und die widersprüchlichen oder fehlenden Auskünfte am Telefon der ISB.

Große Hilfsbereitschaft in Trier-Ehrang

Und dann ist da noch ein Gefühl, welches das Ehepaar begleitet: Dankbarkeit. Sie denken an all die fleißigen Helfer, die wie selbstverständlich und ohne viele Worte mit angepackt haben. Nachbarn, Verwandte, Freunde und Geflüchtete, die das Ehepaar schon betreut hat, waren zur Stelle.

"Das war großartig zu sehen und hat mich sehr berührt. Schön, dass es noch viel Nächstenliebe in unserer Gesellschaft gibt. Das hat sehr, sehr gut getan."

Auch das zweite Weihnachten wird für die Familie mit Sicherheit anders werden. Hans und Ursula Casel freuen sich darauf und hoffen, in Zukunft ein bisschen kürzertreten zu können. Aber am meisten wünschen sie sich, "dass dieses Jahrtausendereignis auch ein Jahrtausendereignis bleibt", so Hans Casel.

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Lara Dudek