In einem dichten Nadelwald in Wolsfeld heben zwei Forstarbeiter kleine Löcher aus. Mit Spaten stechen sie in die Erde, setzen Bäumchen rein und vergraben die Wurzeln. Die Setzlinge sind nur wenige Zentimeter groß und fallen zwischen den meterhohen Douglasien kaum auf. Doch in einigen Jahrzehnten sollen sie zu mächtigen Buchen heranwachsen.
Burkhard Pickan wird dann schon nicht mehr als Förster im Dienst sein. Trotzdem muss der Revierleiter im südlichen Bitburger Land in diesen Zeitkategorien denken, wenn er den Wald der Zukunft aufbauen will. "Wenn wir hier keine Buchen pflanzen würden, würde hier in 20 bis 30 Jahren kein Mischwald stehen. Aber uns läuft die Zeit davon", sagt Pickan.
Klimawandel setzt Wälder in der Eifel unter Druck
Der Grund für den Zeitdruck ist der Klimawandel. Viele Jahre lang ließ sich mit dem Holz aus Monokulturen von Fichten und Douglasien gutes Geld in der Eifel verdienen. Doch inzwischen wird es den Bäumen vielerorts zu trocken, neue Krankheiten und Schädlinge wie der Borkenkäfer zerstören die Plantagen. Der Wald der Zukunft muss daher nach Ansicht von Experten wie dem Trierer Forstamtsleiter Gundolf Bartmann ein Mischwald aus Laub- und Nadelbäumen sein. Ein System aus verschiedenen Arten, das Parasiten und Wetterlagen trotzen kann.
Mittlerweile sei die erste Priorität der Förster nicht mehr, möglichst viel Holz zu ernten, sagt Bartmann, sondern den Wald als Kulturlandschaft zu erhalten: "Die Geschwindigkeit der Auswirkungen des Klimawandels nimmt zu und fordert unser aller Einsatz." In allen Forstämtern der Region Trier würden daher die Nadelwälder mit Buchen und anderen Laubbäumen durchmischt.
Das macht es in Wolsfeld zum Beispiel nötig, gesunde Douglasien zu fällen, sagt Pickan. Denn einerseits brauchen die Buchen Platz und Licht zum Wachsen. Und andererseits muss der Förster den Umbau des Waldes finanzieren. Und das geht nur mit dem Verkauf von Holz an die Industrie: "Wir können nicht einfach sagen, wir lassen unseren Wald hier wachsen. Und unser Toilettenpapier kommt dann aus dem Ausland."
Wissenschaftler: Pflanzen haben keine Gefühle
Alles dem Wildwuchs überlassen - genau das schlagen aber Buchautoren wie Peter Wohlleben seit Jahren vor. Ihren populären Bestsellern zufolge haben Bäume Gefühle, sie würden sich gegenseitig umsorgen. Und so heile sich die Natur auf Dauer selbst, wenn man sie nur machen lasse. Diese Aussagen sind allerdings nicht wissenschaftlich belegt. Und zum großen Teil sind sie auch falsch, wie das ein Team von Forschern um den britischen Biologen David Robinson erst kürzlich in einem Artikel festgehalten hat. Der Professor, der in Heidelberg lebt, hat ein Problem damit, wie Pflanzen in diesen Büchern vermenschlicht werden: "Pflanzen haben kein Gehirn, sie sprechen nicht miteinander, sie haben keine Gefühle. Das stimmt alles nicht."
Falsche Theorien beeinflussen Umgang mit dem Wald
Diese Theorien seien inzwischen aber weit verbreitet. Sie haben, sagt Robinson, Einfluss auf die Politik und unseren Umgang mit dem Wald: "Falsche Informationen führen zu falschen politischen Entscheidungen darüber, wie wir unseren Forst verwalten sollten." Das gehe so weit, dass sich Förster gegenüber Bürgern immer öfter rechtfertigen müssten, wenn sie Bäume fällen oder überhaupt in den Wald eingreifen. Burkhard Pickan hat das nach eigener Aussage auch schon erlebt. Dabei gehöre er in der Eifel zu den Pionieren des ökologischen Waldumbaus: "Ich habe sehr früh angefangen, Dinge auszuprobieren und zu verändern."
Förster: In 20 Jahren könnte in Wolsfeld noch Wald sein
Und das durchaus mit Erfolg, wie sich in Wolsfeld beobachten lässt. In einem anderen Teil des Douglasienwaldes haben Pickans Leute schon vor gut 20 Jahren Buchen gepflanzt. Und auch Esskastanien, die hier vor einigen Jahren, als es noch kälter und nasser war, nicht gewachsen wären. Sie haben sie mit Gattern und Plastikhüllen geschützt, damit sie ungestört vom Wild wachsen können.
Und inzwischen sind die Bäume dort schon zwei bis acht Meter hoch gewachsen. "Wir sehen hier einen geschlossenen jungen Wald", sagt Pickan: "Es ist natürlich eine Freude, hier durchzugehen, ich genieße das." Während der Wald gerade vielerorts stirbt, glaubt Pickan, wächst in Wolsfeld ein gesunder Forst heran. "Ich bin von Natur aus Optimist", sagt der Förster: "Und ich denke, die Weichen sind gestellt, dass hier in 20 Jahren vielleicht noch Wald ist."