Martin Lotze kniet sich neben einen gefällten Baum im Prümer Wald. Der Förster reißt ein Stück Rinde ab und schaut sich die Rückseite der Borke an. Ein kleiner Käfer krabbelt auf seine Hand. Es ist ein Buchdrucker, einer der Schädlinge, die dem Eifeler Landesförster und seinen Kollegen derzeit das Leben schwer machen.
"Bis zu 40.000 Borkenkäfer können sich in einem einzigen Baum verstecken", sagt Lotze. Sie überwintern unter der Rinde oder graben sich in die Erde ein, bevor sie im Frühjahr ausschwärmen. Förster Lotze hofft allerdings, dass dieses Jahr weniger von ihnen über seinen Wald herfallen. Denn den vergangenen Wochen hat es in der Eifel so viel geregnet wie lange nicht. Und bei diesem Wetter wächst ein natürlicher Widersacher des Insekts besonders gut: der Pilz Beauveria Bassiana, der den Borkenkäfer unter der Rinde befällt.
Pilz braucht Regen im Winter
Wenn der Beauveria Bassiana einen Borkenkäfer befällt, sprießt eine Art weißer Pelz aus dem Insekt. Der Pilz überzieht die Tiere mit diesem dichten Geflecht und saugt ihnen die Nährstoffe aus. Einmal infiziert, können rund 90 Prozent der Käfer sterben. Das zeigen zumindest Laborversuche.
In der Natur braucht der Pilz allerdings das feuchte Wetter. Und wegen des Klimawandels wird es auch in der Eifel immer trockener und heißer. Das bedeutet: schlechte Karten für den Pilz und gute Aussichten für den Käfer. Wissenschaftler beschäftigen sich aber schon lange mit der Frage, wie sie den Pilz gezielt im Kampf gegen den Buchdrucker einsetzen können - zum Beispiel bei der Forstlichen Versuchsanstalt in Freiburg.
Neue Studie zur Wirkung des Pilzes auf den Borkenkäfer
Dort hat dieses Jahr ein Forschungsprojekt begonnen, das sich den natürlichen Gegenspielern des Schädlings widmet. Markus Kautz und seine Kollegen von der Abteilung Waldschutz haben schon einige Ideen durchgespielt.
Zum einen wurde bereits untersucht, ob man Käfer mit einer Lockstofffalle fangen, dort über Kontakt mit den Pilzsporen infizieren und anschließend wieder freilassen kann. Die Insekten würden dann den Pilz selbst unter ihren Artgenossen weiterverbreiten, erklärt Kautz. Zum anderen könnte man auch Holzstapel mit einer Sporenlösung besprühen, um damit die ausfliegenden Käfer zu infizieren.
Es gibt Hoffnung, aber noch keinen Durchbruch bei der Forschung
"Alle getesteten Verfahren sind aber bislang nicht wirksam genug", sagt Markus Kautz. Die Pilze lassen sich nicht so schnell verbreiten, die Infektionsrate ist zu gering und manchmal entwickeln die Käfer offenbar einen natürlichen Schutz gegen den Parasiten.
Trotzdem hält Markus Kautz seine Mission nicht für aussichtslos: "Man braucht da einen langen Atem. Aber die Hoffnung besteht schon, dass eines Tages ein wirksames natürliches Mittel zur Eindämmung von Borkenkäfern zur Verfügung steht.“ Erste Ergebnisse der Forschung sollen nächstes Jahr veröffentlicht werden.
Bäume fällen, bevor die Käfer ausschwärmen
So schnell kann der Eifeler Förster Martin Lotze also nicht mit der Wunderwaffe aus dem Labor rechnen: "Wir können uns nicht auf den Pilz verlassen." Viel wichtiger sei es für die Förster derzeit, die befallenen Bäume zu finden, zu fällen und aus dem Wald zu bringen. Dafür sei jetzt die beste Zeit, sagt Lotze. Die Fichten müssten weg, bevor die Käfer ausschwärmen. So sieht es auch Markus Kautz von der Forstlichen Versuchsanstalt: "Ein gutes Borkenkäfermanagement ist derzeit am wichtigsten."
Dass es nötig ist, den Befall einzudämmen, zeigt der neue Waldzustandsbericht des Landes. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Die Grünen) nennt den Wald darin einen "Patienten". Und eine seiner Krankheiten ist die Käferplage. Die habe dazu geführt, dass seit der vergangenen Erhebung jede siebte Fichte in Rheinland-Pfalz abgestorben sei.
Fichte kann höchstens noch in der Schneifel überleben
Kahlschlag gibt es vor allem im Westerwald, in der Pfalz und im Hunsrück. Langfristig haben Fachleute die Fichte aber schon für fast alle Regionen des Landes abgeschrieben. "Wenn sie überhaupt noch irgendwo überleben kann", sagt Martin Lotze, dann in der Gegend rund um Prüm." Denn der Käfer mag es trocken und heiß. Und trotz Klimawandel regnet es in der nördlichen Eifel noch recht häufig.
Vielleicht kann die Fichte also noch lange genug überleben, bis die Forscher ein neues Verfahren im Kampf gegen den Käfer entwickelt haben. Die Forstliche Versuchsanstalt Freiburg will nächstes Jahr die Ergebnisse ihrer Studie vorstellen.