Winzige schwarze Fische schwimmen dicht gedrängt durch ein kleines, quadratisches Becken, es ist ein richtiges Gewusel. "Die sind jetzt in der Pre-Teen-Phase", sagt Kay Kauth. Er ist in dritter Generation Fischzüchter in Schönecken im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Neben Äschen und Regenbogenforellen züchtet er Bachforellen, die kürzlich auf der Roten Liste der bedrohten Arten gelandet sind.
Und auch Kauth ist einer der letzten seiner Art: "Wir haben noch genau zwei Meisterschulen in Deutschland. Eigentlich ist in der kompletten Branche jeder per Du, weil wir alle entweder zusammen Gesellen oder im Meisterkurs waren. Ja, wir sind ein aussterbender Beruf", sagt der 33-Jährige.
Harte Arbeit in aussterbendem Beruf
Denn die Arbeit sei hart und meist im Kalten. Ständig müsse man alles überprüfen, denn ein kleiner Fehler könne dazu führen, dass die Fische nicht genügend Sauerstoff im Wasser haben und sterben. Selbstzweifel begleiten Kauth immer: "Es gibt halt Berufe, die sind bequemer, die lassen einen einfacher schlafen." Viele wollten sich das nicht antun.
Umso wichtiger ist ihm der Job als Fischzüchter. Er will die Familientradition fortführen und den "Kulturschatz" der Fischzucht, wie er sagt, bewahren, damit er nicht verloren geht: "Ich habe irgendwann in meinem Leben festgestellt, ich bin gut darin. Und irgendwo finde ich, man sollte manchmal auch einfach das machen, was einen Mehrwert für die Allgemeinheit darstellt."
Denn Kauth schafft Leben und bewahrt es. Jetzt, Ende Februar, ist die ganze Bandbreite seiner Arbeit zu sehen. Denn von November an bis Februar laichen die Elterntiere. Das heißt, dass aus den Eiern, die schon im November befruchtet wurden, mittlerweile richtige kleine Fische geschlüpft sind. Bei den Eiern, die später dazugekommen sind, zeigt nur ein kleiner schwarzer Punkt, dass darin Leben entsteht.
8.000 Tiere in kleinem Becken
Die Zucht der Bachforelle ist komplex, sagt Kauth. Zunächst muss er die Fische abstreifen, also vorsichtig die Eier aus den Muttertieren herausdrücken, ohne sie zu verletzten. "Es gibt Angelvereine oder Privatleute, die das selbst versuchen. Aber das sollte nur ein Meister machen, sonst ist es Tierquälerei." Die intakten Eier werden in ein Becken gelegt und befruchtet. Auch um die Elterntiere kümmert Kauth sich dann, damit es ihnen gut geht.
Nach zwei Monaten schlüpfen die Fische dann und ernähren sich etwa einen Monat von ihrem Dottersack. Ist der aufgebraucht, füttert Kauth sie mit Trockenfutter an: "Das ist immer ein lustiger Prozess, weil die Fische so eine Art Schnappreflex haben. Den muss man so ein bisschen hervorlocken, damit sie Interesse für das Futter entwickeln." Und die Teenager mögen es kuschlig: In einem nur 40 mal 40 Zentimeter großen Becken leben 5.000 bis 8.000 Fische.
Wiegen diese fünf Gramm, werden sie in die Teiche auf dem Außengelände gesetzt. Die werden aus der Nims gespeist. Das Wasser in der Eifel ist unter anderem durch seine Härte sehr gut geeignet für Forellen, sagt Kauth. Die jüngeren Fische bleiben in den Becken in der Nähe des Flusses, wo die Bedingungen optimal sind. Werden sie älter, werden sie in die Teiche weiter weg gesetzt. Vier Jahre bleiben die Fische in den Becken, bis sie verkauft werden.
Ur-Bachforelle kommt aus Schönecken
Das hat schon Kauths Opa so gemacht, der die Fischzuchtanlage nach dem Zweiten Weltkrieg hier in Schönecken errichtet hat. Zusammen mit Kauths Vater hat er die Eifeler Bachforelle aus den Flüssen rund um Mosel und Sauer in den 1950er-Jahren domestiziert. Sie wurden immer wieder mit Wildfängen eingekreuzt. Der Betrieb in Schönecken ist also derjenige, der noch die Urform der Eifeler Forelle züchtet, sagt Kay Kauth.
Er will die Anlage ins 21. Jahrhundert führen, etwa mit besseren Überwachungsmöglichkeiten für den Sauerstoff im Wasser, besseren Abläufen und besseren Maschinen, um die Fische zu sortieren. Künstliche Intelligenz helfe da noch nicht, lacht er: "Sobald man versucht, ihr beizubringen, Fische in einem natürlichen Gewässer zu erkennen, tut die sich schwer. Die verwechselt dann oft Steine oder Reflexionen im Wasser mit den Fischen."
Ob mit oder ohne KI - lukrativ sei die Fischzucht nicht: Um in dem Beruf zu starten und eine Anlage neu zu errichten, müsse man einige Millionen investieren. Pro Jahr habe man dann aber nur eine Rendite von 100.000 Euro oder weniger, wenn es schlecht läuft.
Fischbestände erhalten
Kauth verkauft seine Fische an Angelvereine oder Behörden, um den Bestand der Bachforelle in den Gewässern der Region zu sichern: "Jeder, der in der Region Fische haben will, kauft eigentlich bei mir. Ich versuche, eine hohe Qualität, gesunde Fische zu züchten, die auch ein stabiles Immunsystem haben, die sich wohlfühlen." Er sei auch einer der wenigen, der Äschen vermehrt.
Die Angelvereine hätten dabei nicht nur das Interesse, die Fische wieder aus dem Fluss zu fischen, um sie in die Pfanne zu hauen. Wenn Kauth sie verkauft, sind sie ohnehin noch nicht groß genug, um sie zu essen: "Ich mache keine Speisefische. Mir hat das Schlachten während der Ausbildung keinen Spaß gemacht. Mir haben die Tiere immer leid getan."
Gefahren für die Forellen
Denn nachdem Kauth sich so viel Mühe gegeben hat, Leben zu erschaffen und zu bewahren, muss er seine Fische irgendwann in die Freiheit entlassen. Und dort sind sie dann wieder Gefahren ausgesetzt: anderen, größeren Fischen, Reihern und Kormoranen. Die jungen Fische müssen sich erst in ihrer neuen Umwelt zurechtfinden und sind auch noch den Einflüssen der Menschen ausgesetzt.
Erde, Sedimente, eventuell Pestizide könnten ins Wasser eingeleitet werden oder durch Unfälle auch Chemikalien. Vor allem seien eingewanderte Tiere ein Problem, die hier nicht hingehören: "Die verändern massiv die Lebensumstände der Fische."
Flut hat Fische weggeschwemmt
Bei der Flut 2021 sei noch hinzugekommen, dass nicht nur Öl, sondern auch Tenside in die Gewässer gelangt sind. So schwamm das Öl nicht oben, sondern vermischte sich mit dem Wasser und schadete den Schleimhäuten der Fische. Zudem habe er 70 Prozent seiner Fische verloren, weil sie weggeschwemmt und über ein 70 Quadratkilometer großes Areal verteilt wurden.
Besonderes Verhältnis zu einer Million Ziehkindern
Das hat Kauth damals weh getan, obwohl er ein anderes Verhältnis zu seinen Tieren hat als der normale Bauer, der Schweinen und Kühen Namen gibt und weiß, dass er sie irgendwann schlachtet: "Ich bin jedes Jahr Ziehvater von einer bis anderthalb Millionen Tieren. Das ist ein eigenartiges Verhältnis, das schwer zu beschreiben ist."
Wenn er ein einzelnes Tier verliert, dafür aber tausende andere erhalten kann, sei ihm das wichtiger. Einmal habe er einen Fehler gemacht und es seien Fische durch Sauerstoffmangel gestorben. Kay Kauth war damals am Boden zerstört und hat sich geschworen, dass ihm das nicht noch einmal passiert. Denn seine Bachforellen sind ihm wichtig, nicht erst, seit sie auf der Roten Liste stehen: "Ich habe mir eine Perfektion angeeignet, denn man darf sich in meinem Beruf keinen Fehler erlauben."