Etwa 20 Bürgerinnen und Bürger aus Bernkastel-Kues stehen im Foyer des ehemaligen Hotels Moselparks. Im Halbkreis haben sie sich vor Staatssekretär David Profit (Grüne) aufgestellt. Der Politiker vom Integrationsministerium aus Mainz war am Samstag eigentlich an die Mittelmosel gekommen, um mit Kommunalpolitikern einen Rundgang durch das ehemalige Vier-Sterne-Hotel zu machen.
Überraschender Besuch
Dass nun auch so viele Bürgerinnen und Bürger anwesend sind, scheint ihn etwas zu überraschen. Gleich zu Anfang stellen einige der Anwesenden klar: "Das ist keine Demonstration". Vielmehr sind sie gekommen, um Antworten zu erhalten, auf ein Thema, das viele Menschen in der Moselstadt seit Wochen bewegt.
Denn in dem ehemaligen Hotel auf dem Kueser Plateau sollen bereits ab Dienstag Flüchtlinge untergebracht werden. Wie viele, woher sie kommen, wie lange sie bleiben, war lange unklar. Und genau das trieb so manchem Bürger die Sorgenfalten ins Gesicht.
Mehrere Hundert Menschen beteiligen sich an Petition
In dem Hotel-Apartmentbereich des ehemaligen Moselparks können nach Angaben des Integrationsministeriums maximal bis zu 444 Menschen untergebracht werden. Die angrenzende Tennishalle mit Platz für bis zu 680 Menschen soll zudem als Reserve vorgehalten werden. Zahlen, die vor allem für die Menschen auf dem Kueser Plateau nicht tragbar sind. Deshalb haben sie Staatssekretär Profit eine Petition überreicht, die bereits von mehreren hundert Menschen unterschrieben worden ist.
Hotel ja, Tennishalle nein!
Ziel der Petition ist nach Angaben der Initiatoren, die Zahl der Flüchtlinge auf dem Kueser Plateau auf 400 zu begrenzen. Dabei gehe es nicht darum, dass die Bürgerinnen und Bürger gegen Flüchtlinge seien, sagt Nadine Berdi, die die Petition übergeben hat. Im Gegenteil: Die Belegung des Hotels mit bis zu 400 Flüchtlingen werde ausdrücklich befürwortet.
Belegung der Tennishalle "menschenunwürdig"
Eine mögliche Belegung der Tennishalle lehnen die Bürgerinnen und Bürger dagegen ab. Ihrer Ansicht nach könnten mehrere hundert Personen unmöglich menschenwürdig in der Halle untergebracht werden. Es fehle nicht nur an Privatsphäre, sondern auch an sanitären Anlagen. Die werden zwar derzeit vor der Halle in Containern geschaffen, dies mildere das Problem aber nicht ab.
Geflüchtete bräuchten ausreichend Platz
Nadine Berdi betont immer wieder, dass die Willkommenskultur in Bernkastel-Kues sehr groß sei. Sie erzählt, wie sie mit einer ehrenamtlichen Gruppe Anfang des Jahres auf eigene Faust 43 Ukrainerinnen mit ihren Kindern in die Moselstadt geholt habe.
Sie sei vertraut mit der Problematik und der Aufgabe, Flüchtlinge zu betreuen und zu integrieren. Die ukrainischen Familien seien derzeit in einem anderen Hotel in der Moselstadt untergebracht. Die Räumlichkeiten dort seien gut, dennoch komme es auch da immer wieder zu Konflikten und Streitereien. Nadine Berdi fragt sich deshalb, wie das funktionieren soll, wenn womöglich mehrere hundert Menschen auf engstem Raum auf dem Kueser Plateau zusammenleben.
Infrastruktur des Kueser Plateaus überlastet?
Sollte das Gelände des Hotels Moselpark mit mehr als 1.000 Flüchtlingen voll belegt werden, befürchten die Bürgerinnen und Bürger außerdem eine Überlastung des Kueser Plateaus. In der Petition heißt es, dass bei einer Vollbelegung mit mehr als 1.000 Personen auf dem Plateau viermal mehr Flüchtlinge als Einwohner leben würden. Ein Umstand, der nicht mehr verhältnismäßig sei und nach Angaben der Unterzeichner der Petition auch den Betrieb der angrenzenden Kurkliniken beeinträchtigen könnte.
Staatssekretär versucht zu beruhigen
Staatssekretär David Profit versuchte am Samstag, die Sorgen, Bedenken und Fragen der anwesenden Bürger und Kommunalpolitiker aus dem Weg zu räumen.
Hotel wird Außenstelle der AfA Hermeskeil
Das ehemalige Hotel Moselpark wird demnach vorläufig bis April zur Außenstelle der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Hermeskeil. Nach Angaben des Integrationsministeriums sollen dort am Dienstag zunächst etwa 100 Menschen einziehen.
Mehr Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen Rheinland-Pfalz rechnet mit mehr Flüchtlingen im Winter
Rheinland-Pfalz bereitet sich auf einen weiteren Anstieg der Flüchtlingszahlen im Winter vor. Dazu werden nun die Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen aufgestockt.
Dabei handele es sich um Geflüchtete aus der Ukraine und sogenannte "vulnerable Gruppen" also beispielsweise Familien mit Kleinkindern, alleinreisende Frauen, queere Menschen, Menschen mit Behinderungen oder auch ehemalige afghanische Ortskräfte der Bundeswehr. Vorrangig werde erst das Hotel belegt. Die Tennishalle werde als Notreserve vorgehalten, so Staatssekretär Profit.
Unklar, wie viele Flüchtlinge kommen
Derzeit könne das Land keine genaue Aussage treffen, wie viele Geflüchtete wirklich in Bernkastel-Kues untergebracht werden müssten. David Profit geht derzeit von einer Zahl unter 1.000 aus. Die letztendliche Anzahl sei aber auch davon abhängig, wie viele Menschen aus der Ukraine oder anderen Ländern noch in Rheinland-Pfalz Schutz suchen werden.
Vorbereitungen abgeschlossen
Auf dem Gelände des ehemaligen Hotels ist unterdessen alles für die neuen Bewohnerinnen und Bewohner vorbereitet worden. In den Hotelzimmern stehen mehrere schwarze Doppelstock-Betten, es gibt eine Spielstube für die Kinder und einen Aufenthaltsraum. Vor der Tennishalle sind Container mit Sanitär-Anlagen aufgebaut. In der Halle selbst reihen sich Hunderte von Betten aneinander. Dort gibt es auch eine Sanitärstation mit Räumen für medizinische Behandlungen.
Sozialarbeiter sollen Menschen betreuen
Die auf dem Gelände des Hotels untergebrachten Menschen sollen von einem Caterer bekocht werden, es gibt Waschmöglichkeiten für Kleidung. Bettwäsche und Ähnliches werde dagegen von einer Wäscherei gereinigt. Für die Betreuung der Leute stünden außerdem Sozialarbeiter bereit. Für weitere offene Fragen der Bevölkerung hat die Stadt Bernkastel-Kues auf ihrer Internetseite weitere Informationen des verantwortlichen Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration bereitgestellt.
Bürger wünschen sich mehr Informationen
Viele Bürgerinnen und Bürger hätten sich das schon eher gewünscht, berichtet Nadine Berdi. Denn um die Willkommenskultur in Bernkastel-Kues zu erhalten, sei eine gute Informationspolitik unerlässlich. "Wenn die Politiker nicht offener kommunizieren, besteht die Gefahr, dass Fronten entstehen. Nicht gegen Flüchtlinge, sondern gegen diese fehlende Intransparenz und Kommunikation", so die Moselanerin.
Situation wird weiter beobachtet
Sie und die Unterzeichner der Petition werden die Situation auf dem Kueser Plateau nun ganz genau beobachten. Für die dort untergebrachten Menschen wünscht sich Nadine Verdi nur eins: