Neun Klimaaktivisten müssen sich vor dem Amtsgericht Trier verantworten.

Straßenblockade am Krahnenufer

Gerichtsverfahren gegen Trierer Klimaaktivisten vorläufig eingestellt

Stand
Autor/in
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier

Das Amtsgericht Trier hat das Verfahren wegen Nötigung gegen acht Klimaaktivisten vorläufig eingestellt. Gegen einen neunten Angeklagten wurde das Verfahren abgetrennt.

Der Prozess gegen neun Klimaaktivisten vor dem Amtsgericht Trier hätte beinahe schon am Montag, dem ersten Verhandlungstag, ein schnelles Ende gefunden. Die Jugendgerichtshilfe hatte vorgeschlagen, dass die Staatsanwaltschaft die Strafsache nicht weiter verfolgt, falls die Angeklagten dazu bereit sind, Sozialstunden zu leisten oder eine Geldstrafe zu zahlen. Die beiden übrigen Prozesstage wären dann entfallen.

Diesen Vorschlag lehnte die Staatsanwaltschaft Trier allerdings ab, wie das Amtsgericht Trier mitteilte. Zu den Gründen erklärte der Leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen auf SWR-Anfrage: "Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sind in der bisherigen Hauptverhandlung noch nicht alle erforderlichen Beweise erhoben worden." Der Prozess wurde daher fortgesetzt.

Geldauflagen, Sozialstunden und ein Aufsatz für die Aktivisten

Am Mittwoch hat das Amtsgericht Trier das Verfahren dann wegen gemeinschaftlicher Nötigung gegen acht Angeklagte vorläufig eingestellt. Eine Angeklagte muss einen achtseitigen Aufsatz über die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit schreiben, zwei müssen 40 bzw. 50 Sozialstunden leisten, fünf weitere erhielten Geldauflagen zwischen 200 und 1.500 Euro. Kommen die Angeklagten den Auflagen jeweils nach, wird das Verfahren endgültig eingestellt, so das Gericht.

Gegen einen neunten Angeklagten, der nicht vor Gericht erschien, wurde das Verfahren abgetrennt und ein Strafbefehl entsprechend dem Anklagevorwurf erlassen, mit dem er zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt worden ist.

Ein Protest-Schild der Klimaaktivisten vor dem Amtsgericht Trier.
Ein Protest-Schild der Klimaaktivisten vor dem Amtsgericht Trier.

Dass dieses Verfahren kein Prozess werden würde wie jeder andere zeigte sich schon vor Beginn der Verhandlung am Montag. Vor dem Gerichtsgebäude protestierten Aktivisten mit Schildern und forderten Solidarität mit den Angeklagten ein. "Wo Politik Gesetze bricht, ist ziviler Ungehorsam Bürger*Innen Pflicht", stand auf einem großen weißen Banner. Eine angeklagte Person ergriff ein Megafon und hielt eine Rede.

Angeklagte kritisieren vor Gericht die Klimapolitik

Dieselbe Erklärung verlas die Person dann auch am Montag im Prozess und kritisierte die deutsche Klimapolitik. Protest sei gerechtfertigt, Eingriffe in den Alltag von Menschen seien kaum zu vermeiden. Ähnlich sahen es offenbar die anderen Angeklagten, die fast alle ein Statement abgaben, sich aber nicht konkret zu den Vorwürfen äußerten. Es sei wichtiger über die Klimakrise zu sprechen, als über juristische Fragen, argumentierten die Aktivsten.

Es ging bei der Gerichtsverhandlung um den 5. Juni 2021. Damals hatten Aktivisten ein großes, dreibeiniges Holzgestell am Krahnenufer in Trier aufgestellt. Sie hielten Banner mit Aufschriften wie "Grünflächen statt Parkplätze" hoch, und auch "Moselaufstieg stoppen" - gegen eine seit Jahren geplante Umgehungsstraße durch den Wald zwischen Trier-Zewen und Igel. Den Mitgliedern der Gruppe ging es bei der Protestaktion nach eigenen Angaben um eine grüne Verkehrswende.

Polizist musste Aktivisten "anschreien und wegschieben"

Dabei machten sie sich nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Trier aber einer gemeinschaftlichen Nötigung strafbar. Denn die Aktivisten versperrten laut Anklage die Straße und legten den Verkehr am Krahnenufer und in Teilen der Innenstadt lahm. Es sei zu einem kilometerlangen Stau gekommen.

"Innerhalb von Minuten war komplett alles zu", sagte ein Polizist, der am Montag vor Gericht als Zeuge geladen war. Er schilderte auch, dass er die Aktivisten anschreien und von der Straße wegschieben musste, damit sie einen Rettungswagen mit Blaulicht, Martinshorn und einer älteren Patientin an Bord durchfahren ließen.

Einer der Sanitäter, die in dem Wagen mitfuhren, bestätigte das am Montag. Sein Kollege habe über einen Grünstreifen an den Aktivisten vorbeifahren müssen, um zum Krankenhaus zu kommen. Drei bis fünf Minuten hätten die Sanitäter so verloren. Und auch die Patientin, die wegen schweren Nasenblutens in die Klinik gebracht wurde, habe sich erschrocken.

Aktivisten rechtfertigen "zivilen Ungehorsam"

Vor Gericht sagten die Angeklagten am Montag, dass diese Protestaktion sich nicht gezielt gegen die Autofahrer richtete, sondern gegen Politiker und große Konzerne. Einige der Aktivisten sagten auch, sie bedauerten es, dass eine schwangere Frau wegen der Aktion und des Staus später ins Krankenhaus gekommen sei.

"Also ich kann nur absolutes Mitgefühl aussprechen für alle Menschen, die wegen Klimaaktionen in Mitleidenschaft gezogen werden", so die Angeklagte Izabelle Hofmann am Rande der Verhandlung. Doch der Klimawandel sei eine existentielle Bedrohung: "Und uns gehen langsam die Möglichkeiten aus. Und solche Aktionen des zivilen Ungehorsams - mit wenigen Menschen viel erreichen - das klappt momentan einfach."

Izabelle Hofmann setzt sich seit vier Jahren für Klimaschutz ein.
Izabelle Hofmann setzt sich seit vier Jahren für Klimaschutz ein.

19-jährige Angeklagte ist vor Gericht keine Unbekannte

Hofmann stand nicht zum ersten Mal vor Gericht, wie der Trierer Oberstaatsanwalt Peter Fritzen im Vorfeld bestätigte. Anfang August hatte die junge Frau, die bei der Blockade dabei war, die Polizei verklagt, weil die Beamten von ihr Finger- und Handabdrücke nehmen und Fotos machen wollten. Sie sah sich zu Unrecht wie eine Kriminelle behandelt. Das Gericht wies die Klage allerdings ab.

Bei der 19-Jährigen, die inzwischen nicht mehr in Trier wohnt, bestehe die Gefahr, dass sie wieder straffällig werde, so das Verwaltungsgericht. Sie erkennungsdienstlich zu behandeln, sei verhältnismäßig, weil sie sich schon bei vergangenen Aktionen an der Grenze zur Strafbarkeit bewegt habe. Damit meinten die Richter auch vergangene Aktionen der jungen Frau, die sich 2020 an die Türen der Trierer Burger-King-Filiale geklebt hatte.

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