Einfach ins Gefängnis stecken geht nicht

Aggressive Pöbler in Mainz: Wie geht man mit solchen Menschen um?

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Autor/in
Ilona Hartmann
SWR-Autorin Ilona Hartmann

Ein aggressiver Mann, der Passanten anschreit oder schlägt und Polizisten bespuckt, ein Randalierer, der Sachen von seinem Balkon auf die Straße wirft: Immer wieder treiben solche auffälligen Menschen ihre Umwelt zur Verzweiflung. Doch wie geht man mit diesen notorischen Störern um?

Regelmäßig kommen von der Mainzer Polizei Pressemitteilungen über Einsätze, in denen sich die Beamtinnen und Beamten mit Pöblern, Randalierern oder sonst wie aggressiv auffälligen Menschen auseinandersetzen mussten.

Polizeibeamte in Mainz werden immer wieder aggressiv angegangen

Am Ostersonntag gipfelte das in einem Bericht über einen Mann, der bereits 130 Mal mit der Polizei aneinandergeraten war, weil er in der Mainzer Innenstadt Menschen grundlos anschreit oder schlägt. Als die Polizei ihn kontrollieren wollte, wehrte sich der Mann offenbar mit Händen und Füßen, bespuckte die Beamten und musste schließlich gefesselt werden.

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Er soll Passanten geschlagen und Polizisten beschimpft und bespuckt haben: Immer wieder sorgt ein aggressiver Mann in Mainz für Ärger.

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Nur zwei Tage später warf ein anderer Mann in der Mainzer Altstadt Porzellan und Glasflaschen von seinem Balkon auf die Straße. Als die Polizei dazukam, schleuderte er eine Spraydose und einen Blumenkübel nach den Beamten. Dabei wurde beinahe ein Fahrradfahrer getroffen.

Kurzfristig ins Gefängnis geht nur zur "Gefahrenabwehr"

Das sind nur zwei Beispiele für eine Vielzahl von Fällen, mit denen die Polizei in Mainz regelmäßig zu tun hat. Wie geht sie also damit um? Das sei wirklich wahnsinnig schwierig, sagt Polizeisprecher Markus Weyerhäuser. Zwar könne man jemanden zur Gefahrenabwehr kurzzeitig in Gewahrsam nehmen.

Das ist wirklich wahnsinnig schwierig für uns.

Aber längerfristig ins Gefängnis oder in die Psychiatrie stecken, könne man die Leute nicht. "Das geht nur bei Eigen- oder Fremdgefährdung", so Weyerhäuser. Und da liegt die Latte schon recht hoch, die Taten müssen schwerwiegend sein und es braucht einen richterlichen Beschluss.

Dass jemand lästig ist und nervt, reicht nicht

Und auch für Juristen sind solche Fälle oft knifflig, sagt der Leitende Oberstaatsanwalt in Bad Kreuznach, Gerd Deutschler. Denn Aufgabe einer Staatsanwaltschaft sei es zwar, sozial unerwünschtes Verhalten zu ahnden. Aber die Handlung müsse eben auch strafbar sein.

"Dass jemand sozial lästig ist, kommt immer wieder vor. Aber das ist nicht der Maßstab für die Strafzumessung", sagt Deutschler. Bei Menschen, die ständig pöbeln und randalieren, aber keine ernsthafte Gefahr für ihre Umwelt darstellen, könne es also sein, dass die Taten für eine juristische Bestrafung nicht ausreichen: "Gerade bei solchen Intensivtätern bleibt die strafrechtliche Reaktion dann manchmal hinter den Erwartungen der Bevölkerung zurück."

Allerdings, sagt Deutschler, sei das ja gerade ein Merkmal einer freiheitlichen Gesellschaft, dass man nicht willkürlich jemanden wegsperren kann, nur weil er seine Mitmenschen nervt.

Wollen wir denn wirklich, dass ein täglich pöbelnder Mensch eingesperrt wird? Oder müssen wir das auch mal aushalten als freiheitliche Gesellschaft?

Zwar kann man auch wegen Sachbeschädigung oder Beleidigung ins Gefängnis kommen. Dafür müssen die Taten aber eine gewisse Schwere oder Häufigkeit haben. Beispielsweise, wenn jemand Bahngleise kaputt macht und dadurch die Allgemeinheit gefährdet oder einen anderen immer wieder aufs Übelste verunglimpft.

Häufig sind die Betroffenen auch psychisch krank

Aber der Betroffene muss sich nicht nur strafbar machen, man muss ihm seine Schuld auch "individuell vorwerfen" können, so Oberstaatsanwalt Deutschler. Sprich: Man muss ihn für seine Taten verantwortlich machen können. Und da kommt ein weiteres Problem hinzu, so Deutschler. Denn gerade solche "Dauer-Pöbler" seien nicht selten psychisch krank. Und dann werde es ohnehin ganz schwer, von einer individuellen Schuld zu sprechen.

Möglicherweise könne bei so jemandem die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik in Frage kommen. Auch das allerdings müsse sehr genau geprüft werden, sagt Deutschler. Dann müsse es um wirklich schwere Straftaten gehen, derjenige müsse eine echte Gefahr für die Allgemeinheit darstellen.

"Dass der Einzelfall betrachtet wird, ist eine große Errungenschaft der Aufklärung"

Abschließend muss man also sagen: Die Hürde, um gegen aggressive Mitmenschen vorgehen zu können, ist hoch. Auch, wenn sie noch so sehr nerven.

Doch für Oberstaatsanwalt Gerd Deutschler ist das keineswegs eine problematische Lücke in unserem Rechtssystem. Im Gegenteil: Dass jedesmal der Einzelfall genau angeschaut wird und nicht willkürlich Menschen weggesperrt werden, ist aus seiner Sicht eine große Errungenschaft der Aufklärung.

Bis zu einem gewissen Grad werden wir also wohl mit den Pöblern und Randalierern in unserer Nachbarschaft leben müssen.

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