Auch auf dem trostlosen Jockel-Fuchs-Platz in Mainz ist es im Sommer sehr heiß. Unter dem Platz befindet sich eine Tiefgarage. Das ist ein Grund, warum eine Begrünung nicht so einfach nicht.

Nach Kritik der Deutschen Umwelthilfe

Wie die Stadt Mainz mehr Grünflächen schaffen könnte

Stand
Autor/in
Lucretia Gather
Sabine Steinbrecher
Sabine Steinbrecher ist Reporterin im SWR Studio Mainz

Zu viel Beton, zu wenige Grünflächen. Der Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe hat ergeben, dass die Stadt Mainz unter den fünf am stärksten versiegelten Großstädte in Deutschland ist. Was kann die Stadt dagegen tun?

Wer in der Mainzer Innenstadt unterwegs ist, kennt das Gefühl: Die Hitze staut sich und weit und breit gibt es keinen Baum, der Schatten spenden könnte. Über 50 Prozent der Flächen in der Landeshauptstadt sind betoniert. Das geht aus dem Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hervor. Es fehlen vor allem Bäume oder Grünflächen, auf denen das Regenwasser schneller versickern kann.

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Die meisten Städte schützen ihre Bewohner nicht ausreichend vor Hitze. Diesen Schluss zieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in ihrem Hitze-Check - bei dem auch drei RLP-Städte durchfallen.

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Die Deutsche Umwelthilfe fordert gesetzliche Regelungen, die extreme Versiegelung verbieten und dafür sorgen, dass Städte wie Mainz, Worms und Ludwigshafen einige ihrer betonierten Flächen wieder in Grünabschnitte umwandeln.

Umweltdezernentin: Entsiegelung nicht überall möglich

Für die Mainzer Umweltdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) ist diese Analyse der DUH nichts Neues. Steinkrüger sagte dem SWR, die Stadt strebe schon lange an, Flächen dort zu entsiegeln, wo es möglich sei. Und nennt Argumente, die eine Entsiegelung schwer machen. Der SWR hat zwei Fachleute dazu befragt.

Viele Flächen eignen sich wegen unterirdischer Leitungen nicht zur Entsiegelung.

In der Tat liegen in einer Großstadt unter dem Asphalt zahlreiche Rohre und Leitungen, die man nicht einfach ignorieren könne, sagt Rieke Hansen, Professorin für Freiraumplanung und ökologische Stadtentwicklung an der Hochschule Geisenheim in Hessen. Etwa die Kanalisation, Glasfaserkabel oder Gasleitungen.

Es sei sehr teuer und aufwendig aber möglich, Straßen zu entsiegeln. Daher sei es sinnvoll, einen gesamten Straßenzug zu erneuern und dabei Leitungen im Untergrund zusammenzulegen. An der Oberfläche könnten dann Teilflächen entsiegelt werden. "Straßen auf diese Art und Weise umzubauen dauert sehr lange, man schafft in einer Stadt nur wenige hundert Meter pro Jahr", so Hansen.

Wir müssen Rettungsgassen in der Innenstadt bereit halten.

"Rettungsgassen müssen freigehalten werden und von schwerem Gerät befahrbar sein", sagt die Professorin für Freiraumentwicklung der Hochschule Geisenheim. Was Städte aber recht unkomplizierter machen könnten: Man könnte Wege und Straßen mit so genannten Rasengittersteinen pflastern. "Das ist ein etwas durchlässigerer Belag, auf dem auch kleine Pflanzen wachsen können," erklärt Hansen.

Das Rheinufer kann wegen Hochwasserschutzes und Veranstaltungen nicht entsiegelt werden.

"Hochwasserschutz ist extrem wichtig", erläutert Professorin Hansen. Naturnahe Ufer bräuchten viel mehr Raum als asphaltierte Flächen. Diesen Raum gebe es aber in einer Stadt wie Mainz nicht, weil in direkter Ufernähe Häuser stehen.

Hansen sagt, sie könne nachvollziehen, dass das versiegelte Rheinufer in Mainz "platzeffizient" und "kostengünstig" sei. Das bedeute aber nicht, dass es gar keine Möglichkeit gibt, am Rheinufer mehr Grünflächen zu schaffen oder Bäume zu pflanzen. "Das wäre wahrscheinlich schon möglich", schätzt die Expertin.

Am Mainzer Rheinufer in Höhe der Theodor-Heuss-Brücke gibt es keine Wiesen und Bäume - nur Asphalt. Dort ist es i Sommer sehr heiß.
An diesem Abschnitt des Rheinufers ist es im Sommer einfach nur heiß. Die Stadt hat zwar ein paar große Pflanzenkübel aufgestellt, viel Schatten gibt es dort aber auch nicht.

Andere Städte haben große Grünanlagen

Der Hitze-Check der Deutschen Umwelthilfe sei differenziert zu betrachten, sagt die Professorin für Freiraumentwicklung. Denn viele Städte, die in der DUH-Untersuchung gut abgeschnitten hätten, wie etwa Marburg, Potsdam oder Jena, seien durch ihre geographische Lage oder historisch bedingt von mehr Grün umgeben, hätten weitläufige Parks oder Wald oder Weinberge im Stadtgebiet. Man könne nicht immer sagen, dass Städte etwas richtig oder falsch gemacht hätten.

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Was Mainz noch anpacken könnte

Professor Detlef Kurth von der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau beschäftigt sich mit Stadtplanung. Er sieht durchaus die Probleme, die Mainz beim Entsiegeln hat. Er plädiert dafür, gezielt Innenhöfe zu entsiegeln, sogar die, die in privatem Besitz sind.

Anreize für Haus- und Wohnungsbesitzer

Dass die Stadt Mainz bereits 2022 neue Schotter- und Steingärten verboten hat, hält er für gut. Allerdings könne man noch mehr tun, sagt Kurth: Hausbesitzer sollten Anreize erhalten, ihre Höfe zu entsiegeln und zu bepflanzen. Wenn sie eine Nutzungsänderung für ihr Grundstück beantragen, könnte man sie dazu verpflichten.

Die Stadt Frankfurt gehe sogar noch einen Schritt weiter: Seit mehr als einem Jahr gebe es dort eine Satzung, die bei allen Neu- und Umbauten vorgebe, dass Freiflächen, Stellplätze und Garagen, Dächer und Fassaden begrünt werden müssen.

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