Robert Scheurer (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bodenheim (Kreis Mainz-Bingen), hatte ernsthafte Sorgen. Seit Oktober hatte die Verbandsgemeinde wöchentlich im Amtsblatt dazu aufgerufen, dass sich Freiwillige melden sollen, um bei der bevorstehenden Wahl am 9. Juni als Wahlhelfer und Wahlhelferinnen mitzumachen. Mittlerweile haben sich zwar nach Angaben der Verbandsgemeinde genügend Menschen gefunden. Doch anfangs war die Resonanz sehr mau.
VG Bodenheim fehlte mehr als die Hälfte der benötigten Wahlhelfer
Gerade mal 170 Leute waren bis Mitte März zusammengekommen. Das reichte aber bei Weitem nicht. Benötigt werden 390 Wahlhelfer. Denn: In diesem Jahr müssen gleich fünf Wahlen gleichzeitig durchgeführt werden, sagt Scheurer. Neben der Europawahl werden in der VG auch noch Bürgermeister, Ortsgemeinderäte, Verbandsgemeinderäte und der Kreistag gewählt.
Und dafür braucht es eben viele Menschen, die die Wahl durchführen, alles aufbauen, die Stimmzettel ausgeben, den Wahltag über kontrollieren, dass alles korrekt abläuft und am Ende die Stimmen auszählen. Scheurer glaubt, dass vielen gar nicht bewusst ist, was da alles dranhängt.
Auch Personal aus Ortsgemeinden darf neuerdings verpflichtet werden
Die meisten Wahlhelfer und Wahlhelferinnen sind traditionell Beschäftigte der Verbandsgemeinde. Denn das eigene Personal zu verpflichten, ist schon immer üblich. "Das wird seit Jahren so gemacht und da beschwert sich auch keiner", sagt Scheurer. Doch das reichte eben bei dieser Wahl nicht.
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Deshalb hatte die VG in diesem Jahr erstmals geplant, auch Kita-Personal zu verpflichten. Möglich geworden ist dies durch eine Änderung im Wahlgesetz. Damit können nun auch die Beschäftigten der Ortsgemeinden für eine Wahl in die Pflicht genommen werden. Und das ist eben in erster Linie Kita-Personal.
Kita-Beschäftigte hätten am Montag nach der Wahl frei
Allerdings: Diese Beschäftigten müssten nach einem Sonntag, an dem sie gearbeitet haben, den Folgetag frei bekommen. Das wäre der 10. Juni, ein Montag, und damit ein ganz normaler Arbeitstag für alle Eltern, deren Kinder in den Kitas betreut werden.
"Wir werden Kita-Personal für den Wahl-Sonntag verpflichten müssen," so lautete die Befürchtung von Scheurer Mitte März. Das wollte er keinesfalls als Drohung verstanden wissen, er sähe schlicht keine andere Möglichkeit, sagte der Bürgermeister und versicherte: "Wir werden versuchen, es so gering wie möglich zu halten."
Kita der VG Bodenheim startet Aufruf an Eltern
Scheurer hatte deswegen die Leiterinnen der Kitas kontaktiert und vorgefühlt, ob sie bereit wären, ein paar ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Wahl zur Verfügung zu stellen. Eine der Kitas hatte auf ihre Weise darauf reagiert und wiederum einen Aufruf an die Eltern gestartet.
Per Mail wurden die Mütter und Väter gebeten, sich doch selbst als Wahlhelferinnen und Wahlhelfer anzubieten. Denn wenn genug Freiwillige zusammenkämen, müssten die Erzieherinnen nicht ran und die Kita könnte am Montag ganz normal alle Kinder betreuen. Ansonsten könnte sie "maximal im Notbetrieb" geöffnet werden, heißt es in dem Aufruf.
Mittlerweile 390 Wahlhelfer zusammengekommen
Dieser Appell und andere Aufrufe scheinen nun gefruchtet zu haben. Ingo Riebel ist in der VG Bodenheim für die Organisation der Wahl zuständig ist. Er sagt, dass mittlerweile mit Freiwilligen und verpflichteten VG-Beschäftigten genügend Wahlhelfer zusammengekommen seien, um die 390 Posten zu besetzen.
Dennoch würden drei bis fünf Beschäftigte pro Kita vorsichtshalber als Wahlhelfer geschult. So habe man noch eine Reserve, auf die man im Notfall zurückgreifen könne, so Riebel. Sollten diese Mitarbeiterinnen am Wahlsonntag eingesetzt werden müssen, hätten sie dann zwar tatsächlich am Montag frei. Doch deswegen müsste keine Kita in den Notbetrieb gehen oder gar schließen.
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Andere Verbandsgemeinden sehen kein Problem
Wie aber ist das in den anderen Verbandsgemeinden? In der VG Nieder-Olm sieht es gut aus mit Wahlhelfern, so ein Sprecher. Man habe schon viel über VG-eigenes Personal abdecken können. Außerdem hätten sich nach einem Aufruf über soziale Medien noch einige Bürgerinnen und Bürger als Freiwillige gemeldet. Ein paar mehr als "Back up" wären zwar immer gut, so der Sprecher. Aber auf das Personal der Ortsgemeinden werde man aller Voraussicht gar nach nicht zugreifen müssen.
Auch Manfred Scherer (SPD), Bürgermeister der VG Sprendlingen-Gensingen, sieht diese Gefahr nicht. Derzeit sähe es so aus, als würden über die Beschäftigten der Verbandsgemeinde und Gemeinderatsmitglieder genügend Menschen zusammenkommen, um die Wahl durchführen zu können.