Fast alle Angestellten in Mainzer Kindertagesstätten sind laut Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes in der Tarifgruppe 8a eingestuft. Die meisten Erzieherinnen und Erzieher im benachbarten Wiesbaden sind dagegen nach Angaben der Stadtverwaltung in Tarifgruppe 8b. Dort bekommen sie laut Entgelttabelle bis zu 500 Euro mehr im Monat als die Kolleginnen und Kollegen in Mainz, die sich überwiegend in Tarifgruppe 8a befinden.
Dieser Unterschied war auch dem Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) aufgefallen. Im Wahlkampf forderte er, das Mainzer Kitapersonal kurzerhand in Tarifgruppe 8b hochzustufen.
Höherstufung nur in integrativen Kitas möglich
Allerdings gibt es eine entscheidende Hürde. Die Tarifgruppe 8b steht nur denjenigen zu, die einer "besonders schwierigen fachlichen Tätigkeit" nachgehen. Dazu gehört beispielsweise die Arbeit in Integrationsgruppen. Dort werden Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam betreut.
In Wiesbaden arbeiten nach Auskunft der dortigen Stadtverwaltung alle Kitas inklusiv, also mit Integrationsgruppen. Außerdem werde in den Kitas wegen der höheren Anforderungen in den Kitas eine "hohe fachliche Qualifikation der Beschäftigten vorausgesetzt". Dafür gebe es ein umfassendes Fortbildungsprogramm. Folglich sei "der weitaus überwiegende Teil der Beschäftigten" in Wiesbaden in Tarifgruppe 8b eingeordnet, heißt es aus der Stadtverwaltung.
Stadt Mainz betreibt nur eine integrative Kita
In Mainz gilt nur eine einzige städtische Kindertagesstätte als integrativ, und zwar die Kita Mainz-Lerchenberg, wo hör- und sprachgestörte Kinder betreut werden. Hier sind die Angestellten ebenfalls in 8b eingestuft, verdienen also ähnlich viel wie die Wiesbadener. Auch Springerkräfte seien in Mainz in dieser Tarifgruppe eingeordnet, heißt es aus der Stadtverwaltung. Alle anderen Kitas in Mainz sind nicht integrativ. Dementsprechend ist das übrige Personal eingestuft in 8a.
GEW: Bessere Bezahlung von Erzieherinnen in Mainz möglich
Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist aber zum Beispiel auch von einer schwierigen fachlichen Tätigkeit auszugehen, wenn mindestens 15 Prozent der Kinder einen erhöhten Betreuungsbedarf haben. Ingo Klein, Gewerkschaftssekretär der GEW im Mainzer Regionalbüro, ist überzeugt, dass über diese Schiene eine Höhergruppierung machbar ist. Warum die Stadt Mainz diese Möglichkeit nicht nutzt, bleibt unklar. Auf SWR-Anfrage heißt es schriftlich nur: "Ein erhöhter Förderbedarf wird nicht durch die Beschäftigten in den Kitas festgestellt, sondern erfolgt durch offizielle Stellen [...]".
Mainz will bundesländerübergreifende Harmonisierung der Tarife
Die Stadtverwaltung wünscht sich nach eigenen Angaben "eine flächendeckende, bundesländerübergreifende Harmonisierung", was die Eingruppierung von Erzieherinnen und Erziehern angeht. Wie diese aber konkret aussehen soll, ließ die Stadt Mainz auch auf Rückfrage offen.
Laut Oberbürgermeister Haase hat die Verwaltung aber Gespräche insbesondere mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) angefragt, um finanzielle Anreize setzen zu können. Nicht nur für Erzieherinnen und Erzieher, sondern auch für andere Mangelberufe in der Verwaltung, in denen Stellen offen sind. "Gemeinsam mit KAV und Land strebt die Landeshauptstadt Mainz an, rechtssichere Wege zu finden, sodass alle Betroffenen profitieren können", so Haase. "Insellösungen würden neue Ungerechtigkeiten schaffen. Hier plädiere ich für eine abgestimmte Lösung“.