Said Rahman Nasheed von der Polizei Oppenheim steht mitten auf dem Marktplatz von Hennstadt. Um ihn herum Menschen an der Bushaltestelle, auf einer Parkbank. Nasheed hat eine Virtual Reality-Brille auf - in Wirklichkeit steht er in einem Raum des Innenministeriums in Mainz. Hennstadt gibt es nicht - der erfundene Ort ist programmiert worden.
In der virtuellen Welt entdeckt Nasheed ein Auto mit defektem Rücklicht. Er führt eine Verkehrskontrolle durch. Aus dem Auto steigt jedoch ein Mensch mit dunkler Hautfarbe, der sich durch die Kontrolle diskriminiert fühlt.
Virtuelle Polizeikontrollen basieren auf eigenen Erfahrungen
"So eine Situation habe ich selbst erlebt", erzählt der 27-jährige Polizist mit afghanischen Wurzeln. Während eines Praktikums bei der Polizei Mainz musste er einmal eine Verkehrskontrolle durchführen. "Die Person hat dann direkt zu mir gesagt: Sie kontrollieren mich doch nur, weil ich schwarz bin." Dann habe er gesagt: Nein, das mache er nicht. "Man sieht es ja mir persönlich auch an, dass ich Migrationshintergrund habe. Ich kontrolliere sie nicht nur, weil sie schwarz sind, sondern es geht hier um ihr Fahrzeug."
Es geht nicht um deine Herkunft, es geht nicht um dein Aussehen, es geht nicht um dein Alter, es geht nicht um dein Glaubens- oder Religionsbekenntnis, sondern einfach nur um dieses Fahrzeug, was einen Defekt aufweist.
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Diversität im Polizeialltag trainieren
Vor eineinhalb Jahren hat Said Rahman Nasheed zusammen mit acht weiteren Polizeihochschülerinnen und -schülern aus Rheinland-Pfalz das Projekt zum Thema Diversität gestartet. Das Ziel: Szenen für die VR-Brille entwickeln, mit der angehende und gestandene Polizisten trainieren können, wie sie sich bei Personenkontrollen am besten verhalten.
Sie haben sich immer wieder getroffen und richtige Drehbücher für die Szenen geschrieben. In einer anderen Szene wird eine Transperson kontrolliert, sie soll ihren Ergänzungsausweis zeigen, da der Personalausweis noch nicht die neue Identität anzeigt. In der dritten Szene wird eine Polizistin aufgrund ihres Geschlechts nicht ernst genommen und belästigt.
Erster Preis bei Diversity Challenge
Ihr Projekt haben die jungen Polizisten bei der bundesweiten Diversity Challenge eingereicht. Sie ist ein Projekt des Vereins "Charta der Vielfalt" - einer Unternehmensinitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen, unterstützt durch das Bundesfamilienministerium. Und sie haben den ersten Preis gewonnen.
"Die Stimmung ist supergut", freut sich Nasheed. "Dass wir das Projekt mit dem ersten Platz abschließen, ist natürlich eine super Bestätigung dafür, dass wir auf dem richtigen Weg sind mit dem, was wir machen."
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Polizei wird häufig für Diskriminierung kritisiert
"Das Thema Diskriminierung ist bei uns im Polizeialltag stärker verankert, als man denkt", sagt auch Rinaldo Roberto, Sprecher des Polizeipräsidiums Mainz. Eine Streife führe am Tag etwa fünf Kontrollen durch. Insgesamt gäbe es hunderte Kontrollen am Tag innerhalb des Polizeipräsidium Mainz.
"Die Polizei wird oft kritisiert, wenn Menschen mit dunkler Hautfarbe kontrolliert werden", sagt er. Das könne man dann manchmal in den sozialen Medien mitlesen. "Ganz oft sind den Menschen aber nicht die Hintergründe der Kontrolle bekannt." Wenn jemand eine solche Polizeikontrolle beobachte, dürfe er im Anschluss gerne die Polizeibeamten danach fragen, so Roberto. "Dann würden wir es erklären und Außenstehenden verständlich machen."
Kontrollen aufgrund von Hautfarbe machen keinen Sinn. Wir kontrollieren aufgrund des Verhaltens.
Polizei-Training mit VR-Brillen in RLP seit 2020
Der Alltag schule die Kollegen, wie man mit Menschen umgehe, sagt Roberto. Bei jeder Kontrolle würden sich die Polizistinnen und Polizisten ein Stück weiterentwickeln.
Seit 2020 wird an der Polizeihochschule Rheinland-Pfalz mit VR-Brillen gearbeitet und verschiedene Arten von Einsätzen trainiert. 2024 sollen nun auch die Szenen der jungen Polizistinnen und Polizisten mit in die Ausbildung übernommen werden.