Erstkommunion in Rheinhessen

Umstrittene Praxis: Muss die Kinderbeichte abgeschafft werden?

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Autor/in
Gesa Walch
Bild von Gesa Walch, Studio Mainz

Ein Kind erzählt einem Pfarrer, was es falsch gemacht hat - das ist laut Kirchenrecht Pflicht vor der Erstkommunion. Viele Pfarreien in Rheinhessen suchen neue Wege mit der Kinderbeichte umzugehen - oder schaffen sie ganz ab.

Dunkler Beichtstuhl, auf der einen Seite das Kind, auf der anderen der Pfarrer. Es erzählt seine Sünden und bekommt vom Pfarrer gesagt: Wenn du drei Mal das "Vater unser" betest, wird Gott dir deine Sünden vergeben. Dieses Bild haben viele katholische Erwachsene der älteren Generation noch im Kopf, wenn sie an ihre Beichte in der Kindheit zurückdenken.

Der dunkle Beichtstuhl ist zwar seit vielen Jahren schon keine Praxis mehr bei der Kinderbeichte, berichten Kirchenvertreter. Umstritten ist die Erstbeichte trotzdem noch - besonders im Hinblick auf den sexuellen Missbrauch, der auch im Bistum Mainz stattgefunden hat.

Mainzer Pfarrei verzichtet auf Kinderbeichte

Auch - aber nicht nur - mit Blick auf den Missbrauch in der katholischen Kirche haben eine Pfarrei und eine Pfarrgruppe in Mainz dieses Jahr zum ersten Mal die Kinderbeichte ausgesetzt. "Es gibt zu viele offene Fragen", sagt Gemeindereferentin Dunja Puschmann. "Deswegen können wir die Kinderbeichte gerade nicht umsetzen."

Es gebe nicht mehr den einen Gemeindepfarrer, den alle kennen. Durch die vielen Umstrukturierungen bedienen in ihrem Bereich zurzeit vier Pfarrer acht Kirchen - und die Kinder gingen nicht mehr regelmäßig in den Gottesdienst. Deswegen könne es vorkommen, dass die Kinder den Pfarrer bei der Beichte zum ersten Mal sehen: "Ein Vier-Augen-Gespräch mit einem fremden Mann - das kann ich von den Eltern nicht verlangen", so Puschmann.

Inwiefern ist es vertretbar, dass wir verlangen, dass ein Kind mit einem fremden Mann ein Zweiergespräch führt? Eine Situation, die Eltern in einem anderen Kontext nicht dulden würden.

Sexueller Missbrauch: Priester vor Generalverdacht schützen

Dabei geht es einmal um das Thema, einem Fremden private Dinge über sich anzuvertrauen - und eben um das Thema Missbrauch. "Beichte ist ein möglicher Ort für die Anbahnung von Missbrauch und das Kennenlernen möglicher Opfer", so Puschmann. Potentielle Opfer müssten geschützt werden. Gleichzeitig müssten aber auch die Pfarrer vor einem Generalverdacht geschützt werden.

Die Kinderbeichte müsse umgedacht werden. "Aktuell sind wir dabei, um eine gute Lösung zu ringen", so Puschmann.

Vor Erstkommunion: Kinderbeichte in offenem Raum

Da ist die Mainzer Pfarrei nicht die einzige. Für viele Pfarreien in Rheinhessen ist es ein großes Thema, wie sie die Kinderbeichte zeitgemäß umsetzen können. Dabei gibt es schon einige kreative Ideen - in der Pfarrei Ingelheim zum Beispiel. Hier findet die Kinderbeichte im offenen Kirchenraum statt. In jeder Ecke sitzt ein Pfarrer, zu dem ein Kind geht. In der Mitte spielt eine Bluetooth-Box Musik. Man kann alles sehen - aber nicht hören, was gesprochen wird.

Bei uns gibt es sehr bewusst keine Heimlichkeit", sagt Gemeindereferentin Christine Wüst-Rocktäschel. "Wir haben als Kirche eine ganz besondere Verantwortung dafür, dass nicht nochmal so etwas passiert, was passiert ist.

Transparenz und Vertraulichkeit bei Beichte wichtig

"Es ist ein schmaler Spagat", findet Michael Beermann, Gemeindereferent der Dompfarrei in Worms. "Der Rahmen der Beichte muss transparent sein und gleichzeitig Vertraulichkeit bieten." Im Wormser Dom beichten die Kinder in den Seitenkapellen bei offenen Türen. "Es ist immer noch ein relativ abgeschlossenes Setting, womit ich mich nur so mäßig wohlfühle", gibt Beermann zu. Wie die Kinderbeichte noch anders gestaltet werden kann, sei aber gerade ein großes Thema in seiner Pfarrei.

Grundsätzlich finden sowohl Wüst-Rocktäschel als auch Beermann die Kinderbeichte wichtig. "Wir überlegen mit den Kindern, wo Gutes gelingt, aber auch, was nicht gelingt. Immer mit der Botschaft: Gott verzeiht mir", sagt die Ingelheimer Gemeindereferentin.

"Es ist wichtig, den Kindern mitzugeben: Jeder Mensch auf der Welt tut Dinge, die er besser nicht gemacht hätte."

Kommunionskinder zu jung für Erstbeichte?

"Es ist für Kinder eine gute Erfahrung, sich mal jemand Neutralem anzuvertrauen", findet Beermann. Keiner rede natürlich gerne über Dinge, die er falsch gemacht hat. "Aber in der Regel erleben wir die Kinder danach als befreit." Er stellt jedoch die Frage, ob die Kinder vor der Erstkommunion mit neun Jahren nicht zu jung für so eine Art der Selbstreflektion seien. "Es wäre nicht unklug, das eher vor der Firmung zu machen", sagt Michael Beermann. Da sind die Kinder in der Regel etwa sechs Jahre älter.

Dafür müsste aber das Kirchenrecht geändert werden - und das kann nur der Papst. Die Pfarreien müssen also Wege finden, das Kirchenrecht so auszulegen, dass die Kinderbeichte für alle Beteiligten in einem guten Rahmen stattfindet. Und auch im besten Fall den Kindern ein gutes Gefühl gibt.

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