Thomas Lehner, Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Ludwigshafen ist immer noch geschockt: Am vergangenen Wochenende wurden in Ludwigshafen-Ruchheim 90 Prozent aller CDU Wahlplakate runter gerissen und zerstört. Zudem wurden im zurückliegenden Wahlkampf auch ein Drittel aller großen Banner zerschnitten, berichtet der Kommunalpolitiker. "Es wurden auch große Banner fein säuberlich aus dem Rahmen genommen und mitgenommen. Das hatten wir so auch noch nie", so Thomas Lehner.
In Ludwigshafen deutlich mehr Zerstörung als in den Dörfern
In Ludwigshafen seien deutlich mehr Wahlplakate zerstört worden als in den Pfälzer Dörfern. "Bei den Schmierereien handelt es sich nicht um Dumme-Jungen-Streiche von Heranwachsenden. Meist werden die Wahlplakate mit verfassungsfeindlichen Symbolen wie Hakenkreuze und ähnlichen Symbolen beschmiert", erklärt der Kommunalpolitiker noch sichtlich geschockt. Auch die Diskussionen an den Wahlständen seien heftiger geworden. "Wir wurden schon oft von Reichsbürgern sehr aggressiv angegangen. Da fühlt man sich schon bedroht", berichtet Thomas Lehner.
SPD Speyer: Schlimmster Wahlkampf aller Zeiten
Walter Feiniler, Vorsitzender der SPD Stadtratsfraktion in Speyer, geht noch weiter: "Dieser Wahlkampf ist der schlimmste, den ich je erlebt habe. Und ich bin seit dem Jahr 2000 dabei", bedauert der Politiker. "Wir müssen ständig Wahlplakate neu kleben. Ständig werden die Wahlplakate mit Nazi-Parolen und Hakenkreuze beschmiert", erklärt Walter Feiniler. "Normale Gespräche sind auch nur schwer möglich. An Infoständen geht's, da kommen auch mal vernünftige Gespräche zustande, aber beim Haustürwahlkampf ist es schlimm. Die meisten sprechen ja auch nur bundespolitische Themen an, wie das Heizungsgesetz oder das Thema Migration. Um kommunalpolitische Themen, um Speyer selbst, geht's den wenigsten", so Feiniler.
Da steckt Hass und Absicht dahinter
Dem SPD-Landratskandidaten aus Gemersheim Ziya Yüksel reichts jetzt endgültig. "Wir werden jetzt alles zur Anzeige bringen!", kündigt er an. Aus zwei Bannern hatten Unbekannte seinen Kopf heraus getrennt. "Wir haben versucht mit Humor darauf zu reagieren, die Banner so stehen lassen und selbst drauf geschrieben "Wir riskieren Kopf und Kragen für die Demokratie'. Aber am nächsten Tag war unsere Aufschrift wieder zerstört. Das hat nichts mehr mit Streichen von Pubertierenden zu tun. Da steckt Hass und Absicht dahinter", ist sich Ziya Yüksel sicher. Vor wenigen Tagen habe man im Landkreis Germersheim zudem Europawahlplakate mit Hakenkreuzen und Davidsternen beschmiert. "Ich fühle mich schon bedroht und ich habe Sorge um meine Familie", erklärt Ziya Yüksel. "Wir dürfen das nicht hinnehmen und so tun, als wäre das jetzt normal!", betont er.
Viele Zerstörungen, Beleidigungen und Schmierereien noch nicht angezeigt
Laut Ziya Yüksel habe man zwei Mal Anzeige bei der Polizei erstattet. Viele Kommunalpolitiker bestätigen, der Gang zur Polizei steht noch aus. Daher spiegeln sich die vielen Zerstörungen auch noch nicht in den Statistiken des Landeskriminalamtes wieder. Das zählt für den Bereich des Polizeipräsidiums Rheinpfalz bislang "nur" 60 Anzeigen wegen Sachbeschädigung, 15 Mal wurden Plakate als geklaut gemeldet, dreimal hätten Personen eine Anzeige wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gestellt und einmal wegen Beleidigung. Doch die Dunkelziffer in diesem Deliktbereich ist hoch, der Wahlkampf noch nicht zu Ende und einige Politiker wollen erst noch Anzeige erstatten.
Reichsbürger kleben Aufkleber drauf, Unbekannte kritzeln Hakenkreuze drauf
Diethelm Messinger gehört zum Kreisvorstand der Grünen in Ludwigshafen. Gefühlt sei die Zerstörung der Wahlplakate schon deutlich mehr als in vorherigen Wahlkämpfen, so der Grünen Politiker, wenn er es auch nicht statistisch belegen könne. Auch die Grünen in Ludwigshafen sind von der blinden Zerstörungswut vom vergangenen Wochenende in Ruchheim betroffen, bis zu 40 Prozent der Plakate seien zerstört worden. In der Melm in Ludwigshafen hätten Reichsbürger große Banner mit Aufkleber verunstaltet, in Mundenheim wurden auf die großen Plakate Hakenkreuze gekritzelt, so Messinger. Diese Vorfälle habe man zur Anzeige gebracht. Die Stimmung an den Infoständen sei ruhig und sachlich gewesen. Dass immer wieder Leute einem etwas Unverschämtes im Vorbeigehen zurufen würden, sei leider schon lange bittere Realität.
Auch die AfD beklagt sich über die Zerstörung Ihrer Wahlplakate. So seien im Frankenthaler Stadtteil Flomersheim 20 Plakate abgerissen und mit Farbe besprüht worden. Der jugendliche mutmaßliche Täter sei auf frischer Tat ertappt und angezeigt worden, so die AfD Frankenthal. Ihm würden nun Schadenersatzforderungen sowie ein Strafantrag drohen.
Bei Hausbesuchen wird man angeschrien
Aber es gibt auch einige wenige Politiker aus der Pfalz, die sagen, die Zerstörung der Wahlplakate habe sich im üblichen Rahmen gehalten. Dies erklärten etwa die SPD in Landau sowie die CDU in Frankenthal. Die Landauer SPD betonte jedoch auch, dass der Ton im diesjährigen Kommunal- und Europawahlkampf deutlich rauer geworden sei. "Dass wir bei Hausbesuchen angeschrien wurden, dass habe es bei früheren Wahlkämpfen nicht gegeben", so Paule Albrecht, Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes in Landau.