Ruppiger Wahlkampf 2024?

Kommunalwahl 2024: Was Kandidierende in der Rhein-Neckar-Region im Wahlkampf erleben

Stand
Autor/in
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Abgerissene Plakate, Beschimpfungen, Übergriffe - ist der Kommunalwahlkampf in diesem Jahr ruppiger als früher? Vier Kandidierende aus der Rhein-Neckar-Region erzählen.

In den vergangenen Wochen und Tagen gab es immer wieder Meldungen über verbale und auch körperliche Angriffe gegen Kandidierende bei der Kommunalwahl und der Europawahl. Prominentestes Beispiel war die Attacke auf Matthias Ecke, den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl 2024. Mehrere Täter hatten Ecke Anfang Mai beim Plakatieren angegriffen und krankenhausreif geschlagen. Auch in der Rhein-Neckar-Region gab es Berichte über Politiker, die im Wahlkampf attackiert wurden. Zum Beispiel hatten Unbekannte die beiden Mannheimer SPD-Politiker Kai-Uwe Herrenkind und Markus Sprengler beim Plakatieren für die anstehende Europa- und Kommunalwahl geschubst und angeschrien.

Wir haben vier Kommunal-, beziehungsweise Kreistags-Kandidierende verschiedener Parteien in der Region Rhein-Neckar gefragt: Was haben Sie in diesem Wahlkampf erlebt? Wurden Sie eventuell auch Opfer von Beschimpfungen oder gar von körperlichen Angriffen? Hier die Antworten der Kandidatinnen und Kandidaten:

Andreas Klaffke, Kreisvorsitzender der Grünen im Neckar-Odenwald-Kreis

Andreas Klaffke vor grünem Hintergrund
Andreas Klaffke, Vorsitzender des Kreisverbands der Grünen im Neckar-Odenwald-Kreises

"Auf der Straße am Wahlstand ist es giftiger als sonst. Mein bisheriges Highlight: "Mit Vaterlandsverrätern spreche ich nicht." In manchen Orten werden unsere Plakate im Prinzip komplett zerstört. In meinem elektronischen Postfach tauchen altbekannte Hassmails wieder auf, die kommen aber gleich in den Spam-Filter, sobald sie persönlich werden. Ansonsten hoffe ich, dass nichts Gravierendes passiert. Ich gebe aber zu, dass ich in der Öffentlichkeit schon etwas misstrauischer geworden bin. Gegen Ende der Coronazeit war es allerdings noch schlimmer, da habe ich echt üble Zuschriften bekommen. Das liegt bei mir speziell auch daran, dass ich es als Kreisvorsitzender als meine Aufgabe sehe, auch mal den Prellbock für meine Leute zu machen."

Karlheinz Kolb von der AfD Rhein-Neckar

 

Karlheinz Kolb von der AfD Rhein-Neckar
Karlheinz Kolb, AfD Rhein-Neckar

"Ich habe bis jetzt nur Positives in meinem Wahlkampf erlebt – überraschenderweise…. Ich habe schon einige Wahlkämpfe mitgemacht. Ich war als Wahlkämpfer in Hockenheim, Schwetzingen, Reilingen und Ketsch (alle Rhein-Neckar-Kreis) unterwegs. Da wurden erstaunlicherweise bis jetzt so gut wie keine unserer AfD-Wahlplakate beschädigt. Ausnahme war Reilingen, aber da haben Unbekannte jeweils nur die Kabelbinder sauber durchtrennt, die Plakate an sich blieben unbeschädigt. Ich war auch an mehreren Info-Ständen der AfD Rhein-Neckar präsent. In Schwetzingen lief mal eine Person mit einem Transparent vorbei, das gegen die AfD gerichtet war. Aber: Was da genau draufstand, weiß ich nicht mehr. Ich und meine Mitstreiter an den Infoständen haben jeweils sehr angenehme Gespräche mit den Menschen dort geführt. Positiv erwähnenswert war, als uns ein Mann in Hockenheim drei Becher mit Kaffee aus der Bäckerei gegenüber an den Stand gebracht hat. In Reilingen versorgte uns jemand außer mit Kaffee auch noch mit vier Berlinern, eine Frau spendierte uns dazu noch eine Schale Erdbeeren. Von Pöbeleien oder gar körperlichen Angriffen gegen mich in meiner Funktion als AfD-Kandidat für den Kreistag kann ich nichts berichten."

Sabine Brenner von der CDU Mannheim

Sabine Brenner vor dem Mannheimer Wasserturm
Sabine Brenner kandidiert bei der Kommunalwahl am 9. Juni für die CDU Mannheim

"Ich bin als CDU-Kandidatin im Wahlkampf viel in meinem Stadtteil, Mannheim-Seckenheim, unterwegs. Aber auch in den benachbarten Stadtteilen Friedrichsfeld, Neuostheim und Neuhermsheim. Und da habe ich an den Infoständen wirklich durchweg positive Erfahrungen gemacht. Ok, der ein oder andere verweigert schon mal, einen unserer Flyer anzunehmen. Aber da war nichts dabei, was irgendwie bösartig war. Beschimpft wurde ich auch nicht. Tätliche Angriffe haben ich und meine Mitstreiter in diesem Wahlkampf auch noch nicht erlebt. Beim Plakatieren haben mal vereinzelt Autofahrer irgendwas aus dem Auto rausgegrölt, zum Beispiel "Scheiss CDU!" oder "Nur AfD!". Aber das sehe ich eigentlich gelassen. Ich ignoriere sowas einfach und lass mich auch nicht auf Streitgespräche mit diesen Autofahrern ein, meistens düsen die ja auch gleich weiter. Ansonsten nervt mich wirklich diese Plakat-Zerstörerei. Also: So massiv wie jetzt hab ich das wirklich selten erlebt. Weder im OB-Wahlkampf, noch im vergangenen Bundestags- oder Kommunal-Wahlkampf. Wir haben deswegen auch schon mehrfach Anzeige erstattet. Manche unserer Plakate wurden überklebt, manche mit roter Farbe besprüht. Beim Gassi-Gehen mit meinem Hund hab ich kürzlich zwei junge Mädchen dabei erwischt, wie sie ein AfD-Plakat runterreißen wollten. Davon hab ich sie dann abhalten können. Ich hab denen gesagt: Das geht nicht, so kann man nicht gegen die AfD kämpfen. Wenn ihr Plakate abreißt, ist das nutzlos, außerdem ist das ja auch eine Straftat."

Anne Jürgens, Kreisvorsitzende der SPD in Heidelberg

Anne Jürgens von der SPD Heidelberg
Anne Jürgens, Kreisvorsitzende der SPD in Heidelberg

"Ich muss sagen, dass die Erfahrung, die ich beim Plakatieren und mit Wahlkampfständen gemacht habe, wirklich positiver war, als ich vielleicht erwartet hatte. Beim Plakatieren sind auch einige Menschen an uns vorbeigelaufen, haben positive Kommentare abgegeben und gesagt "Ja, super" und "die SPD ist gut", was man als Kandidat nicht immer erwartet - also zumindest, was ich in meinem Heidelberger Stadtteil erlebt habe, in dem ich plakatiert habe. Auch an den Wahlkampfständen sind die Leute gut informiert und kommen auch mit konkreten Fragen und Vorschlägen. Vergangene Woche kam eine Familie aus Hessen an unseren Wahlkampfstand und wir haben uns dann total nett unterhalten, obwohl wir (den Stand) eigentlich schon abgebaut hatten. Der Sohn ist auch bei der SPD und die Familie hat uns dann von ihren Sorgen erzählt, die sie in ihrem hessischen Dorf haben, weil sie keinen Bürgermeister finden. Die Familie hat uns viel Erfolg gewünscht. Das ist natürlich auch toll, wenn aus dem Nachbar-Bundesland Menschen vorbeikommen und uns sowas wünschen."

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