Wissenschaftler haben am Dienstag die Unterschriftenliste an den neuen Bundestag übergeben, pünktlich zur ersten Sitzung. Mehr als 13.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben unterschrieben. Sie fordern, dass Umwelt und Klima wieder in den Fokus der Politik gerückt werden: "Die Klimakrise und weitere Umweltkrisen sind mittelfristig die größte Bedrohung für Sicherheit, Wirtschaft und Wohlstand, Demokratie, Zivilisation und Menschenleben."

Kritik auch am Bundestagswahlkampf
Sie kritisieren, dass das Thema Klimawandel im Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle gespielt habe. Auch Wissenschaftler aus der Pfalz haben den Appell unterzeichnet, 70 von ihnen arbeiten an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) in Landau und Kaiserslautern. Die Unterzeichner sind beispielsweise Umwelt- und Klimawissenschaftler, aber auch Mathematiker oder Physiker.
Die Wissenschaftler fordern, dass Deutschland am Klimaschutzgesetz und dem sogenannten Green Deal festhält. Entscheidungen sollen auf Fakten basieren und Erneuerbare Energien müssten ausgebaut werden, fordern die Forscher von den neuen Bundestagsabgeordneten.
Carsten Brühl: "Wir müssen dringend handeln."
Einer der Unterzeichner ist Carsten Brühl. Er ist Professor für Ökotoxikologie und Umwelt in Landau und beschäftigt sich vor allem mit dem Einfluss von Pestiziden und Chemikalien auf die Umwelt.

SWR Aktuell: Warum haben Sie den Appell unterzeichnet?
Carsten Brühl: Mir ging es wie den 13.000 anderen Wissenschaftlern in Deutschland, dass ich zumindest im Wahlkampf irgendwelche Themen, die sich mit der Umwelt beschäftigen sehr vermisst habe. Derzeit geht es in der Debatte viel um Aufrüstung. Ich denke, Umweltthemen sollten jetzt in den Koalitionsverhandlungen nicht unter den Tisch fallen und berücksichtigt werden.
SWR Aktuell: Welches sind dabei die wichtigsten Themen für Sie?
Carsten Brühl: Das eine ist natürlich die Klimakrise, mit der man sich auseinandersetzen muss. Die bedingt eine Transformation in vielen Sektoren, die natürlich Geld kosten wird. Und das andere ist eine Biodiversitätskrise. Und das ist eine Thematik, die eigentlich quasi medial verschwunden ist. Diese beiden Krisen werden eigentlich überhaupt nicht mehr erwähnt. Darum auch dieser Appell, dass man sich das wieder ins Bewusstsein ruft.
Artenschutz - aber wie?
Die Natur sich selbst überlassen reicht oft nicht. Der Naturschutz von Tieren und Pflanzen braucht den Menschen. Für Biologie ab Klasse 7.
SWR Aktuell: Glauben Sie, der Appell zur Artenvielfalt und zum Klimaschutz wird erfolgreich sein und die neue Regierung wird handeln?
Carsten Brühl: Ich hoffe, dass sie was tun wird. Bei beiden Themen, in der Klima- und in der Biodiversitätskrise, wird auf wissenschaftlicher Ebene durchaus von sogenannten Kipppunkten geredet. Das sind Punkte, an denen das System zusammenbricht, wo wir es dann nicht mehr in die ursprüngliche Lage zurückbringen können. Und die Frage ist, wann diese Kipppunkte erreicht werden. Und es gibt bei beiden Themen eben die Einschätzungen, dass das demnächst sein wird. Das heißt, wir müssen dringend handeln!
Kipppunkte
Geringe Änderungen des Klimas können dazu führen, dass ein Kipppunkt erreicht wird. Die Folge können unumkehrbare Prozesse oder abrupte Klimaveränderungen sein.