Eigentlich war die 2. Große Strafkammer am Frankenthaler Landgericht am 21. Juli auf der Zielgeraden bei ihrem Revisionsprozess. Es fehlten noch die Plädoyers von Oberstaatsanwältin, den Nebenklage-Anwälten und der Verteidigerin, danach hätte das Urteil gesprochen werden können.
Nämlich das Urteil darüber, ob ein 56-Jähriger bereits wegen Doppelmordes verurteilter Mann auch nach seiner Zeit im Gefängnis nicht frei kommt, sondern in Sicherungsverwahrung muss, weil er gefährlich ist.
Hubschrauber kreiste über der Stadt Wollte Doppelmörder fliehen? Polizei und SEK am Landgericht in Frankenthal
Nach dem großen Polizeieinsatz beim Doppelmord-Prozess am Landgericht Frankenthal kommen nun weitere Details ans Licht: Offenbar plante der Verurteilte die Flucht aus dem Gerichtssaal.
SEK-Einsatz überrascht Prozessbeteiligte
Doch nicht die Juristen spielen an jenem Mittwoch im Gerichtssaal die Hauptrolle, sondern die vermummten Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos. Gleich mehrere von ihnen umringen den 56-jährigen Doppelmörder, der an Händen und Füßen gefesselt war, schildert Rechtsanwalt Thomas Franz aus Ketsch, der einer von den zahlreichen Nebenklage-Anwälten ist. Auch ein Hubschrauber kreiste über dem Gericht. "So etwas habe ich in den letzten 30 Jahren noch nie erlebt", schüttelt der Jurist den Kopf.
Hatte der Verurteilte den Plan zu fliehen?
Nach noch nicht einmal nach einer halben Stunde ist der Verhandlungstag im Saal 20 des Landgerichts beendet. Am Tag darauf bestätigt eine Gerichtssprecherin, dass der Verurteilte möglicherweise seine Flucht plante. Daher sei es zu dem massiven Polizeieinsatz gekommen. Wie, wo und wann die Flucht geplant war, bleibt unklar. Der 56-Jährige war wie gewohnt von der Justizvollzugsanstalt Diez nach Frankenthal gebracht worden.
Brisanter Zeuge vor Gericht
Nun will die Strafkammer die dramatischen Ereignisse am letzten Verhandlungstag klären. Dazu ist ein Zeuge geladen. Und zwar der Mann, der die Hinweise auf einen möglichen Fluchtplan gegeben hat. Der Informant soll an diesem Mittwoch aussagen. Plädoyers und Urteil in dem Revisionsprozess rücken daher zunächst in weite Ferne. Eins ist sicher: Das Landgericht wird auch nun wieder zu einem Hochsicherheitstrakt.
Zwei Unternehmer erst erpresst und dann getötet
Der verurteilte Doppelmörder sitzt seit 2018 eine lebenslange Gefängnisstrafe ab. Zusammen mit einer Komplizin und einem Komplizen hat er 2016 und 2017 einen Spielautomaten-Aufsteller aus Brühl in Baden-Württemberg und den Ludwigshafener Bauunternehmer Ismail Torun zunächst entführt, danach erpresst und schließlich erdrosselt. Die gegen den 56-Jährigen verhängte Sicherungsverwahrung hob der Bundesgerichtshof in Karlsruhe auf, sodass das Landgericht Frankenthal den Fall erneut verhandeln muss.
Psychiatrischer Gutachter schätzt Täter als gefährlich ein
Die Revisionsverhandlung begann im Februar. Der Verurteilte präsentierte dabei etliche Verschwörungstheorien mit dem Tenor, er sei unschuldig und zur Tat gezwungen worden.
Zur Frage, wo die verschwundenen 600.000 Euro von insgesamt einer knappen Million Euro Erpressungsgeld geblieben sind, schweigt er. Zwei seiner Verteidiger haben ihr Mandat inzwischen niedergelegt.
Im April stufte der psychiatrische Gutachter den 56-Jährigen als gefährlich ein und empfahl die Sicherungsverwahrung. Das bestätigt der Nebenklage-Anwalt, Markus Ovdiienko aus Frankenthal, dem SWR. Sollte sich der Fluchtplan bewahrheiten, mindert das die Chancen des Doppelmörders, der Sicherungsverwahrung noch zu entgehen.