In Landau wird das Thema Saatkrähen seit mehr als zehn Jahren diskutiert: Es gab Bürgerveranstaltungen und zig Versuche, die Ausbreitung der Tiere einzudämmen: Es wurden Bäume zurückgeschnitten, Nester zerstört und Vogelattrappen aufgestellt, um sie zu verschrecken. Nur: So richtig funktioniert hat das alles nicht: "Wir werden mit den Saatkrähen noch eine ganze Weile leben müssen", schrieb die Stadt dazu. Zuletzt hat sie die Zahl der Nester auf 600 im Stadtgebiet geschätzt. Immerhin: Die Zahl ist relativ konstant, mehr werden es nicht, glaubt die Verwaltung.
Zum Schutz der Landwirtschaft Jagd auf Saatkrähen soll in RLP erleichtert werden
Sie sind laut, machen Schmutz und gefährden die Ernte: Saatkrähen werden in Rheinland-Pfalz vielerorts als Plage empfunden. Künftig soll es einfacher sein, die Vögel abzuschießen, so das Umweltministerium.
Zum neuen Maßnahmenpaket aus Mainz hat sich die Stadt bislang noch nicht geäußert: Man müsse das Werk erst einmal durcharbeiten, heißt es. Was nicht weiter verwundert: Der "Handlungsleitfaden Saatkrähe Rheinland-Pfalz" umfasst inklusive Quellenverzeichnis fast 40 Seiten. Und der Punkt, der seit Mittwoch am meisten diskutiert wird, steht ganz hinten.
Dürfen Saatkrähen künftig abgeschossen werden?
"Letale Vergrämung"“ ist der Begriff in der Mitteilung des Ministeriums, der aufhorchen lässt. Auf sprachlich umständliche Weise will das Ministerium damit sagen, dass die Krähen zur Not auch abgeschossen werden dürfen. Dieses Verfahren will das Land künftig erleichtern, auch wenn der Abschuss weiterhin die Ausnahme bleiben soll. Allerdings ist im Leitfaden nur von "betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben oder Jagdgenossenschaften" die Rede, wenn es um den Abschuss von Saatkrähen geht. Dass auch in Städten wie Landau kurzerhand auf die Krähen angelegt werden darf, ist mehr als unwahrscheinlich. Das sehen auch sämtliche Stadträte und Institutionen so, die der SWR um eine Reaktion gebeten hat.
Grüne: Falkner als Alternative zum Abschuss
Lea Heidbreder ist Landtagsabgeordnete, Landauer Stadträtin und Parteifreundin von Umweltministerin Katrin Eder (Grüne), die die Maßnahmen am Mittwoch vorgestellt hatte. Auch Heidbreder geht davon aus, dass der Abschuss der Tiere in einem besiedelten Gebiet nicht zulässig wäre.
Im Gespräch mit dem SWR räumte sie ein, dass das Dokument keinen großen Einfluss auf die aktuelle Situation in Landau haben dürfte: "Der Fokus liegt schon eher auf der Landwirtschaft. Für den besiedelten Bereich wird aber zum Beispiel auf den Einsatz von Falknern verwiesen."
CDU: Da muss "verdammt nochmal" endlich was passieren
"Wir sind froh, dass überhaupt mal Bewegung in die Sache kommt", sagt Peter Lerch von der Landauer CDU. Man sei ja teilweise schon fast verzweifelt, was da in den letzten Jahren aus Mainz sonst für Vorschläge gekommen sind: "Bei Schulhöfen ist uns vorgeschlagen worden, wir sollen ein Zeltdach über den Schulhof spannen oder die Kinder sollten halt in der Pause drinnen bleiben."
Dennoch geht auch Lerch davon aus, dass der Leitfaden die aktuelle Situation in Landau kurzfristig nicht ändern werde. Das Ganze kann seiner Meinung nach nur der Auftakt zu einer neuen Diskussion sein: "Es wird immer wieder erklärt, was alles nicht geht. Da sollen verdammt nochmal jetzt das Ministerium und die Fachleute Vorschläge machen, wie man die Situation in Landau verbessern kann!"
SPD: Schutzstatus der Saatkrähe sollte geprüft werden
SPD-Mitglied Florian Maier sitzt nicht nur im Landauer Stadtrat sondern auch im Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau im Landtag. Entsprechend seine Perspektive: "Ich finde es positiv, wenn es den Landwirten jetzt leichter gemacht wird, die Saatkrähen zu bejagen. Da geht es aber auch wirklich um Ernteausfälle." Aber auch er sehe nicht, dass das in Landau kurzfristig etwas ändert. "Da hat das Land aber auch relativ wenig Möglichkeiten. Wir als Landauer SPD wären aber durchaus bereit, den Schutzstatus der Saatkrähe zu prüfen."
Krähen vernichten Süßkirschen-Ernte Meinung: Meine Schäfchen, die Krähen
Mainzer Obstbauern müssen mit ansehen, wie Saatkrähen über ihre Kirschen und Erdbeeren herfallen. Eine zwar rechtmäßige, aber absurde Behörden-Entscheidung, meint Martin Rupps.
Bauern- und Winzerverband: "Gute Nachricht"
Dass der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd es grundsätzlich gut findet, wenn etwas gegen die Saatkrähen unternommen wird, ist keine Überraschung. 700 bis 800 Euro pro Hektar könne es kosten, wenn die Saatkrähen über die Felder herfallen, sagt Vize-Präsident Reinhold Hörner. Einem Kollegen hätten sie "den ganzen Maisacker leergefressen."
Er selbst habe erst am Donnerstag zwei Äcker frisch eingesät. Sofort seien gut hundert Tiere dagewesen. Sollte das Ministerium es den Landwirten tatsächlich ermöglichen, da schneller und unkomplizierter gegen vorzugehen, es wäre eine gute Nachricht, so Hörner: "Es müssen einfach mal fünf, sechs Tiere auf dem Feld abgeschossen werden, dann fliegen die anderen auch weg." Er habe allerdings Sorge, dass das am Ende wieder zu einem unnötigen Papierkrieg für die Bauern und Jäger führt.
BUND: Der Mensch ist das Problem
Julia Dreyer sitzt im Landauer Büro des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Sie geht davon aus, dass der Abschuss der Saatkrähen, so wie sich das Ministerium das vorstellt, dem Tierschutz widerspricht. Dreyer sagt, der BUND sehe durchaus das Problem, das insbesondere die Landwirte mit den Tieren haben. Da müsse ein Wildtiermanagment her.
Was die Stadt Landau angeht, wird es aus Dreyers Sicht keine kurzfristige Lösung geben: "Wenn man sich das Stadtgebiet anguckt: Da sind so viele Bäume in den letzten Jahren gefällt worden, so viel Brut und Nistgebiet verschwunden. Das Einzige, was helfen wird, ist den Tieren Lebensraum zur Verfügung zu stellen."