Opfer ist traumatisiert

Fünfeinhalb Jahre Haft für Angriff auf Joggerin in Bobenheim-Roxheim

Stand
Autor/in
Frank Schumann

Der Mann, der im Mai eine Joggerin überfallen und sexuell schwer genötigt hat, muss fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Die Richter werteten den Angriff wie eine Vergewaltigung.

Das Urteil fiel milder aus, als Staatsanwaltschaft und Nebenklage gefordert hatten und härter als es die Verteidigung wollte. Wie ein Großteil des Prozesses, wurden auch die Plädoyers der Beteiligten unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten.

Während der Urteilsbegründung erläuterte der Vorsitzende Richter die einzelnen Forderungen. So hatte der Staatsanwalt sieben Jahre Gefängnis gefordert .

Die Nebenklage-Anwältin wollte eine Verurteilung nach dem schärferen Erwachsenenstrafrecht durchsetzen und forderte acht Jahre Haft. Der Verteidiger machte das mildere Jugendstrafrecht geltend und plädierte auf maximal vier Jahre Gefängnis.

Prozess um den Überfall auf eine Joggerin in Bobenheim-Roxheim am Landgericht Frankenthal
Der Verurteilte im Gerichtssaal

Joggerin zunächst mit Fahrrad überholt

Die Joggerin wurde laut Anklage an einem Sonntagabend im Mai von dem Angeklagten gegen 19:30 Uhr angegriffen, als es noch hell war. Zunächst habe er die 49-Jährige mehrfach mit seinem Fahrrad überholt. Nach dem Überholen sei er immer wieder stehengeblieben und habe die Joggerin vorbeilaufen lassen.

Schließlich habe er sein Fahrrad auf die Seite gelegt und die Frau angegriffen. Sie wurde zu Boden geworfen und ihr wurde mehrmals ins Gesicht geschlagen. Außerdem musste sie sexuelle Handlungen über sich ergehen lassen. Später kam sie in ein Krankenhaus. Der Radfahrer flüchtete. So schildert die Staatsanwaltschaft den Tatablauf am 19. Mai. Nur wenig später nahm die Polizei den Radfahrer in Worms fest und seitdem saß er in Untersuchungshaft.

Wichtig für Strafmaß: Wie alt ist der Angeklagte?

Die Ermittler stellen fest: Bei dem Radfahrer und mutmaßlichen Täter handelt es um einen syrischen Flüchtling, der in einer Unterkunft in Bobenheim-Roxheim lebt. Zunächst ist sein Alter unklar. Es wird ein Gutachter eingeschaltet, schildert der Verteidiger des Mannes. Ergebnis: Zwischen 17 und 19 Jahre sei er alt, erzählt der Rechtsanwalt weiter. In der Anklage ist von einem "20-Jährigen" die Rede. Das Alter kann die Höhe der Strafe beeinflussen.

Landgericht Frankenthal: Öffentlichkeit weitgehend ausgeschlossen

Vor gut einer Woche begann der Prozess vor dem Landgericht in Frankenthal. Große Teile der Verhandlung fanden ohne Öffentlichkeit statt. Dadurch sollte das Opfer, die 49-jährige Frau, geschützt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Verteidiger im nicht-öffentlichen Teil der Verhandlung eine Erklärung des Angeklagten vorgelesen hat, in der die Taten eingeräumt wurden.

"Nachtatverhalten war erschreckend"

Als Zeugin sagte die Leitende Ermittlerin aus und schilderte dabei den Verlauf der Tat. Nach Angaben des Gerichtssprechers kamen auch zwei Mitgefangene des Angeklagten zu Wort. Einer von ihnen sagte aus, der Angeklagte habe ihm gegenüber mit dem Angriff auf die Frau geprahlt und angekündigt, eine Frau zu vergewaltigen. Offenbar zeigte der 20-Jährige keine Reue. "Das Nachtatverhalten des Angeklagten war erschreckend, so etwas habe ich selten erlebt", meinte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung.

Sachverständiger und Jugendgerichtshilfe zeichnen ein düsteres Bild

Zuvor hatten ein Gutachter und eine Frau der Jugendgerichtshilfe ihre Ergebnisse aus ihren Gesprächen mit dem Angeklagten berichtet. Danach war er als Elfjähriger wegen des Krieges aus Syrien in die Türkei geflohen. Ohne eine Schule besucht zu haben, ohne Schreiben und Lesen gelernt zu haben, habe er dann jahrelang in der Landwirtschaft gearbeitet. Rassistische Übergriffe hätten dann dazu geführt, dass der Syrer im Oktober 2023 nach Deutschland kam und über Trier und Kusel nach Bobenheim-Roxheim kam. "Von den Lebensbedingungen in Deutschland hatte er keine Ahnung", sagte der Gutachter. Er attestierte ihm eine "Reifeverzögerung", eine seelische Störung gebe es dagegen nicht.

Vorfälle in der Untersuchungshaft

Als der 20-Jährige in Untersuchungshaft kam, gab es große Probleme. Er wurde von Mithäftlingen angegriffen, äußerte Selbstmordabsichten und wurde in einen anderen Trakt im Gefängnis verlegt. Dort lehnte er jeden Kontakt zu anderen Insassen ab.

Urteil bald rechtskräftig?

Der Staatsanwalt hält es für unwahrscheinlich, dass die Anklage Revision gegen den Urteilsspruch einlegt. Der Verteidiger war zufrieden, dass nach Jugendstrafrecht geurteilt wurde. Die Nebenklage-Anwältin will mit ihrer Mandantin noch über eine mögliche Revision sprechen. Die Frau sei traumatisiert und daher nicht in der Lage gewesen, den Prozess im Gerichtssaal zu verfolgen. Der 20-Jährige muss brutal und erniedrigend gegen sie vorgegangen sein. "Die Frau muss lebenslang mit den Folgen der Tat klarkommen", lautet das Fazit der Anwältin.

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