Wer Markus Kamieth schon als Mitglied des Vorstandes der BASF erlebt hat, der weiß: Das ist ein völlig anderer Typ, als sein Vorgänger Martin Brudermüller - leiser vor allem, nüchterner. Und so wirkt er auch in den Tagen vor der Hauptversammlung, in einem Konferenzzimmer des BASF-Business-Centers. Kameras dürfen nicht dabei sein und die Zitate werden nach dem Gespräch auch nochmals von der BASF authorisiert.
BASF: Es wird nicht alles anders
Schnell wird klar: Die BASF wird ihren Kurs halten. Unter Markus Kamieth wird jetzt nicht alles anders werden, als unter dem bisherigen BASF-Vorstandsvorsitzenden Martin Brudermüller. Möglicherweise der Führungsstil. Da will er auf das Team vertrauen, lieber Hindernisse aus dem Weg räumen, als Vorgaben machen, sagt er. Das Wort "Wissenschaftler" fällt gleich mehrfach, als der 53-Jährige beschreibt, wie er sich selbst versteht und wie er an die neue Aufgabe rangehen will. Er vergleicht das mit einer gut vorbereiteten chemischen Reaktion: Die richtigen Grundsubstanzen und die optimalen Bedingungen – und dann müsse man auch darauf vertrauen, dass am Ende ein gutes Ergebnis herauskommt. Und es ist auch das Einzige, was ihm zu entlocken ist, wenn er sich mit seinem Vorgänger Martin Brudermüller vergleichen soll: Sie seien beide Wissenschaftler - und das prägt nach seiner Ansicht auch die Arbeit als Vorstandschef.
BASF-Chef: "Ich bin Bergarbeiterkind"
Geboren ist Markus Kamieth in Dinslaken, am Rande des Ruhrgebiets am Niederrhein. Er sagt: "Ich bin Bergarbeiterkind." Kamieth stammt aus einer Familie, in der zuvor noch niemand studiert hat, erzählt er und er habe sich seine Bodenständigkeit bewahrt. Die Veränderungen im Ruhrgebiet seien prägend gewesen und deshalb wisse er, dass es sich lohne, für die Industrie zu kämpfen. Gut möglich, dass er diesen Kampf als Vorstandschef der BASF bald selbst führen muss. Er übernimmt in schwierigen Zeiten.
Stammwerk soll wieder profitabel werden
Seit Jahren steckt der Standort Ludwigshafen in den roten Zahlen, die hohen Energiepreise in Europa und der schwache Absatz dort machen der BASF zu schaffen. Den Sparplänen mit bereits 2.500 Stellen, die im Stammwerk gestrichen werden sollen, werden wohl im Herbst weitere Einschnitte folgen, Anlagen stillgelegt und weitere Stellenstreichungen angekündigt werden. Bei der BASF heißt das: "Neues Zielbild". Ein Plan, der das Werk profitabel machen soll. Und das soll mit den Arbeitnehmervertretern ausgehandelt werden. Auch eine neue Standortvereinbarung kann sich Markus Kamieth vorstellen: "Ich habe erstmal eine positive Einstellung zu Standortvereinbarungen, sie haben sich immer bewährt. Die nächste Standortvereinbarung muss natürlich zum Zielbild passen." Bis Ende 2025 schließt die laufende Standortvereinbarung betriebsbedingte Kündigungen aus. Was genau in Ludwigshafen verändert werden soll, dazu will Markus Kamieth noch nichts sagen. Einschnitte wird es geben. Aber: "Ludwigshafen wird der größte und integrierteste Standort der BASF bleiben."
China-Strategie bleibt unverändert
Markus Kamieth ist ein reines BASF-Gewächs, er hat 1999 in Ludwigshafen angefangen und dann Karriere gemacht, mit Stationen in den USA und Münster. "Die BASF ist seit 25 Jahren mein Zuhause", sagt er. 2017 wird er Mitglied des Vorstandes, übernimmt dort drei Jahre später das Asien-Geschäft des Konzerns. Asien. Vieles ist ja in den Wechsel an der Vorstandsspitze hineininterpretiert worden. Wer schon immer wusste, dass nur ein China-Freund Vorstandschef der BASF werden kann, darf sich mit der Berufung von Markus Kamieth bestätigt fühlen. Er selbst sagt, auf die Risiken des China-Geschäfts angesprochen, dass China halt der Weltwachstumsmarkt sei, die Hälfte des Chemiemarktes weltweit befinde sich dort, in Asien insgesamt seien es sogar 70 Prozent. Da könne ein Weltkonzern wie die BASF nicht draußen bleiben. Markus Kamieth: "Wir ignorieren die Risiken nicht, fühlen uns mit unserer Chinastrategie sehr wohl". Auch hier ändert sich erstmal nichts.
Es bleibt bei den BASF-Klimazielen
Ohne Veränderungen wird es beim ehrgeizigen Ziel der BASF, bis 2050 klimaneutral zu produzieren, nicht gehen. Diese Transformation der Chemieindustrie ist eine riesige Herausforderung, weil es dazu Unmengen an grünem Strom braucht. Und der auch irgendwie zum Stammwerk kommen muss. Markus Kamieth: "Es ist klar, dass wir diesen Weg gehen – aber viele auch externe Faktoren werden eine Rolle spielen, wie wir das Ziel erreichen." Die BASF kauft sich bereits in Windparks an der Nordsee ein und sichert sich große Mengen grünen Strom. Doch ist der Konzern auch darauf angewiesen, dass in Deutschland die dafür nötigen Stromtrassen gebaut werden. Und auch technisch ist die Dekarbonisierung eines Chemiewerkes schwierig. Doch da ist Markus Kamieth wieder ganz der Wissenschaftler und vertraut darauf, dass noch Prozesse und Techniken erfunden werden, die den Ausstieg aus der fossilen Energie auch bezahlbar machen.
Kamieth: Die Zeiten bleiben schwierig
Viele Einflüsse von außen kann auch ein Vorstandschef nicht steuern und muss reagieren. Der Krieg in der Ukraine und im Gaza-Streifen, die Konfrontation zwischen China und den USA – überall lauern Risiken. Die Welt dreht sich schneller. Markus Kamieth sagt: "Die Welt ist in einem fragilen Zustand“. Er will auf das Team der BASF vertrauen, dass es auf neue Herausforderungen reagieren kann. "Ich stelle mich darauf ein, dass wir weiterhin in volatilen Zeiten leben werden und damit umgehen müssen", sagt der neue BASF-Chef.