Pilotprojekt in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende

Bezahlkarte für Flüchtlinge in Trier kommt: Sinnvoll oder Symbolpolitik?

Stand
Autor/in
Lynn Bentzen

Sie soll die Verwaltung entlasten und den Geflüchteten mehr Sicherheit bieten: In der AfA in Trier wird die Bezahlkarte für Flüchtlinge eingeführt. Nicht alle sind davon überzeugt.

Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz sollen künftig mit einer Karte im Geschäft bezahlen. Die Landesregierung startet dazu ab Montag ein Pilotprojekt in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Trier. Die Bezahlkarte werde dort zunächst an bis zu 80 Menschen ausgegeben, teilte das rheinland-pfälzische Integrationsministerium dem SWR mit.

In der ersten Woche werden die Geflüchteten ausgewählt, die eine Bezahlkarte erhalten. Daten werden erfasst und die Karten aufgeladen. Die ersten Karten sollen dann ab Mitte Januar (KW 3) ausgegeben werden. 

Die Entscheidung für den Testlauf fiel auf Trier, weil dort rund drei Viertel der Asylsuchenden in Rheinland-Pfalz registriert werden. Die Bezahlkarte soll künftig direkt bei der Registrierung ausgeteilt werden. Läuft das Pilotprojekt in Trier erfolgreich, will das Land die Karte auch in den übrigen fünf Aufnahmeeinrichtungen einführen.

Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Trier
Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Trier. Am Montag wird dort die Bezahlkarte für Geflüchtete eingeführt.

Ziel und Funktionsweise der Bezahlkarte

Ziel des Pilotprojekts ist es, alle finanziellen Mittel der Bewohner der AfA in Trier digital zu verwalten. Das neue System soll mehr Sicherheit bieten und die Verwaltungsprozesse in den Unterkünften verbessern. Eine der umstrittensten Fragen ist in Rheinland-Pfalz nach wie vor offen - nämlich wie viel Bargeld mit der Karte an Bankautomaten abgehoben werden kann. Dazu werde man zeitnah informieren, so das Integrationsministerium.

Die Bezahlkarte wird zunächst an neue Bewohner der AfA ausgegeben. In Zukunft könnte das Projekt auch auf andere Gruppen wie Geduldete oder Menschen mit Aufenthaltserlaubnis ausgeweitet werden.

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Wird die Bezahlkarte den erhofften Effekt haben?

Befürworter der Bezahlkarte versprechen sich davon unter anderem, dass künftig weniger Anreize bestehen, in Deutschland Schutz zu suchen. Flüchtlinge sollen kein Geld mehr an Verwandte oder Freunde in ihren Heimatländern überweisen oder damit Schlepper bezahlen können. Migrationsexperten bezweifeln diesen Effekt jedoch.

Menschen, die nichts verbrochen haben, soll das Leben so schwer gemacht werden, dass sie Deutschland schnellstmöglich wieder verlassen. 

Der Verein "Buntes Trier" spricht von einem "Diskriminierungsinstrument". Die Bezahlkarte für Geflüchtete sei eine populistische, unsachliche Symbolpolitik. Nach Ansicht von Vereinsvorstand Nils Claasen verletzt sie die Menschenwürde von Geflüchteten. Sie ziele darauf ab, Geflüchteten das Leben so schwer zu machen, dass sie Deutschland schnellstmöglich wieder verlassen. Die Bezahlkarte spare zudem weder Arbeitszeit noch Kosten für die Verwaltung ein.

Multikulturelles Zentrum: Alltagsprobleme für Flüchtlinge

Ruth Lieser vom Multikulturellen Zentrum Trier e.V. weist auf praktische Probleme im Alltag der Geflüchteten hin: "Es könnte vorkommen, dass man Geld auf der Karte hat, aber trotzdem nicht zahlen kann, weil die Grenze des abzuhebenden Bargeldes bereits erreicht ist." Solche Probleme könnten beispielsweise bei Flohmärkten oder Busfahrten auftreten.

Ruth Lieser, Multikulturelles Zentrum Trier e.V.
Ruth Lieser vom Multikulturellen Zentrum Trier e.V.

Lieser sieht außerdem ein Problem darin, dass Geflüchtete während der Einführung der Bezahlkarte in der AfA Trier bleiben müssen und nicht auf die Kommunen verteilt werden. Die enge Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften erschwere das Lernen und die Integration. Das könnte den Spracherwerb und die gesellschaftliche Teilhabe behindern.

Der Fokus sollte auf einer nachhaltigen und effizienten Eingliederung in die Gesellschaft liegen.

Ihrer Ansicht nach stellt das System eine zusätzliche bürokratische Hürde dar, die wertvolle Ressourcen in der Verwaltung bindet. Diese könnten besser in Programme zur Integration und für eine verbesserte Unterstützung von Geflüchteten investiert werden. "Anstatt ein System einzuführen, das zusätzliche Hürden schafft, sollte der Fokus auf einer nachhaltigen und effizienten Eingliederung in die Gesellschaft liegen", so Lieser.

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"Die Vorstellung, dass Geflüchtete, die auf Grundsicherung angewiesen sind, in großem Umfang Geld ins Ausland schicken, entbehrt jeder empirischen Grundlage", erklärte SOEP-Direktorin Sabine Zinn.

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Lynn Bentzen