In Neustadt hat der zuständige Nahverkehrs-Zweckverband am Dienstag einstimmig eine entsprechende Resolution verabschiedet. Der Vorsitzende der Verbandsversammlung, Landrat Fritz Brechtel (CDU) aus Germersheim, sagte, beim Verband gingen sehr viele Fahrgastbeschwerden ein.
Er habe deshalb dem Vorstand der Deutschen Bahn geschrieben. Eine Antwort habe er noch nicht bekommen.
Zweckverband Schienenpersonennahverkehr: "Zugausfälle nicht zumutbar"
Brechtel sprach von einer äußerst unbefriedigenden Situation. Den Kunden seien die Zugausfälle nicht zuzumuten. Die Bahn müsse den Personalmangel jetzt zur Chefdsache machen.
Ausgedünnte Fahrpläne wegen Personalmangel
Wegen Personalmangels hatte die Deutsche Bahn auf sechs Zugstrecken ihr Angebot ausgedünnt, zwei Linien davon werden nur noch von Bussen bedient. Aber auch auf vielen anderen Strecken fallen regelmäßig Züge aus, weil Lokführer fehlen, berichtete Verbandsdirektor Michael Heilmann.
Die im Dezember geplante Einführung einer neuen schnellen Verbindung von Mainz nach Kaiserslautern wurde deshalb auf Mai verschoben.
Personalprobleme im Bahnverkehr Warum fallen in der Pfalz so viele Züge aus oder kommen zu spät?
Beeinträchtigungen, Verspätungen, mögliche Ausfälle: Wer in der Pfalz mit dem Zug unterwegs ist, braucht Geduld. Die Bahn kämpft mit Personalproblemen.
Bahnchaos: Zu wenig Personal – dazu viele Krankheitsfälle
Bahnexperte Werner Schreiner aus Neustadt an der Weinstraße sieht das dringlichste Problem im hohen Krankenstand. Zwar habe diese Entwicklung schon vor Corona begonnen, inzwischen sei der Krankenstand aber doppelt so hoch wie in den Jahren 2019/2020.
Die Bahn bemühe sich zwar, Personal zu gewinnen, aber: Bewerber verlangen eine gute Work Life Balance. Schichtdienst sei unbeliebt, trotz längerer Ruhezeiten zwischen den Diensten. Mit der schwindenden Zuverlässigkeit der Züge bekomme das Zugpersonal außerdem immer häufiger den Frust der Fahrgäste ab.
Verkehrsexperte Schreiner hat trotzdem noch ein wenig Hoffnung: Es gebe auch zufriedene Lokführer bei der Bahn. Die könnten es schaffen, in ihrem Umfeld Nachwuchs anzuwerben.
Personalprobleme auch in den Stellwerken
In den vergangenen Jahren häufen sich auch die Ausfälle von Mitarbeitern der Stellwerke, die den Zugbetrieb in der Region regeln, zum Beispiel Weichen stellen und Signale schalten. Ende Oktober war das Stellwerk Ludwigshafen wegen kurzfristiger Krankheitsausfälle unbesetzt. An einem Wochenende lief gar kein Bahnverkehr durch Ludwigshafen.
Auch das Stellwerk Neustadt sei häufig unterbesetzt. Erfahrenes Ersatzpersonal mit Streckenkenntnis sei dort oft nicht vorhanden. Aber auch im ganz normalen Regionalverkehr bleiben immer wieder Züge einfach stehen, weil das Stellwerk-Personal die vorgeschriebenen Pausenzeiten einhalten muss, so Schreiner.
Schienennetz und Züge der Bahn veraltet
Ein weiteres Problem sieht der Verkehrsexperte darin, dass die Regionalzüge in der Pfalz veraltet sind. Der Fahrzeugpark stamme teilweise noch aus den 1990er Jahren und sei "am Ende". 2025 wird von alten Dieselzügen auf neue Elektrofahrzeuge umgestellt. Der Zweckverband will sie mit 100 Prozent Ökostrom betreiben.
Zug für Zug fürs Klima 44 umweltfreundliche Züge für den Westen der Pfalz
Das Schienennetz in der Westpfalz soll voll elektrisch werden. Dafür werden jetzt im Auftrag der Bahn 44 hybride Züge gebaut.
Verkehrsexperte: Bahnverkehr wurde jahrelang vernachlässigt
Für Werner Schreiner hat die Bahn zu wenig in die Infrastruktur investiert. Über die Jahre sei dabei alles reduziert worden. Immer mehr Züge fahren auf weniger Gleisen. Das könne auf Dauer nicht gut gehen.
Problem bei der Bahn: Fehlende Ersatzteile und Hersteller
Zudem gebe es bei Ausschreibungen für Bauarbeiten keine Firmen mehr, die beispielsweise Gleise, Weichen etc. liefern könnten. Oft müssten Ersatzteile handgefertigt werden, wie zum Beispiel für das Stellwerk Winden. Das alles gehe viel zu langsam.
Das rät der Verkehrsexperte aus Neustadt
In der Pfalz müssen sich Fahrgäste auf einen zuverlässigen Fahrplan mit stabilen Verbindungen für den Berufsverkehr verlassen können, darauf sollten sich die Anbieter fokussieren, findet Schreiner. Statt Zügen könnten dabei hin und wieder auch Busse fahren - falls es denn Ersatzbusse gibt.
Denn kommendes Jahr droht das nächste Chaos, befürchtet Schreiner: Wenn die Riedbahnstrecke Mannheim-Frankfurt gesperrt wird und dort dann mehr als 150 Ersatzbusse fahren müssen, werden für die Pfalz keine Busse mehr verfügbar sein, sagt der Verkehrsexperte voraus. Der Markt ist dann abgegrast, so seine Prognose.