Der Tatverdächtige in dem Fall hatte sich im Vorfeld der Tat geweigert, eine gerichtlich angeordnete Fußfessel zu tragen. In Nordrhein-Westfalen ist das beispielsweise schon heute möglich. Über eine Beschwerde des Mannes gegen die Fußfessel muss das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken noch abschließend entscheiden. Er war kurz vor der Tat aus der Haft entlassen worden.
Ebling sagte in der gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse, die mit der Überwachung des einschlägig vorbestraften mutmaßlichen Täters betrauten Polizeidienststellen hätten keine Fehler zu verantworten. Sie seien "bis zur äußersten Grenze des rechtsstaatlich Möglichen gegangen", um erneute Straftaten durch den 61-jährigen Beschuldigten zu verhindern, erklärte Ebling. Die enge Überwachung des erst im Juli aus dem Gefängnis entlassenen Mannes habe zudem dazu geführt, dass er schnell mit der angezeigten Entführung der Schülerin in Verbindung gebracht und zeitnah gefasst werden konnte: "Dass trotzdem ein schweres Verbrechen an einem kleinen Mädchen nicht verhindert werden konnte, ist für alle Beteiligten belastend." Eblings Ankündigung wurde von Vertretern der Opposition begrüßt.
Gesetz soll novelliert werden
Dem SWR gegenüber sagte Ebling: "Wir wollen das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz novellieren." Dazu gehöre auch die Möglichkeit, dass die Polizei gerade bei Sexualstraftätern präventiv die Fußfessel einsetzen könnte.
Auch Christian Baldauf (CDU) fordert, die Gesetzeslage so anzupassen, dass effektiver Schutz vor Taten wie denen in Edenkoben möglich ist.
"Wenn alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sind und es trotzdem zu solch einer Tat kommt, muss ich ja über Gesetzesveränderungen nachdenken, weil ich kann das ja nicht akzeptieren, dass sowas in Zukunft auch wieder passieren kann. Es gibt keine umfassende Sicherheit, aber ich bin mir sehr sicher: Es gibt eine wesentlich bessere Sicherheit alleine schon bei der Frage der Fußfessel, bei der Frage der Vorratsdatenspeicherung und bei vielem anderen", sagte Baldauf.
Mertin: Auch Fußfessel kann Straftaten nicht immer verhindern
Justizminister Herbert Mertin (FDP) warnte vor der Annahme, eine elektronische Fußfessel garantiere, dass aus der Haft entlassene Sexualstraftäter keine weiteren Taten mehr begehen könnten. Voraussetzung sei beispielsweise, dass der Täter "im Folgenden immer die Batterien lädt. Wenn er das sein lässt, wird es schon wieder schwierig."
Und da habe die Polizei beispielsweise bei dem Tatverdächtigen des Falls in Edenkoben bereits schlechte Erfahrungen gemacht, so Mertin. Dieser habe schon in der Vergangenheit eine Fußfessel tragen müssen. Der Mann habe sie damals zwar getragen, aber nicht aufgeladen, wodurch die Fessel keine Wirkung mehr für die Überwachung gehabt habe.
Live-Überwachung durch Fußfessel bisher nicht möglich
Auch die rheinland-pfälzische Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Sabrina Kunz, sieht den Einsatz der Fußfessel kritisch. Sie weist darauf hin, dass die Polizei nicht in Echtzeit auf die Daten einer Fußfessel zugreifen könne. Bisher gebe es nur eine anlassbezogene Überwachung. Kunz wünscht sich, dass die rechtlichen Grundlagen für eine Live-Überwachung der Fußfessel diskutiert werden und auch, welche polizeilichen Maßnahmen sich dann daran anschließen müssten.
Keine ausreichende Gründe für eine Sicherheitsverwahrung
Seine letzte Haftstrafe hatte der Mann 2020 unter anderem wegen elf Verstößen gegen die Führungsauflagen antreten müssen. Eine Sicherheitsverwahrung oder die Unterbringung des Mannes in der Psychiatrie seien war zwar geprüft, von den Richtern jedoch verworfen worden. Es habe keine verminderte Schuldfähigkeit bestanden, zudem habe keine der zahlreichen einzelnen Straftaten des 61-Jährigen für eine Sicherheitsverwahrung ausgereicht, sagte Mertin. Als Justizminister stehe ihm nicht zu, die Entscheidungen eines unabhängigen Gerichts zu kritisieren, erklärte er: "Ich nehme sie zur Kenntnis und referiere sie."
Prüfung der Vorwürfe nahmen Zeit in Anspruch
Mertin erklärte auch, warum es aus seiner Sicht so lange gedauert hat, bis ein neuer Haftbefehl ausgestellt wurde. Grund für den Haftbefehl sei zum einen das nicht Anlegen der Fußfessel gewesen, aber darüber hinaus habe es viele andere Vorwürfe gegen den Tatverdächtigen gegeben. Diese alle zu prüfen, habe sehr lange gedauert. Zudem sagte Mertin – wie auch schon am Donnerstag die Vertreter der Staatsanwaltschaft – dass man davon ausgegangen sei, dass durch den Beschuldigten vor der Tat am Montag keine unmittelbare Gefährdung ausging. Man habe also keine Notwendigkeit erkannt, besonders schnell zu agieren.
Sondersitzung auf Antrag der CDU einberufen
Die CDU hatte die Sondersitzung zum Entführungs- und Missbrauchsfall in Edenkoben beantragt. Am liebsten hätte die CDU das Thema schon gleich am Mittwoch in der regulären Sitzung des Innenausschusses auf die Tagesordnung gesetzt. Das wurde aber abgelehnt. Zwei Tage zuvor, am Montag, war in Edenkoben das Mädchen auf dem Weg zur Schule entführt und sexuell missbraucht worden.
Polizei und Staatsanwaltschaft verteidigen sich gegen Vorwürfe
Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am Donnerstag Vorwürfe zurückgewiesen, sie hätten zu wenig getan, um Kinder vor dem Mann zu schützen. Der beschuldigte 61-Jährige sei seit Juli engmaschig kontrolliert worden. Mehrmals die Woche hätten Polizisten bei ihm vorbei geschaut und ihn überprüft. Und gerade deshalb hätten sie ihn auch wenige Stunden nach der Entführung des Mädchens stoppen können, verteidigte sich die Polizei. Dadurch sei möglicherweise noch Schlimmeres verhindert worden.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Frankenthal wäre die gesamte Tat aber möglicherweise nie passiert, hätte das Gericht bei seinem letzten Urteil 2020 auch eine Sicherungsverwahrung verhängt. Die Staatsanwaltschaft hatte nach eigenen Angaben drei Tage vor der Tat einen Antrag auf einen neuen Haftbefehl gegen den Tatverdächtigen fertig. Der musste aber in Papierform per Post an das Gericht übermittelt werden.
Haftbefehl per Post - ist das noch zeitgemäß?
Der Vorsitzende des Innenausschusses, Dirk Herber (CDU), kritisierte im SWR, wertvolle Zeit sei verloren gegangen, weil der Haftbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft per Post verschickt woden sei. Denn wäre der Antrag auf Haftbefehl früher eingegangen, hätte das Verbrechen an dem Mädchen verhindert werden können. Ein durchsetzungsfähiger Rechtsstaat müsse sich an Abläufen messen lassen, sagte Herber. Er forderte, die Digitalisierung auch in der Justiz voranzutreiben, um Haftbefehle künftig schneller durchzusetzen.