Haben die Behörden im Fall Edenkoben versagt?

Polizeigewerkschaft verweist auf Gesetzgeber

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Hanns Lohmann
Hanns Lohmann
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SWR1

Im Fall Edenkoben mehren sich die Anzeichen, dass möglicherweise gleich mehrfach Behörden versagt haben könnten. Hätte der Fall des mutmaßlichen Missbrauchs einer zehnjährigen Schülerin also verhindert werden können?

Der Verdächtige sitze weiter in Untersuchungshaft. Doch es gibt Einzelheiten, die zumindest Erstaunen hervorrufen. Alexander Poitz, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) verweist im SWR1 Interview auf die aktuelle Gesetzeslage.

SWR1: Ist es normal, dass ein mutmaßlich gefährlicher Mensch wie der mutmaßliche Täter von Edenkoben eine gerichtliche Aufforderung, eine elektronische Fußfessel zu tragen, einfach ignorieren kann?

Alexander Poitz: Nein, definitiv nicht. Wir reden hier über die sogenannte elektronische Fußfessel, die gern bei verurteilten Straftätern zur Anwendung kommt, bei denen eine sogenannte Wiederholungsgefahr besteht, also bei Gefährdern. Das war wohl hier der Fall. Also nein, normal ist es definitiv nicht, dass hier ein Tatverdächtiger dies ablehnt, weil diese Entscheidung durch die Gerichtsbarkeit, also durch einen Richter, gefällt ist und diese ist bindend.

Normal ist es definitiv nicht, dass hier ein Tatverdächtiger [die elektronische Fußfessel] ablehnt.

SWR1: Das heißt, wenn das Gericht jetzt sagt, man habe ihn nicht zwingen können zum Tragen der Fußfessel, ist das Unsinn?

Poitz: Das muss man bewerten, wer quasi hier eine Entscheidung gefällt hat, welche Wege diese Entscheidung gegangen ist, und das werden die Ermittlungen jetzt zeigen.

SWR1: Am Freitag vergangener Woche (8. September) hat die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Täter beantragt. Drei Tage später, während der mutmaßlichen Entführung mit sexuellem Missbrauch, liegt der Antrag noch in der Post. Bin ich zu naiv bei der Vorstellung, dass ein solcher Haftbefehlsantrag ungefähr so schnell bearbeitet werden müsste, wie eine E-Mail braucht zwischen Sender und Empfänger?

Poitz: Ich glaube, wir reden hier über sehr sensible Straftaten. Da gilt es eigentlich, keinen Zeitverzug zuzulassen. Die Frage ist, welche Post ist hier gemeint, wo etwas liegen geblieben ist? Fakt ist, hier darf kein Zeitverzug eintreten. Das müssen auch die Ermittlungen zeigen. Aber Fakt ist eben auch, dass sowohl bei der Justiz als auch bei der Polizei die Personaldecke sehr eng ist und trotz einer vorhandenen Prioritätensetzung auch so ein gegebenenfalls sofortiger Vollzug personell von uns als Polizei immer schwer möglich ist.

SWR1: Polizei und Staatsanwaltschaft sagen, man darf die Bevölkerung vor einem polizeibekannten mutmaßlich gefährlichen Mann nicht warnen, weil das gegen seine Persönlichkeitsrechte verstoße. Genau das hätten sich aber natürlich die Eltern gewünscht. Dass man nicht warnen darf, klingt rechtsstaatlich korrekt. Aber können Sie nachvollziehen, dass das beileibe nicht jeder nachvollziehen kann?

Poitz: Entscheidend ist aus meiner Sicht die Perspektive. Als Gewerkschaft der Polizei stehen wir ganz klar auf dem Fundament des Grundgesetzes. Deshalb ist es auch in unserem Rechtsstaat nicht üblich, einen Menschen an den öffentlichen Pranger zu stellen. Jedoch ist für uns als GdP wichtig, dass immer eine Abwägung zwischen Datenschutz und Persönlichkeitsrechten und dem wichtigen Opferschutz auch in die politische Debatte gebracht werden muss. Was will ich damit sagen? Man muss sich anschauen, was ist wichtiger – Täter- oder Opferschutz?

SWR1: Das heißt, in dem Fall hätten nicht die ausführenden Behörden vor Ort in der Pfalz versagt, sondern der Gesetzgeber, der da ein bisschen nachjustieren müsste.

Poitz: Gerade bei solchen schweren Verbrechen und Straftaten sollte man sich genau anschauen, welche Maßnahmen man hier erlässt. Und das ist natürlich Aufgabe des Gesetzgebers.

Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.

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