In ihrer Erklärung sagte Dreyer, es sei schon viel geschehen im Ahrtal. Sie räumte aber auch ein, dass es Engpässe mit Handwerkern und Gutachtern gebe, zudem oft langwierige Verhandlungen mit Versicherungen. Sie verstehe, dass dies zermürben könne. Es sei aber auch beeindruckend, Menschen zu sehen, die sich täglich den großen Herausforderungen stellten, die anpackten und zusammenhielten, so Dreyer.
Zukünftig in Härtefällen Abschlagszahlung bis 40 Prozent möglich
Dreyer sagte, um die Betroffenen zu unterstützen, könne ihnen bei Bedarf zukünftig ein erhöhter Abschlag von bis zu 40 Prozent ausgezahlt werden. Ein solch erhöhter Abschlag werde als vorweggenommene Härtefallregelung dann gewährt, wenn ein erhöhter Liquiditätsbedarf durch eine anstehende Zahlungsverpflichtung entstünde und eine Zwischenfinanzierung nicht möglich sei. Bisher waren nur 20 Prozent möglich. Unter anderem die CDU-Opposition hatte eine Erhöhung gefordert.
Dreyer sagte, direkt nach der Katastrophe seien 167 Millionen Euro Soforthilfen ausgezahlt worden und bis heute seien 540 Millionen Euro Aufbauhilfen bewilligt. Das Geld stamme aus gemeinsamen Hilfsfonds von Bund und Ländern. Davon erhielt allein Rheinland-Pfalz 15 Milliarden Euro. Insgesamt seien über 90 Prozent aller vollständig eingereichten Anträge genehmigt.
Vor allem CDU kritisiert Wiederaufbau
An die Regierungserklärung schloss sich die Aussprache der Fraktionen an. Kritik am Wiederaufbau übte vor allem die CDU-Opposition. Sie bemängelte die schleppende Auszahlung von Hilfsgeldern, zudem seien die Anträge für Hilfen zu kompliziert.
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In den von der Flutkatastrophe zerstörten Regionen in Rheinland-Pfalz läuft der Wiederaufbau. Viel ist geschafft, viel ist noch zu tun. Hier die aktuelle Lage.
Horst Gies, Abgeordneter der CDU-Fraktion sagte, es werde aufgebaut und renoviert - aber "anderen geht die Puste aus". "Ob Privat- oder Geschäftsleute - sie sind mit Kraft und Nerven am Ende." Sie fühlten sich von der Landesregierung, von Behörden im Stich gelassen. Es fehle unter anderem an einem klaren Fahrplan. 15 Milliarden Euro stünden für den Wiederaufbau bereit - doch ausgezahlt worden sei bisher nur ein Bruchteil, eine halbe Milliarde Euro. Staatliche Hilfen tröpfelten, Anträge seien zu kompliziert, zu wenige Anträge seien bearbeitet.
CDU-Fraktionschef Christian Baldauf hatte einen 14-Punkte-Plan für den Wiederaufbau vorgelegt. Darin fordert die CDU-Fraktion die Landesregierung auf, konkrete Ansprechpartner bei der Investitions- und Strukturbank (ISB) für alle Antragsteller von Soforthilfeprogrammen festzulegen, damit Fragen unkompliziert und direkt geklärt werden könnten.
CDU, AfD und Freie Wähler wollen andere Abschlagszahlung und schnelleren Wiederaufbau
Der AfD-Fraktionschef Michael Frisch beklagte das langsame Tempo bei der Bewilligung der Anträge: "Wenn das in diesem Tempo weitergeht, wird der Wiederaufbau der Infrastruktur hochgerechnet 25 Jahre dauern." Für die Freien Wähler forderte Joachim Streit, auch in den anderen Flutgebieten der Eifel müsse es nach dem Vorbild des Ahrtals aufsuchende Hilfen geben.
Die Ankündigung Dreyers, die Bürger könnten beim Wiederaufbau ihrer Häuser künftig nicht nur 20 Prozent, sondern - in Härtefällen - bis zu 40 Prozent Abschlag erhalten, kritisierten die drei Oppositionsfraktionen CDU, AfD und Freie Wähler als nicht ausreichend. Sie verwiesen auf Nordrhein-Westfalen, wo grundsätzlich 40 Prozent Abschläge bezahlt würden.
Ampelfraktionen reagieren unterschiedlich auf Kritik
SPD-Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler warnte die Opposition vor einem "Schwarze-Peter-Spiel". Tatsächlich würden die Abschlagszahlungen außerordentlich unbürokratisch bewilligt. Antragsteller müssten lediglich ihre Identität und den Besitz von Wohneigentum in einer betroffenen Ortschaft nachweisen.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bernhard Braun, sagte zur Kritik der Abschläge, besser sei es in Nordrhein-Westfalen auch nicht, es sei nur anders. Es komme auf die Garantie an, dass es auch die übrigen 80 Prozent gebe.
Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Philipp Fernis, forderte die Fraktionen im Landtag angesichts des Leids der Flutopfer auf, "das Verbindende zum Wohle des Ahrtals zu suchen". Es gehe ihm nicht darum, wem genau welche Verantwortung anzulasten sei, "sondern zu verhindern, dass noch einmal so viele Menschen bei einer Naturkatastrophe, die man nicht verhindern kann, ihr Leben lassen".
Thema Gasnotstand: "Menschen müssen auch mit unangenehmen Maßnahmen rechnen"
Zur Stärkung der Privathaushalte bei steigenden Energiepreisen richtet das Klimaschutz- und Energieministerium Rheinland-Pfalz einen Runden Tisch ein. Die Runde werde überlegen, wie die Verbraucherzentrale die Haushalte im Falle der höchsten Warnstufe des Notfallplans Gas unterstützen könne, sagte Klimaschutzministerin Katrin Eder (Grüne). Bereits an diesem Freitag solle es Gespräche geben. Thema sei vor allem die Energieeinsparung, wobei auch mit unangenehmen Maßnahmen zu rechnen sei, sagte Eder.
Am 20. Juli solle dann auf Einladung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ein Spitzengespräch zur Gasversorgung folgen. Daran sollen auch die Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU), der DGB und die Liga der Wohlfahrtsverbände teilnehmen.
Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) rief mit Blick auf eine mögliche weitere Verknappung der Gasversorgung die Menschen in Rheinland-Pfalz zu Sparsamkeit auf. "Wir sprechen über eine wirklich existenzielle Krisensituation für unsere heimische Wirtschaft", sagte Schmitt.
Auf einen vollständigen russischen Lieferstopp vorbereitet zu sein, "das ist das Gebot der Stunde", sagte der CDU-Abgeordnete Helmut Martin. Das Land sollte den Kommunen dabei zur Seite stehen. Aufgrund des hohen Erdgasbedarfs in der Chemieindustrie und im Maschinenbau sei Rheinland-Pfalz in besonderem Maße betroffen, sagte der FDP-Abgeordnete Marco Weber. Er sprach sich ebenso wie Andreas Hartenfels von den Grünen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien aus, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu überwinden.
Kontroverse Diskussion über Situation an Kitas
Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) hat Schwierigkeiten in der Kita-Betreuung in Rheinland-Pfalz eingeräumt. Kritik der Opposition an dem seit einem Jahr geltenden Gesetz wies sie aber zurück. Dass die Situation an manchen Orten angespannt sei, liege nicht an dem neuen Kita-Gesetz, sondern daran, "dass wir zwei Jahre Corona hinter uns haben", sagte die Ministerin. Sie kündigte eine Fachkräftekampagne nach der Sommerpause an, um die benötigte Personalausstattung sicherzustellen.
"Es brennt an allen Ecken und Enden", sagte AfD-Fraktionschef Michael Frisch. Mit dem Gesetz sei das Betreuungsangebot ausgeweitet worden, ohne die dafür nötige Personalausstattung sicherzustellen. Allein in Mainz und Worms fehlten 130 Fachkräfte. "Die Betreuungsbedingungen haben sich vielerorts verschlechtert, zum Teil dramatisch."
Für die CDU sagte Thomas Barth, dass das Gesetz an den Bedürfnissen der Kita-Landschaft vorbeigehe. "Alle gehen auf dem Zahnfleisch." Als Abgeordnete der Freien Wähler sagte Lisa-Marie Jeckel, die Belastung der Kitas sei weiter gestiegen. Leidtragende seien "die Bildungsbiografien unserer Kinder". Die AfD hat die Kita-Politik der Landesregierung und den aus ihrer Sicht herrschenden Personalmangel in den Kitas zum Thema im Landtag gemacht. Vor einem Jahr war ein neues Kita-Gesetz in Kraft getreten, das jedem Kind eine tägliche siebenstündige Betreuung und ein Mittagessen garantieren sollte.