"Wir stehen hier als Stadt an einer finanziellen Abbruchkante", sagt Berno Neuhoff (CDU). Der Stadtbürgermeister von Wissen im Kreis Altenkirchen sieht seine Stadt zunehmend von steigenden Kosten erdrückt. Er kritisiert, dass Bund und Land immer mehr Aufgaben auf die Kommunen abwälzten, dafür aber nicht genug Geld beisteuerten.
Sozialausgaben und Kindertagesstätten etwa würden die Kommunen immer mehr kosten. Die Stadt trage alle Lasten einer städtischen Infrastruktur, erhalte dafür aber von Bund, Land, Kreis und den Nachbarkommunen keinen einzigen Cent, sagt Neuhoff. Beispielsweise sei der Wissener Bahnhof ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für Pendler und Schüler aus der Region und auch das Schwimmbad werde ebenfalls von Schülern aus den benachbarten Verbandsgemeinden für den Schwimmunterricht genutzt. Unterhalten werden Bahnhof und Schwimmbad aber zu einem großen Teil von der Stadt Wissen.
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Wissen bekommt weniger Geld vom Land
In diesem Jahr bekomme Wissen außerdem 420.000 Euro weniger aus dem Landesfinanzausgleich. Geld, das die Stadt aber dringend brauche, sagt Neuhoff. Allein die Unterhaltung des Bahnhofs koste jedes Jahr so viel.
Wir halten hier den Kopf hin für immer mehr Ausgaben von Bund, Land und Kreis.
Dem Stadtrat blieb daher nur eine Möglichkeit: Er hat die Hebesätze für die Grund- und Gewerbesteuer in diesem Jahr stark erhöht. Der Hebesatz für die Grundsteuer A und B liegt jetzt bei jeweils 945 Prozent, der Hebesatz für die Gewerbesteuer bei 500 Prozent.
Freiwillige Ausgaben sind für Wissen kaum noch finanzierbar
Die Bürgerinnen und Bürger seien deshalb sauer, so Neuhoff. "Mir und dem Stadtrat macht das keinen Spaß. Wir halten hier den Kopf hin für immer mehr Ausgaben von Bund, Land und Kreis." Die Erhöhung sei aber nötig gewesen, um als Stadt finanziell handlungsfähig zu bleiben. Freiwillige Ausgaben, wie etwa die Unterstützung von Vereinen, könne sich die Stadt Wissen ohnehin fast gar nicht mehr leisten.
Er fordert daher mehr finanzielle Unterstützung vom Land. "Wir brauchen für unsere originären Aufgaben, wie den Unterhalt der Straßen oder des Schwimmbads, einen festen Förderbetrag", so Neuhoff. Ihm schwebt ein bestimmter Betrag pro Einwohner vor.

Bürgermeister sieht gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet
Berno Neuhoff ist besorgt, wie es mit der Stadt Wissen weitergeht. "Ich kann ja nicht einfach den Bahnhof, das Schwimmbad oder das Kulturwerk schließen. Dann nimmt man den Leuten Dinge weg, wofür sie ihre Steuern zahlen." Außerdem würde die Lebensqualität in der Stadt sinken, sagt Neuhoff.
Viele Menschen im Kreis Altenkirchen fühlten sich ohnehin abgehängt und vergessen, sagt Neuhoff. Die Bürgerinnen und Bürger müssten immer mehr Steuern zahlen, bekämen dafür aber immer weniger geboten. Auf Dauer werde dadurch auch der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckeln - und das gefährde letztlich die Demokratie, ist sich Berno Neuhoff sicher.