Zwischen Wohnungslosigkeit und Pflegeheim

Krank und keine Wohnung: Wie eine Unterkunft im Kreis Neuwied Betroffenen hilft

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Autor/in
Jana Mack

Hilfsangebote für obdach- und wohnungslose Menschen sind jetzt im Winter besonders gefragt. Im Kreis Neuwied kümmert sich eine Einrichtung um die, die zusätzlich noch krank sind.

Im Norden von Rheinland-Pfalz haben wohnungs- und obdachlose Menschen immer häufiger psychische Probleme. Das berichten verschiedene Hilfseinrichtungen, wie etwa der Verein "Die Schachtel" oder das städtische Übernachtungsheim der Arbeiterwohlfahrt in Koblenz. Sie erleben das bei ihrer täglichen Arbeit mit den Betroffenen.

Wohnungslos und krank: Betroffener kommt in Leutesdorf unter

Peter Feld (Name geändert) habe nicht auf der Straße gelebt, doch in seiner alten Wohnung konnte er nicht bleiben. Neben Schimmel, Problemen mit der Heizung und der Stromversorgung war das Leben für ihn alleine dort immer schwieriger.

Er sei in ein seelisches Loch gefallen, erzählt er. Der 59-Jährige nutzt einen Rollator und zittert oft, er habe einen Tremor, also eine Bewegungsstörung.

Feld bekomme eine kleine Erwerbsminderungsrente und habe Pflegestufe eins. Doch für ein Pflegeheim sei er zu jung und zu gesund. Über das Gesundheitsamt kam Feld Mitte Dezember ins Johannes-Haw-Heim in Leutesdorf (Kreis Neuwied).

"Sonst würde ich immer noch zuhause sitzen und vor mich hinvegetieren", sagt Feld. In Leutesdorf gibt es einen extra Bereich für erkrankte wohnungs- oder obdachlose Menschen.

"Wir sind kein Pflegeheim", sagt der zuständige Sozialarbeiter Joachim Blumenthal. Doch sie seien spezialisiert auf Menschen mit einem sogenannten höherwertigen fachlichen Mehrbedarf.

Dabei geht es um Menschen, die psychisch oder körperlich krank sind, aber noch größtenteils alleine klar kommen. Damit fülle man eine Lücke zwischen Wohnungslosigkeit und Pflegeheim.

Zimmer mit Bett, Stuhl und Tisch, Kleiderschrank
Früher hat dieses Zimmer zu einem Kloster in Leutesdorf am Rhein gehört. Jetzt ist es Teil einer Wohngruppe für erkrankte wohnungs- oder obdachlose Menschen.

Spezialisierte Wohngruppe ist barrierefrei

Zusammen mit elf anderen Menschen lebt Feld in Leutesdorf in der Wohngruppe für erkrankte Betroffene. Hier kann er mit seinem Rollator zum Beispiel in die Gemeinschaftsküche fahren, denn der Bereich ist barrierefrei.

Immer zu bestimmten Zeiten sind Sozialarbeiter Blumenthal und zwei weitere Teammitglieder vor Ort. Diese Wohngruppe gibt es inzwischen seit 2022.

Ich bin froh, dass ich hier bin. Ehrlich. Weil zuhause wäre ich kaputt gegangen.

Mit dem Fokus auf die Gesundheit der Betroffenen und die Barrierefreiheit ist die Wohngruppe laut Blumenthal eine Seltenheit: "In der Regel ist die Obdachlosenhilfe nur sozialarbeiterisch abgedeckt. Das Besondere ist jetzt, dass hier noch zusätzlich eine Haushaltshilfe tätig ist und auch eine Pflegefachkraft."

Bevor es das Angebot gab, mussten demnach Menschen im Rollstuhl wegen des Mehraufwandes teils abgelehnt werden. Nur in Trier kenne er ein ähnliches Angebot in Rheinland-Pfalz. Und in Mainz hat dieses Jahr eine Unterkunft mit Fokus auf psychische Erkrankungen eröffnet.

Pflegefachkraft steht mit Stethoskop und Blutdruckmessgerät vor Medizinschrank
Yvonne Rollé ist die Pflegefachkraft in der Wohngruppe für erkrankte Wohnungs- und Obdachlose im Johannes-Haw-Heim. Sie behält die psychische und körperliche Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner im Blick. Außerdem koordiniert sie die Zusammenarbeit mit einem Pflegedienst und kümmert sich um Arztgänge oder Medikamente.

Pflegefachkraft kümmert sich zusätzlich um wohnungs- und obdachlose Menschen

"Ohne die wüsste ich gar nicht, wohin oder zu welchem Arzt ich überhaupt gehen kann", sagt Feld über die Pflegefachkraft in Leutesdorf. Sie kümmert sich beispielsweise um seine Medikamente oder einen Besuch in verschiedenen Arztpraxen.

Für andere koordiniert sie die Zusammenarbeit mit einem Pflegedienst. Manche Menschen kommen laut dem Heim auch direkt vom Krankenhaus, etwa wenn sie danach nicht mehr in ihre Wohnung zurück können.

Das Angebot richte sich vorrangig an Menschen aus dem Kreis Neuwied, die Pflegegrad eins oder geringer hätten. Der Aufenthalt ist nicht für immer angelegt, oft blieben die Menschen ein bis zwei Jahre. Dann werde idealerweise in andere Einrichtungen vermittelt oder in eine eigene Wohnung.

Doch: "Mit der Vermittlung in eine eigenständige Wohnung ist es hier sehr, sehr schwierig aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes", so Blumenthal. Zudem seien Vermieterinnen und Vermieter häufig skeptisch.

Für Bewohner Feld steht fest, dass er nicht mehr zurück in sein altes Leben will. "Jetzt in dem Moment ist erstmal die primäre Sache, dass ich geistig und körperlich wieder ein bisschen auf die Höhe komme." Er sei froh und dankbar, dafür in der Wohngruppe Unterstützung zu haben - es sei ein Neuanfang.

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