Gutgelaunt macht es sich Jutta Steinruck (parteilos) in ihrem Bürosessel bequem. Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin hat zwar Urlaub, ließ es sich an diesem Tag aber trotzdem nicht nehmen, ein Hochzeitspaar zu trauen. Und sie ist danach bereit, sich von einer Journalistin Fragen stellen zu lassen. Wie fühlt sich die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin sieben Jahre nach ihrem Amtsantritt in der zweitgrößten rheinland-pfälzischen Stadt und ein Jahr vor ihrem Ruhestand?
Enorme Herausforderung: Die Jahrhundertprojekte für Ludwigshafen
Jutta Steinruck sieht täglich die großen Veränderungen in der Stadt: Aus ihren Bürofenstern blickt die Oberbürgermeisterin auf eine riesige Baustelle. Täglich kann sie so die Abrissarbeiten am ehemaligen Rathaus-Center beobachten. Schockiert habe sie der Unfall vor ein paar Wochen, erzählt sie, mit einer Gondel, die plötzlich mit vier Arbeitern in die Tiefe stürzte.
"Wir hatten erst große Befürchtungen wegen der schweren Verletzungen." Aber der Arbeiter, der am schwersten verletzt wurde, sei inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Zuhause gehe es ihm inzwischen besser, so Steinruck.
Auch freut sie sich, dass die riesige Baugrube in der Innenstadt am Berliner Platz bald sichtbar geschlossen werde. "Wir haben einen Investor gefunden, auf den Verlass ist." Dort, wo Investmentfirmen über rund 20 Jahre daran scheiterten, ein Hochhaus zu bauen, will der neue Bauträger ab 2026 ein Büro- und Geschäftsgebäude errichten - für 70 Millionen Euro.
Viel Arbeit auch für ihre Nachfolger
"Die zurückliegenden sieben Jahre waren wirklich sehr schwere Jahre für die Stadt, die Stadtgesellschaft und die Oberbürgermeisterin. Wir hatten die Corona-Pandemie, die Auswirkungen der Kriege bis hier in die Stadt. Wir wussten ja zum Beispiel gar nicht mehr - können wir die Stromversorgung für die Menschen aufrecht erhalten?" Außerdem stehe ihre Amtszeit unter mehreren Jahrhundertprojekten wie dem Abriss der Hochstraße Nord und des maroden Teils der Hochstraße Süd und des neuen Stadtquartiers City West.
Letzteres entsteht entlang der geplanten Helmut-Kohl-Allee. Dort werde nach dem Abriss der betonierten Hochstraße Nord ein viel angenehmeres Leben in Ludwigshafen möglich sein. Das gestartete Projekt habe das Ziel, ein grünes, nachhaltiges Quartier vom Ludwigshafener Hauptbahnhof bis zum Rhein zu entwickeln. Diese Aufgabe werde noch viel Arbeit auch für ihren Nachfolger oder ihre Nachfolgerin im Amt hinterlassen.
Die Stadt kommt nicht raus aus der Schuldenspirale
Im September hatte Jutta Steinruck angekündigt, bei der OB-Wahl 2025 in Ludwigshafen nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Gründe seien unter anderem eine lähmende Bürokratie und die unzureichende Finanzausstattung durch Bund und Land in der hochverschuldeten Stadt. Das Land und die Aufsichtsbehörde verlangten von Stadtspitze und Stadtrat so massive Einsparungen und Einschnitte, dass soziale Verwerfungen die Folge sein werden, erklärte die Oberbürgermeisterin damals.
Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz Land übernimmt 565 Millionen Euro Schulden der Stadt Ludwigshafen
Ludwigshafen hat jetzt deutlich weniger Schulden. Dadurch muss die Stadt deutlich weniger Zinsen zahlen. Für dauerhaft ausgeglichene Haushalte reicht´s wohl trotzdem nicht.
Steinruck kämpft um Finanzierung
Besorgte Bürgerinnen und Bürger hätten sie deshalb angesprochen, sagt Jutta Steinruck. Denn es stehe sei einfach nicht genug Geld für die freiwilligen Aufgaben zur Verfügung wie Sportvereine und soziale und kulturelle Einrichtungen. Dabei seien die so wichtig für eine Stadt.
"Ich werde für die ausreichende Finanzierung der Stadt Ludwigshafen bis zum letzten Tag meiner Amtszeit kämpfen", kündigt Steinruck an. "Es muss ein Einsehen geben, damit die Lebensqualität in der Stadt nicht ganz vor die Hunde geht."