Tiefe Trauer am ersten Todestag

Ein Jahr nach dem Tod der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg

Stand

Ein Jahr nach dem gewaltsamen Tod der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg ist das Entsetzen vor Ort noch immer groß. Auch die rheinland-pfälzischen Ermittler lässt der Fall nicht los.

"Ich bin jetzt 30 Jahre Polizist und es gibt Dinge, die vergisst man nie", sagt Jürgen Fachinger, der Leiter der Pressestelle im Polizeipräsidium Koblenz. Er spricht vom Fall der zwölfjährigen Luise aus dem nordrhein-westfälischen Freudenberg, der für ihn mit einer Vermisstenmeldung begann und mit einer Pressekonferenz über die Gewalttat zweier minderjähriger Mädchen endete.

Todestag von Luise: Fall besonders "erschütternd und belastend"

Auch der Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Mario Mannweiler, spricht ein Jahr nach der Tat von einem außergewöhnlich erschütternden und belastenden Fall: "Das Ungewöhnliche ist, dass Kinder ein Kind getötet haben. Diese Fälle sind sehr, sehr selten. Ich kann mich nicht erinnern, dass es im Bereich der Staatsanwaltschaft Koblenz mal etwas Vergleichbares gegeben hat. Gott sei Dank!"

An einem Samstag wird Luise als vermisst gemeldet. Sie war nach einem Besuch bei einer Freundin nicht nach Hause zurückgekehrt. Weil Freudenberg direkt an der Grenze zu Rheinland-Pfalz liegt, sind auch hiesige Polizeibeamte an der Suche beteiligt. Einen Tag später finden die Beamten in einem abgelegenen Waldstück bei Wildenburg im Kreis Altenkirchen Luises Leiche. Sofort ist klar, die Zwölfjährige ist getötet worden.

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Zwei minderjährige Mädchen aus Freudenberg gestehen die Tat

Die Ermittlungen führen schnell zu zwei Mädchen, ebenfalls minderjährig, damals 12 und 13 Jahre alt, aus dem direkten Umfeld von Luise. "Im ersten Moment denkt man, das kann ja gar nicht wahr sein. Wir reden ja hier von Kindern", erinnert sich Jürgen Fachinger.

Am Dienstag drei Tage nach der Tat lädt dann der Leiter der Staatsanwaltschaft Koblenz, Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler, zu einer Pressekonferenz. Sichtlich mitgenommen teilt er die Erkenntnisse der Ermittler mit: Die beiden Mädchen hatten gestanden, Luise am 11. März mit mehreren Messerstichen erstochen zu haben. Sie war laut Obduktion verblutet. Die mutmaßlichen Täterinnen seien vom Jugendamt zunächst außerhalb ihres familiären Umfelds untergebracht worden.

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Fall Luise: Ermittlungen gegen Täterinnen eingestellt

Zum Motiv und den näheren Umständen der Tat machen die Ermittler bei der Pressekonferenz keine Aussagen. Denn in dem Fall sei der Persönlichkeitsschutz der Familie des getöteten Kindes sowie die Persönlichkeitsrechte der kindlichen Tatverdächtigen und deren Familien besonders zu achten. Auch einen Strafprozess gibt es nicht, weil die Mädchen strafunmündig sind. Die Ermittlungen werden im September 2023 eingestellt.

Oberstaatsanwalt Mannweiler erklärte auf SWR-Nachfrage: Durch die Strafunmündigkeit der Täterinnen sei die Strafverfolgung in solchen Fällen im Prinzip schnell zu Ende. Gott sei Dank sei es hier wenigstens gelungen, die Tat schnell aufzuklären, sagt Mannweiler heute. "So blieb den Angehörigen des Opfers zumindest so eine zermürbende Ungewissheit weitgehend erspart. Auch wenn das natürlich kein Trost ist."

Bei solchen Fällen bleiben laut Mannweiler immer viele Fragen offen. Denn man könne nicht in die Köpfe der Kinder hineinschauen, um genau zu wissen, was den Impuls gab, so zu handeln. Das lasse auch die Ermittlungsbehörden fragend zurück, sagt der Oberstaatsanwalt: "Wir müssen es anderen Institutionen überlassen, solche Fälle aufzuarbeiten."

Trauerraum für ehemalige Mitschüler von Luise eingerichtet

Heute, ein Jahr nach der brutalen Tat, ist das Entsetzen in Freudenberg immer noch groß. In Gedanken sei man bei der Familie der getöteten Schülerin, sagte Bürgermeisterin Nicole Reschke (SPD). "Der Schmerz, den sie erleiden mussten und müssen, ist unermesslich." Rund um den Jahrestag sei der Gesprächsbedarf in Luises Heimatort enorm.

An der Gesamtschule, die die Zwölfjährige besucht hatte, wird für Schülerinnen und Schüler in dieser Woche ein Trauerraum geöffnet. Einen zentralen Gedenkort plant die Stadt nicht. Pfarrer Thomas Ijewski, der die Familie der getöteten Schülerin eng betreut, appellierte im Namen der Hinterbliebenen, Luises Grab als privaten Trauerbereich zu respektieren und fernzubleiben.

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Luises Eltern verklagen mutmaßliche Täterinnen auf Schmerzensgeld

Unterdessen haben die Hinterbliebenen vor dem Landgericht Koblenz Zivilklage gegen die beiden minderjährigen Täterinnen eingereicht. Für die erlittenen Qualen des zwölfjährigen Mädchens fordert die Familie unter anderem ein Schmerzensgeld von 50.000 Euro sowie je 30.000 Euro Hinterbliebenengeld für die nächsten Angehörigen.

Sie machen laut Gericht geltend, bis heute erheblich unter dem Tod Luises zu leiden. Insgesamt gehe es um einen Streitwert von rund 160.000, sagt ein Gerichtssprecher. Anders als im Strafrecht können Kinder, die älter als sieben Jahre sind, in einem Zivilverfahren für unerlaubte Handlungen haftbar gemacht werden.

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