Unter "Strafmündigkeit" versteht man den Zeitpunkt im Leben eines Menschen, ab dem er damit rechnen muss, wegen einer Straftat strafrechtlich verfolgt zu werden. Die einschlägigen Gesetze - das Strafgesetzbuch (StGB) und das Jugendgerichtsgesetz (JGG) - verwenden weder den Begriff "Strafmündigkeit" noch den Begriff "Strafunmündigkeit", sondern wählen andere Formulierungen: Das StGB spricht von der "Schuldunfähigkeit des Kindes", das JGG von "strafrechtlicher Verantwortlichkeit" von Jugendlichen.
Reife erst ab 14 Jahren
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder noch nicht einsehen können, wenn sie etwas Falsches tun, und dass sie ihr Verhalten auch nicht entsprechend steuern können. Diese Reife traut er erst Jugendlichen ab 14 Jahren zu. Deshalb können Kinder unter diesem Alter nicht bestraft werden, wenn sie Straftaten begangen haben.
Dieser Grundsatz gilt "ohne Wenn und Aber". Also auch dann, wenn ein Kind im Einzelfall bei der Tat die erforderliche Reife schon hat.
Der Staat kann Kinder also nicht nach dem Strafrecht belangen. Die Familiengerichte können aber - auch gegenüber den Eltern - zu verschiedenen Mitteln greifen, um sehr junge Straftäter zu beeinflussen. Dazu gehört zum Beispiel die Anordnung, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen.
Schwerwiegende Maßnahmen möglich
Daneben sind im Einzelfall aber auch schwerwiegendere Maßnahmen möglich. Etwa die Entziehung des Sorgerechts und die Unterbringung straffälliger Kinder in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie oder - falls es nötig ist - unter bestimmten Umständen auch die Zwangsunterbringung in einer psychiatrischen Anstalt.
Solche Maßnahmen dürfen nur getroffen werden, wenn es zur Abwendung einer Gefahr für das Kind erforderlich ist. Und auch dann nur als letztes Mittel, denn es handelt sich natürlich um massive Eingriffe in die familiären Strukturen. Solche familienrechtlichen Maßnahmen sind dann keine "Strafe durch die Hintertür", mit denen fehlende Sanktionen nach dem Strafrecht ersetzt werden sollen. Es sind eigene Maßnahmen, die ihrerseits auch eigene Voraussetzungen haben. Es kommt also immer auf den konkreten Einzelfall an.
Justizminister Mertin: Absenkung des Alters der Strafmündigkeit könne man prüfen
Auch der rheinland-pfälzische Justizminister, Herbert Mertin (FDP), hat sich zum Thema Strafmündigkeit geäußert und zeigt sich aufgeschlossen. Er könne sich eine Absenkung des Alters von 14 auf 12 Jahren vorstellen, sagte Mertin gegenüber dem SWR. "Es ist nie sinnvoll, im Umfeld, im emotional aufgeladenen Umfeld einer solchen Tat, endgültige Entscheidungen zu treffen. Aber vor einigen Jahren habe ich schon angeregt, dass es vielleicht sinnvoll wäre, eine empirische Forschung zu machen, ob die Grundannahmen für die heutigen Mündigkeitsgrenzen noch gegeben sind."