Antragsfrist für Wiederaufbauhilfe

Kommentar: "Berlin muss den Menschen an der Ahr mehr zuhören"

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Autor/in
Michael Lang
Bild von SWR Multimediareporter Michael Lang aus dem Regionalbüro Bad Neuenahr-Ahrweiler

Rheinland-Pfalz fordert vom Bund, die Antragsfrist für die Wiederaufbauhilfe im Ahrtal-Flutgebiet um drei Jahre zu verlängern. Das allein reiche aber nicht, kommentiert SWR-Redakteur Michael Lang.

Nun soll es also Olaf Scholz (SPD) an der Ahr richten. Immer mehr von der Flut Betroffene beklagen sich bereits seit Wochen, dass sie die Unterlagen für die Wiederaufbauhilfe nicht bis zum Ablauf der Frist Mitte kommenden Jahres zusammenbekommen. Sie forderten darum immer wieder eine Verlängerung. Und immer wieder hörten sie: Die Frist bleibt. Nun hat auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den Bundeskanzler gebeten, die Frist für Anträge aus dem Wiederaufbaufonds zu verlängern - am besten bis Mitte 2026.

Aber warum muss die Ministerpräsidentin dem Bundeskanzler noch einmal erklären, was er doch nach seinen Besuchen an der Ahr längst wissen müsste? Privatleute, Unternehmer und Bürgermeister bekommen für den Wiederaufbau zu oft nicht genug Handwerkerinnen und Handwerker sowie Gutachterinnen und Gutachter.

Bild von SWR Multimediareporter Michael Lang aus dem Regionalbüro Bad Neuenahr-Ahrweiler
Michael Lang berichtet als Korrespondent aus dem SWR-Regionalbüro Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Versprechen von unbürokratischer Hilfe wurde nicht eingehalten

Dieser Zustand macht es zum Beispiel für die Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler unmöglich, die Frist aus Berlin einzuhalten. Denn allein Bad Neuenahr-Ahrweiler soll für den Wiederaufbau von Schulen, Straßen, Kanälen, etc. rund 1.400 Anträge bis Mitte kommenden Jahres stellen. Nach Angaben aus der Verwaltung konnten davon aber bisher nur knapp 100 Anträge vollständig bearbeitet werden. Das bedeutet allein die Kreisstadt muss noch - wenn die Frist nicht verlängert wird - bis zum Sommer rund 1.300 Anträge bearbeiten. Theoretisch - praktisch können viele Anträge gar nicht bearbeitet werden, weil wichtige Daten fehlen.

"Das Versprechen von unbürokratischer Hilfe wurde nicht eingehalten."

Die Untersuchung der Schäden an Straßen und Abwasserkanälen wird voraussichtlich noch bis zum Frühjahr dauern. Erst dann können die Planungen für den Wiederaufbau beginnen. Solche bürokratischen Schwierigkeiten hat die Kreisstadt den Verantwortlichen nach eigenen Angaben immer wieder erklärt, ohne gehört zu werden. Das Versprechen von unbürokratischer Hilfe wurde nicht eingehalten.

Die Menschen an der Ahr wollen einen direkten Ansprechpartner in Berlin

Unbürokratisch kann Hilfe ja auch nur sein, wenn die Zuständigen in Berlin wissen, was vor Ort passiert. Aber viele an der Ahr haben das Gefühl, dass ihnen in Berlin niemand zuhören will. Das Bundesfinanzministerium hat zuletzt noch einmal darauf hingewiesen, dass die Kommunen an der Ahr keinen festen Ansprechpartner in Berlin bekommen. Die Kommunikation bei der Aufbauhilfe 2021 erfolge grundsätzlich zwischen der Bundesregierung und den Ländern, sowie zwischen den Ländern und den Kommunen, so das Bundesfinanzministerium.

Trotzdem stehe es den Kommunen frei, die Bundesregierung direkt anzusprechen. Wie schlecht das funktioniert, haben die vergangenen Wochen gezeigt. Nun hat Ministerpräsidentin Dreyer an den Bundeskanzler geschrieben. Es liegt nun an seiner Bundesregierung, die Bürokratie schnell an die Katastrophe an der Ahr anzupassen.

Nur ein Machtwort reicht nicht

Aber nur ein Machtwort des Bundeskanzlers bezogen auf verlängerte Fristen wird voraussichtlich nicht reichen. Dafür sind die Probleme beim Wiederaufbau an der Ahr viel zu groß. Die Kommunikation zwischen Berlin, Mainz und der Ahr muss dringend besser werden. Die Menschen an der Ahr haben es verdient.

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