Jetzt sollen Bundeskanzler Scholz (SPD) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) das Ahrtal zur Chefsache machen. Das sagte die Vorsitzende des Bauausschusses des Bundestags, Sandra Weeser (FDP), dem SWR. In der Bundestagsdebatte zum Wiederaufbau im Ahrtal am Donnerstagabend sagte Weeser, der Wiederaufbau müsse besser koordiniert werden.
Sie habe einen Brief an Scholz und Dreyer geschrieben. In diesem fordert sie, dass Missverständnisse und Unklarheiten bei der Auszahlung der Mittel aus dem Wiederaufbaufonds schnellstmöglich aus dem Weg geräumt werden sollten.
Forderung nach einem Ahrtal-Beauftragten
Viele Gespräche der Mitglieder des Bauausschusses mit Ministerien und auch Besuche im Ahrtal hätten keine ausreichende Lösung gebracht. Dem SWR sagte Weeser: "Ich bin jetzt tatsächlich an einem Punkt, wo ich sage, ich habe alles versucht, was in meinen Händen war als Bauausschussvorsitzende. Wir haben versucht, die Abstimmungsprozesse hinzubekommen und sind da jetzt ein Stück weit an einem Punkt, wo die Exekutive einfach klären muss, wie es gemacht werden kann."
In ihrem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsidentin Malu Dreyer schreibt Weeser: "Aus meiner Sicht wäre die Benennung eines Ahrtal-Beauftragten jetzt unerlässlich, um den seit drei Jahren andauernden Wiederaufbau zwischen Bund und Ländern zu koordinieren und damit zu beschleunigen."
Diese Forderung unterstützt auch die Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos). Sie sagte dem SWR: "Wir finden im Kleinen oft noch Lösungen, auch mit viel Unterstützung und Wohlwollen des Landes. Aber wir erhoffen uns deutlich mehr Geschwindigkeit über einen Sonderbeauftragten auf Bundesebene."
Die Landrätin und die Bürgermeister an der Ahr hatten bereits unmittelbar nach der Flutkatastrophe einen solchen Bundesbeauftragten gefordert.
Die Landesregierung sieht auf Anfrage des SWR keinen Grund für einen Ahrtal-Beauftragten. Der Wiederaufbau sei Regierungsschwerpunkt und die Landesregierung sei in einem engen Austausch mit dem Ahrtal und der Bundesregierung. Im Übrigen gebe es mit der Staatssekretärin im Landesinnenministerium, Nicole Steingaß (SPD), eine Beauftragte für den Wiederaufbau.
Dass aber nicht immer alle Fragen geklärt werden können, zeigt zum Beispiel der Wiederaufbau in Sinzig.
Wiederaufbaugesellschaft fordert klare Regeln für Förderung
Sofia Lunnebach ist Geschäftsführerin der Wiederaufbaugesellschaft in Sinzig. Sie sagt zu den Verwaltungsvorschriften für den Wiederaufbaufonds: "Es ist zu ungenau, es ist etwas Wischiwaschi ausgedrückt."
Ein Beispiel sei die Sanierung eines zerstörten Hauses mit Sozialwohnungen in Sinzig. Hier will die Stadt einen Aufzug bis zur dritten Etage neu einbauen. Im 3. Obergeschoss wäre dieser bei einem erneuten Jahrhunderthochwasser sicher. Aber die Stadt bekomme nur Mittel aus dem Wiederaufbaufonds für einen Aufzug bis in die erste Etage, sagt die Geschäftsführerin der Wiederaufbaugesellschaft.
Auch bei dem Bau einer Wärmepumpe für ein Sportheim musste die Stadt zuzahlen, sagt Lunnebach. Die Wärmepumpe sollte eine Gasheizung ersetzen, bei der die Flut die Zuleitungen zerstört hatte.
Forderung nach einem zukunftsgerichteten Wiederaufbau
"Wir brauchen einen Wiederaufbau der zukunftsgerichtet ist", sagt Hermann-Josef Pelgrim, Geschäftsführer der Aufbau- und Entwicklungsgesellschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler. Er verweist auf Schwierigkeiten, Geld aus dem Wiederaufbaufonds zu bekommen, um zum Beispiel zerstörte Sportplätze zusammenzulegen.
Pelgrim sagt, es sei immer der Wunsch im Ahrtal gewesen, einen zentralen Ansprechpartner auf Bundesebene zu haben. Vielleicht kommt er ja fast drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal.