Auf einer großen Wiese vor dem Industriegebiet in der Grafschaft stehen mehrere Reihen hellgrüner Container. Mehr als drei Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal werden dort immer noch Schülerinnen und Schüler des Are-Gymnasiums unterrichtet. "Der Schulalltag ist vom Prinzip her wie in einer normalen Schule", sagt der 17-jährige Schüler Hendrik Maurer aus Heimersheim. "Aber es ist natürlich keine Schule, wie man sie kennt, es sind immerhin Container."
Schüler machen sich Gedanken über Ausbildung und Studium
Die Flutkatastrophe 2021 ist zwar immer noch ein Ereignis, das viele Jugendliche im Ahrtal beschäftigt. Im Alltag geht es ihnen - wie vielen anderen in ihrem Alter auch - aber eher um die typischen Fragen und Probleme, mit denen sich junge Menschen beschäftigen: der Freundeskreis, Beziehungen, Hobbys, der Führerschein, die Schule und wie es nach dem Abschluss weitergeht.
Auch Hendrik Maurer macht sich gerade vor allem Gedanken darüber, ob er studieren will oder eine Ausbildung machen soll: "Man will auch keine falsche Entscheidung treffen", sagt er. "Ich will etwas finden, was mir später im Leben auch noch Spaß macht." Klassenkameradin Jule Fieseler aus Remagen geht es ähnlich: "Man macht sich schon ein bisschen Stress deswegen, aber ich gehe das pragmatisch an und schaue, welche Optionen ich habe."
Unterricht in Containern Schulen im Ahrtal: Der Alltag drei Jahre nach der Flutkatastrophe
Die Flut im Ahrtal vor drei Jahren hat auch viele Schulen zerstört. In einigen ist Unterricht wieder möglich, in anderen werden die Schüler immer noch in Containern unterrichtet.
Politik und Weltlage geht an jungen Menschen im Ahrtal nicht vorbei
Daneben spielen auch politische Themen und die allgemeine Weltlage bei den beiden Schülern eine große Rolle - egal ob der Krieg in der Ukraine, die Wahlen in Amerika oder auch auch die anstehende Bundestagswahl. "Wir befinden uns momentan in total politisch bewegten Zeiten", sagt Fieseler. "Das ist etwas, das an uns nicht vorbeigeht."
Mit Freunden und auch im Unterricht werden viele dieser Themen besprochen und auch mal diskutiert, erzählt Fieseler. Sie findet es gut, dass man dann auch mal mit anderen Meinungen konfrontiert wird. Auch Hendrik Maurer ist froh, dass alle ganz offen verschiedene Meinungen äußern können: "Man kann fachlich miteinander diskutieren. Jeder darf ja seine Meinung haben und die muss man akzeptieren."
Flut und Wiederaufbau beschäftigen Jugendliche im Ahrtal immer noch
Im Gegensatz zu anderen in ihrem Alter haben die jungen Menschen im Ahrtal mit der Flut 2021 eine Katastrophe miterlebt, die sie heute noch und vermutlich auch ihr Leben lang beschäftigen wird. Hendrik Maurer und Jule Fieseler waren zwar nicht selbst vom Hochwasser betroffen, dafür aber ihre Nachbarn und Freunde. "Wir haben geholfen die Keller leer zu kriegen", erzählt Maurer. "Bei vielen Freunden wird immer noch renoviert."
Die Flut an sich ist weniger Thema, sagt Maurer. "Das Erlebte, das sind auch Sachen, die man nicht immer wieder aufbringen möchte." Vor allem der Wiederaufbau beschäftigt die beiden Schüler. "Die Innenstädte werden wieder sehr schön hergerichtet, auch der Kurpark", sagt der 17-Jährige. Das findet auch Jule Fieseler: "Die Stadt ist wieder am Aufblühen, auch, wenn vielerorts auch noch Baustellen sind."
Exklusive SWR-Umfrage Bildung, Klima, Kriege und Zuwanderung - das bewegt die Jugend in RLP
Bildung, Krieg, Zuwanderung und Klima sind Themen, die Jugendliche und junge Menschen in Rheinland-Pfalz umtreiben. Das zeigt eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des SWR.
Junge Menschen sehen ihre Zukunft im Ahrtal
Egal, ob er fürs Studium oder eine Ausbildung wegziehen muss - für Hendrik Maurer steht jetzt schon fest, dass er langfristig im Ahrtal bleiben will. Auch Jule Frieseler kann sich nach einem Auslandsaufenthalt vorstellen, zurück ins Ahrtal zu kommen.
Wünsche für ihr Leben im Ahrtal haben die beiden Schüler eigentlich keine, sagen sie. Nur Jule Frieseler fällt ein: "Ich wünsche mir für meine Schwester, dass sie auch nochmal an das alte Are kommt, dass sie in ein paar Jahren so weit sind, dass es wieder besucht werden kann."