Flutkatastrophe im Ahrtal: Neue Studie zeigt, Hochwasser hätte noch schlimmer ausfallen können.

Lage der Regenwolken macht Unterschied

Ahr-Flut hätte laut neuer Studie teilweise noch höher sein können

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Autor/in
Michael Lang
Bild von SWR Multimediareporter Michael Lang aus dem Regionalbüro Bad Neuenahr-Ahrweiler

Immer häufiger werden ganze Regionen von Starkregen überflutet: Wie stark, das hängt nach neuen Berechnungen auch von der Lage der Regenwolken ab.

Etwa 15 Kilometer haben einen deutlichen Unterschied bei der Ahr-Flut gemacht. Zu diesem Ergebnis kommen Hydrologen des Helmholtz-Zentrums Potsdam. Die Wissenschaftler haben berechnet, was eine Verschiebung der Starkregenwolken in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 für das Ahrtal bedeutet hätte. Und sie kommen zu dem Schluss: Der Starkregen hätte das Ahrtal teilweise noch deutlich stärker überfluten können.

Das Ergebnis sei überraschend eindeutig gewesen – zum Beispiel um den Pegel Altenahr herum, sagt der Wissenschaftler Sergiy Vorogushyn mit Blick auf seine Daten: "Bei einer Verschiebung um etwa 15 Kilometer ostwärts steigt der maximale Wasserstand durchschnittlich um 1,2 Meter."

Konkret heißt das, wären die Regenwolken noch weiter ins Ahrtal gezogen, dann wäre dort noch mehr Niederschlag gefallen und hätte die Bäche und Flüsse noch höher ansteigen lassen als es tatsächlich passiert ist. Und zwar am Pegel Altenahr um zusätzliche 120 Zentimeter.

Studie soll bei neuem Hochwasserschutz im Kreis Ahrweiler helfen

Die Studie solle voraussichtlich im Herbst veröffentlicht werden, heißt es aus Potsdam. Vor Kurzem haben die Wissenschaftler ihre Forschungsergebnisse nach eigen Angaben aber schon in der Verwaltung des Kreises Ahrweiler vorgestellt. Sie sollen möglichst bei den Planungen für den Hochwasserschutz berücksichtigt werden können. Der Kreis Ahrweiler will eine erneute Flutkatastrophe wie 2021 mit insgesamt 19 Regenrückhaltebecken in der Region verhindern. An manchen Stellen könnten die Staumauern im engen Ahrtal bis zu 40 Meter hoch werden, heißt es von den Planern.

Überflutungsgefahr gibt es nicht nur in Mittelgebirgen

Der Potsdamer Hydrologe Sergiy Vorogushyn wünscht sich, dass die neuen Berechnungen zu den Wolkenverschiebungen auf Interesse stoßen. Er hofft, dass sie die Menschen überall in Deutschland dazu bringen, über Starkregenereignisse nachzudenken, deren Ausmaß sie sich bislang eventuell noch nicht vorstellen können - und vorzusorgen. 

Einen absoluten Hochwasserschutz kann es nicht geben. Wir müssen mit dem Restrisiko leben.

Vorogushyn sagte dem SWR: "Eigentlich sollten wir uns nicht nur auf Mittelgebirge beschränken. Die Wahrscheinlichkeit von Starkniederschlägen ist in Deutschland recht homogen verteilt." Das bedeutet, Starkregenereignisse kann es eigentlich überall geben, niemand ist davor geschützt.

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Klar ist für Sergiy Vorogushyn vom Helmholtz-Zentrums Potsdam aber schon jetzt: "Einen absoluten Hochwasserschutz kann es nicht geben. Wir müssen mit dem Restrisiko leben."

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