Klimademo vor der Europawahl

Fridays for Future: "Wir müssen wieder mehr an Schulen gehen"

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Jeanette Schindler
Jeanette Schindler

Wenige Tage vor der Europawahl rief Fridays for Future am Freitag zu einem bundesweiten Klimastreik auf - auch in Mainz, Kaiserslautern und Landau. Was wollen die Klima-Aktivisten erreichen?

Sie haben sich viel vorgenommen: die Regierung zu einem radikalen Gegensteuern in der Klimapolitik bewegen, Bündnisse mit Gewerkschaften schließen und nun - kurz vor der Europawahl – will Fridays for Future (FFF) einen Rechtsruck bei den Europawahlen verhindern. Wir haben mit Henrik Eichhorn gesprochen. Er ist Sprecher von Fridays for Future Rheinland-Pfalz.

Ein Rechtsruck in der EU - das heißt auch für den Klimaschutz nichts Gutes

SWR Aktuell: In Rheinland-Pfalz sind Demos in Mainz, Landau und Kaiserslautern geplant. Was will FFF damit erreichen?

Henrik Eichhorn: Wir wollen in Bezug auf die EU-Wahlen vor allem junges Wählerpotenzial organisieren. Wir haben gesehen, dass in Deutschland in Umfrageergebnissen rechte Parteien einen Aufschwung haben. Und auch international haben rechte Parteien Wahlen gewonnen, wenn man z.B. nach Italien schaut. Und das lässt fürchten, dass wir so einen Rechtsruck auch auf EU-Ebene sehen können. Und das heißt auch für den Klimaschutz nichts Gutes.

SWR Aktuell: Welche Klimaprojekte sind für FFF in Rheinland-Pfalz besonders wichtig?

Henrik Eichhorn: Uns ist sehr, sehr wichtig, dass Rheinland-Pfalz die Ausbauziele für Erneuerbare Energien einhält, die auf nationaler Ebene festgelegt wurden. Gerade bei der Windkraft liegt Rheinland-Pfalz sehr, sehr im Hintertreffen. Und wir wollen auf jeden Fall dafür kämpfen, dass Rheinland-Pfalz mehr Tempo macht. Aber auch die kommunale Wärmeplanung ist uns sehr wichtig. Wir wollen, dass die Kommunen Hilfe an die Hand bekommen, was die Ressourcen und das Know-How angeht. So dass wir in den nächsten Jahren bei der Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien umsteigen können.

SWR Aktuell: In den vergangenen Monaten haben Aktionen der "Letzten Generation" viel mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen als die von Fridays for Future. Von manchen kam der Vorwurf, FFF sei zu brav, zu angepasst.

Henrik Eichhorn: Wir glauben, dass die Protestformen für den Klimaschutz sehr unterschiedlich sein können. Aber wir glauben auch, dass die Kontinuität, die unsere Proteste seit 2019 an den Tag legen, nach wie vor ein geeignetes Mittel sind, um die gesellschaftliche Diskussion zum Klimaschutz am Laufen zu halten. Und auch Politikerinnen und Politiker signalisiert wird, dass es viele Menschen gibt, die immer noch bereit sind, für mehr Klimaschutz auf die Straße zu gehen und dafür einzustehen.

Es ist nicht zielführend, wenn wir uns jetzt alle zur Wahl stellen.

SWR Aktuell: Die letzte Generation hat aber sich sogar als politische Vereinigung zur Europawahl gestellt. Warum macht Fridays for Future das nicht?

Henrik Eichhorn: Ja, zum Glück bietet die Demokratie viele Beteiligungsmöglichkeiten und nicht nur die Wahl von Repräsentantinnen und Repräsentanten. Aber, ich glaube, es ist wenig zielführend, wenn wir uns jetzt alle zur Wahl stellen. Stattdessen ist es auch immer gut, wenn es Menschen gibt, die den Diskurs außerhalb des Parlaments auf einer andere Art vorantreiben können.

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SWR Aktuell: Könnte Fridays for Future nicht mehr erreichen, wenn sie selbst politisch aktiv werden. Also, als gewählte Vertreter mitentscheiden könnten.

Henrik Eichhorn: Das halte ich für eine steile These. Wie gesagt, ich glaube, dass alle Aktionsformen in der Demokratie genutzt werden können. Und ich glaube, dass wir schon sehr viel bewirkt haben. Gerade was den Green Deal in Europa anbelangt. Ich glaube, da sind wir maßgeblich daran beteiligt, dass das auf die Beine gestellt wurde, aber auch das Verbrenner-Aus. Und ob das genauso schnell gegangen wäre, wenn wir uns zur Wahl gestellt und den Gang durch die Ämter gemacht hätten, bezweifle ich.

Fridays for Future hat den Green Deal und das Verbrenner-Aus maßgeblich vorangetrieben.

SWR Aktuell: FFF hat lange auf die Jugendlichen ab 16 Jahren gesetzt, die in diesem Jahr zum ersten Mal das Europaparlament wählen dürfen. Nun hat eine Umfrage kürzlich ergeben: Die AfD kommt bei den 14 bis 29-Jährigen gut an. Wie will FFF die Jugendlichen erreichen?

Henrik Eichhorn: Ich glaube, wir erreichen Jugendliche schon sehr, sehr gut. Aber natürlich kann man noch mehr machen. Ich glaube, diese Wahlumfragen sind Ausdruck davon, dass Jugendliche im öffentlichen Diskurs wenig angesprochen werden. Und wir müssen da unseren Teil leisten und Jugendliche noch mehr ansprechen. Wir müssen wieder mehr an die Schule gehen. Das sollte, glaube ich, das Ziel der nächsten Zeit sein.

SWR Aktuell: Mehr an die Orte gehen, wo Jugendliche sind, sagen Sie. War das denn bisher nicht möglich?

Henrik Eichhorn: Doch, aber durch die Corona-Maßnahmen ist das Ganze ein bisschen abgebrochen. Dabei ist Fridays For Future ja damals aus den Schulen heraus gewachsen. Und dieses Modell, was man anfangs hatte, also dass jüngere Schülerinnen und Schüler ältere Schüler sehen, wie sie zu den Demos gehen und sich das als Vorbild nehmen, das ist, glaube ich, so ein bisschen abgebrochen. Und das wieder zu etablieren, das sollte das Ziel sein.

SWR Aktuell: Zuletzt hatte sich FFF in Rheinland-Pfalz in einer Protestaktion mit den Busfahrerinnen und Busfahrern, die für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen gestritten haben, solidarisiert. Jetzt ist es die Europawahl. Ist das eine neue Strategie, Demonstrationen auf bestimmte Themen zu fokussieren?

Henrik Eichhorn: Also, die vorigen Male standen die Streiks bereits schon unter thematischen Schwerpunkten. Aber dieses Mal ist es sicherlich noch ein bisschen konkreter. Ich glaube, ganz gezielt Themen zu setzen, hilft dabei, den Ereignischarakter der Demonstrationen aufrechtzuerhalten und immer wieder zu unterstreichen, wie aktuell Klimaschutz ist.

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