Sie grinsen wieder von Laternen, Pfosten und Bäumen hinab: die Kandidatinnen und Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl in Kaiserslautern am 12. Februar. Die teils bekannten, teils unbekannten Köpfe präsentieren sich dieser Tage stadtweit auf ihren Wahlplakaten, mit Slogans von "Antreten, Anpacken, Anja" bis "Kürwitz kann's". Thomas Koch, Professor für Publizistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, hat zur Wirkung von Wahlplakaten geforscht und die OB-Wahlkampagnen mit dieser Redaktion analysiert.
Oberbürgermeister-Wahl: Professor analysiert Kaiserslauterer Wahlplakate
Manche Wählerinnen und Wähler mag die Farbgebung der Plakate überrascht haben. So sind die CDU-Plakate in Gelb und Blau gehalten. "Dass das eine CDU-Kandidatin ist, kann der Wähler gar nicht mehr erkennen. Es könnte ebensogut ein FDP-Plakat sein." Das sei nicht unüblich in einem Lokal-Wahlkampf, kommentiert der Uniprofessor. Hier setze man sich bei den Farben häufig von der eigenen Partei ab. Farblich falle besonders das Plakat des parteilosen Kandidaten Thomas Kürwitz auf, der selbst in schwarz-weiß in einen lila-türkisen Hintergrund eingebettet ist.
Noch prägnanter fällt ein anderer Aspekt auf. Ist für gute Augen das kleine weiße CDU-Logo auf gelben Grund noch zu erkennen, verzichten SPD-Kandidatin Beate Kimmel und der Grüne Tobias Wiesemann völlig auf die Nennung ihrer Partei. "Man erkennt überhaupt nicht, von welcher Partei dieses Plakat stammt. Und das ist auch gewollt so", sagt Koch mit dem Blick auf Kimmels Plakat. Die Kandidatinnen und Kandidaten versuchten sich also von der Parteizugehörigkeit zu emanzipieren.
Wahlplakate in Kaiserslautern müssen in Millisekunden wirken
Für "eher unspektakulär" hält Koch die Botschaften in diesem Wahlkampf. Die CDU mit OB-Kandidatin Anja Pfeiffer setze hier auf "klassische Wahlplakate", wie sie in jedem Wahlkampf vorkämen, erläutert der Publizistik-Professor: "Bilder im Profil – auf manchen Fotos lächelt sie natürlich – und unterlegt mit klassischen, kurzen Slogans." Die CDU Kaiserslautern hat in diesem Wahlkampf in der Stadt gleich verschiedene Plakat-Varianten angebracht: "Antreten, Anpacken, Anja", "Lautern kann das", "Eine sichere und saubere Stadt" oder "Unsere Kinder sind Lauterns Zukunft. Kitas! Schulen! Jugendtreffs!" stehen auf den schlicht gehaltenen Plakaten.
"Wahlplakate werden nur sehr kurz betrachtet, manchmal nur wenige Millisekunden, manchmal bis zu zwei Sekunden. Aber dann muss es wirken", weiß Koch. Die Intention der Kampagnen sei daher, mit "knackigen Slogans zu punkten", also mit zwei bis vier Begriffen ein Thema zu setzen und die eigene Agenda zu entwickeln. "In diesem Fall: ,Anpacken! Lautern kann das!' Das ist inhaltlich keine Tiefe, aber auf Wahlplakaten sucht man die ohnehin vergeblich." Laut Koch soll hier ein bestimmtes Attribut mit der Kandidatin verknüpft werden, nämlich, dass sie etwas "wegschaffen" könne. Wie in allen Wahlkampagnen wolle man auch hier Kompetenz vermitteln – durch einen prägnanten Slogan – und nicht zuletzt Sympathie – hier über das breite Lachen der Kandidatin.
Visuelle Aspekte der Plakate in Kaiserslautern würden überschätzt
Beide Dimensionen, Kompetenz und Sympathie, würden auch im Plakat der SPD-Kandidatin Beate Kimmel angesprochen. Und das sogar wortwörtlich: "Kompetent, menschlich, Lautrerin" lautet die kurze Botschaft auf dem grün-roten Plakat. Die Haltung der Kandidatin, leicht auf einem Tisch abgestützt, spiele dagegen keine Rolle. "Studien zeigen, dass die visuellen Komponenten völlig überschätzt werden." Welche Farbe der Blazer hat, welchen Schnitt die Klamotten haben, wie die Frisur ist, das werde nicht intensiv wahrgenommen. "Wir haben sehr präzise Studien bei TV-Duellen durchgeführt. Die zeigen: Was gesagt wird, spielt eine weitaus größere Rolle, als das, was zu sehen ist."
So wenig unterschiedlich die Slogans der Parteien auch sind, die Wahlplakate entfalteten durchaus Wirkung. Sie erregten Aufmerksamkeit, signalisierten Präsenz, und – vor allem – weckten Vertrauen in die Kandidaten. Der "Effekt der bloßen Wahrnehmung" sorge dafür, dass sich die Botschaften der Plakate setzen. "So glaube ich plötzlich, dass ich die Person besser kenne und ihr vertraue, das ist ein Irrglaube", sagt Koch. Wer ein Plakat samt Slogan immer und immer wieder lese, halte den Kandidaten letztlich wirklich für – beispielsweise – "kompetent" (Beate Kimmel, SPD), "unabhängig" (Thomas Kürwitz, parteilos) oder "zukunftsfähig" (Tobias Wiesemann, Grüne).