Die Flut im Ahrtal hat das gesamte Land bewegt. Viele Menschen aus dem Donnersbergkreis haben den Menschen im Katastrophengebiet geholfen. Daraus sind auch Freundschaften fürs Leben entstanden. Wir haben mit zwei Helfern gesprochen, die heute noch Kontakt zu Betroffenen aus dem Ahrtal halten: Eberhard Fuhr, Referatsleiter des Brand- und Katastrophenschutz im Donnersbergkreis, und Hanna Gutheil vom Fußballverein in Winnweiler.
Dossier: Leben nach der Flutkatastrophe
Beide haben dort vielen Familien geholfen. Und beide haben je zu einer Familie ein besonderes Verhältnis. Sie sehen sich mindestens einmal im Jahr und telefonieren regelmäßig.
Freundschaft mit Familie aus Ahrtal geschlossen
Als Eberhard Fuhr am dritten Tag nach der Flut in Mayschoß eine Straße entlang gefahren ist, habe er einen Mann an der Straße gesehen, der ziemlich teilnahmslos ausgesehen hat. So hat Eberhard Fuhr Dieter Coßmann kennengelernt. Im Gespräch habe sich dann herausgestellt, dass das neu gebaute Haus seines Sohnes von der Flut mitgerissen wurde. Fuhr habe sich dann darum gekümmert, dass Familie Coßmann einen Stromgenerator und einen Trinkwasserbehälter bekommt. "Von dem Tag an sind wir Freunde", sagt Fuhr.
Fußballdamen aus Winnweiler finden neue Freunde im Ahrtal
Auch die Fußballfrauen aus Winnweiler haben im Ahrtal mit angepackt. Über eine Hilfsplattform im Internet haben sie Familie Rossi aus Altenahr kennengelernt. Zu zehnt haben die Fußballdamen das Haus von Familie Rossi entkernt. Die Frau hatte Tränen in den Augen, erzählt Fußballerin Hanna Gutheil. Daraus sei eine echte Freundschaft entstanden. Vom Schicksal der Familie ist Hanna Gutheil noch immer berührt: Das Haus sei bis zum Dach voll mit Wasser gewesen, die Familie habe sich mit nichts als einem Rucksack durchs Fenster retten können. "Das will ich auch gar nicht missen, es ist eine ganz besondere Freundschaft", sagt Gutheil.
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Enge Freundschaft in den Donnersbergkreis
Seit der Katastrophe schicken sich Eberhard Fuhr und Familie Coßmann Weihnachtskarten. Außerdem habe die Familie Coßmann ihn und seine Frau zu ihrer silbernen Hochzeit eingeladen, sagt Fuhr. "Die Freundschaft bleibt bestehen", sagt er.
Familie Coßmann wohnt wieder in ihrem Haus. Sie sei fast die einzige Familie in ihrer Straße, die noch dort geblieben ist. Die meisten Nachbarn wollten nicht mehr in der Nähe des Wassers wohnen, weil sie das seelisch nicht verkraftet hätten, erzählt Fuhr. "Das sind total liebe Menschen, ich bewundere es wirklich, dass sie das durchgezogen haben", sagt er.
Kontakt in den Donnersbergkreis bleibt
Hanna Gutheil und die Frauenmannschaft aus Winnweiler haben zwei Weinwanderungen mit Familie Rossi gemacht. Und wenn Hochwasser gemeldet ist, dann ruft Gutheil bei der Familie an und erkundigt sich, wie es ihnen geht. Familie Rossi hat ihr Haus zwar wieder aufgebaut, aber sie wohnen nicht mehr dort. Sie seien inzwischen in einen anderen Ort gezogen, weil sie bei jedem Regenschauer Angst hatten, sagt Gutheil.
Bilder aus dem Ahrtal bleiben für immer
Der 64-jährige Eberhard Fuhr ist schon seit knapp 50 Jahren bei der Feuerwehr. "Ich habe ja schon alles gesehen", sagt Fuhr. Aber der Blick auf das Flutgebiet, das seien Bilder, die werde er im Leben nicht vergessen. "Das war schon ein einschneidendes Erlebnis", sagt er. Manchmal hätte er auch mitweinen können, so Fuhr. Es sei nichts mehr da gewesen, als wenn man in der Wildnis ausgesetzt worden wäre, beschreibt Fuhr die Situation.
Hanna Gutheil geht es ähnlich. Man habe intime Bereiche der Familien gesehen, zum Beispiel aus Schlafzimmern Schlamm rausgeräumt oder die Menschen weinen gesehen, sagt Gutheil. "Es war schon sehr prägend, ich kann es gar nicht so in Worte fassen", sagt sie.
Die schlimme Flutkatastrophe im Ahrtal wird die Menschen noch lange beschäftigen. Die Bilder werden nicht vergessen. Deshalb ist es umso schöner, dass Helfer und Betroffene Freunde geworden sind - und durch ihre gemeinsamen Erlebnisse miteinander verbunden bleiben.