Fragen und Antworten zur Geldnot des Krankenhauses

Was die Krise des Westpfalz-Klinikums für die Patienten bedeutet

Das Westpfalz-Klinikum mit seinen Standorten in Kaiserslautern, Kusel, Kirchheimbolanden und Rockenhausen steckt in akuter Geldnot. Aber was bedeutet das für die Patienten und wie geht es jetzt für's Klinikum weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie konnte es zu der Krise des Klinikums kommen?
Werden die Stadt Kaiserslautern sowie der Kreis Kusel und der Donnersbergkreis dem Klinikum helfen?
Gibt es keine Hilfe vom Land?
Was tut das Klinikum noch, um aus der Krise zu kommen?
Ist die Zukunft des Westpfalz-Klinikums gefährdet?
Wird das Klinikum die Kredite überhaupt zurückzahlen können?
Hatte das Westpfalz-Klinikums schon im vergangenen Jahr ein Defizit?
Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Patienten und die Mitarbeiter?
Was bedeutet das für geplante Investitionen des Westpfalz-Klinikums?
Gibt es auch Stimmen, die dem Klinikum Selbstverschulden unterstellen?
Gibt es weitere Ideen, wie dem Klinikum geholfen werden kann?

Was genau ist das Problem des Westpfalz-Klinikums?

Das Krankenhaus benötigt kurzfristig 22,5 Millionen Euro. Es hat die Stadt Kaiserslautern um einen Kredit in Höhe von neun Millionen Euro gebeten. Außerdem den Kreis Kusel um knapp vier und den Donnersbergkreis um einen Zuschuss von mehr als zwei Millionen Euro. Diese Summen wurden anhand der Anteile an der Westpfalz-Klinikum GmbH errechnet.

Laut eines Sprechers wird das Krankenhaus zudem bei Banken Kredite beantragen - in Höhe von weiteren siebeneinhalb Millionen Euro. Daniel Herper, der das Westpfalz-Klinikum bei der Sanierung juristisch berät, sagte in der Sitzung des Kreistages Donnersbergkreis, dass es hierzu eine Gesprächsrunde gab. Bis Mitte/Ende Mai müsse eine Entscheidung vorliegen.

Wie konnte es zu der Krise des Klinikums kommen?

Nach Angaben des Sprechers gibt es dafür mehrere Gründe. Schon im November des vergangenen Jahres hatte Thorsten Hemmer, der Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums, auf die schwierige Situation hingewiesen. "Uns fehlen künftig wahrscheinlich 25 Millionen Euro pro Jahr“, hatte Hemmer damals im Donnersberger Kreistag berichtet. Das bewahrheitet sich nun.

Wie der Sprecher zudem mitteilt, hat das Klinikum während der Corona-Pandemie Ausgleichszahlungen erhalten. Diese sowie Aufschläge für Corona-Patienten seien allerdings im April beziehungsweise Juni des vergangenen Jahres ausgelaufen. "Gleichzeitig haben die Corona-Fallzahlen mit stationärer Aufnahme im Westpfalz-Klinikum im Oktober 2022 ein neues Allzeithoch erreicht und lagen bis in den März 2023 hinein deutlich über dem Niveau der Jahre 2020 und 2021", berichtet der Sprecher.

Hinzu komme der Fachkräftemangel. Weil Pfleger oder Krankenschwestern fehlen, konnten rund 250 Betten nicht belegt werden. Somit habe das Krankenhaus im Jahr 2022 zirka 11.000 Patienten nicht versorgen können. Nach Angaben des Klinikums bedeute dies ein "Erlösverslust in Höhe von bis zu 43,5 Millionen Euro".

Immerhin: Hier hat sich die Situation mittlerweile etwas gebessert, wie Thorsten Hemmer in der Sitzung des Kreistages Kusel sagte: "Wir spüren im Moment, dass der Trend gestoppt ist. Wir gewinnen wieder Personal. Es wird aber eine Zeit brauchen, bis wir wieder die Situation wie vor Corna haben."

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Und nicht zuletzt sei das Vergütungssystem der Krankenhäuser gerade für kleinere Kliniken ein Problem. Das basiert auf so genannten Fallpauschalen. Demnach werden Kliniken für jede einzelne Behandlung bezahlt. So müssen möglichst viele Patienten behandelt werden, um möglichst viel Geld zu verdienen. Hat ein kleineres Haus also weniger und auch weniger lukrative Behandlungen und Operationen, bekommt es weniger Zuschüsse als die großen, renommierten Kliniken.

Werden die Stadt Kaiserslautern sowie der Kreis Kusel und der Donnersbergkreis dem Klinikum helfen?

Der Stadtrat Kaiserslautern hat bereits in seiner Sitzung in der vergangenen Woche zugestimmt, der Klinik GmbH mit einem Überbrückungskredit von neun Millionen Euro zu helfen. Oberbürgermeister Klaus Weichel (SPD) hatte in der Sitzung verdeutlicht, man müsse schnell reagieren. Monatelange Verhandlungen könnten einen großen Schaden für die Gesundheitsversorgung in der Region bedeuten. Auch der Kreistag des Donnersbergkreises und der Kreistag Kusel haben sich darauf verständigt, dem Klinikum zu helfen.

Gibt es keine Hilfe vom Land?

Wie aus Ratsunterlagen hervorgeht, hatte das Westpfalz-Klinikum auch beim Land nach einer Bürgschaft gefragt. Hierzu habe es Mitte April ein Gespräch mit Vertretern des Innenministeriums, des Gesundheitsministeriums und der Aufsichtsbehörde gegeben. Ergebnis: Das Innenministerium hat den Wunsch des Westpfalz-Klinikums abgelehnt. Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) verweist gegenüber dem SWR darauf, dass für die laufende Finanzierung der Krankenhäuser ohnehin die Bundesregierung zuständig sei. "Wir Länder haben alle zusammen an den Bund adressiert, dass es kurzfristig mehr Geld braucht", sagt Hoch.

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Das Westpfalz-Klinikum wiederum hatte schon in der Vergangenheit auf die aus seiner Sicht verbesserungswürdige Unterstützung von Seiten des Landes hingewiesen. Die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz hatte zuletzt kritisiert, dass es mit Blick auf die Reformbestrebungen der Bundesregierung im Krankenhausbereich an einer "erkennbaren flankierenden Unterstützung durch die Landesinvestitionsförderung" fehle.  

Die Krankenhäuser werden in Deutschland dual finanziert: Die Betriebskosten - also alle Kosten, die für die Behandlung von Patienten entstehen - tragen die Krankenkassen. Die Bundesländer übernehmen hingegen die Investitionskosten.

Was tut das Klinikum noch, um aus der Krise zu kommen?

Es hat einen so genannten Zwei-Phasen-Plan erstellt. Bei der ersten Phase handelt es sich um die Überbrückungsfinanzierung. In der zweiten Phase soll bis Oktober ein Sanierungskonzept erstellt werden. "Dabei wird die bislang vorliegende Mehrjahresplanung vor allem durch Restrukturierungsmaßnahmen weiterentwickelt. Im Ergebnis soll dabei ein langfristiges Konzept entwickelt und umgesetzt werden", heißt es in den Sitzungsunterlagen.

Laut des Klinik-Sprechers solle dieses Konzept Planungen bis Ende des Jahres 2026 vorsehen. Damit sollen "die Arbeitsplätze nachhaltig gesichert und die bestmögliche Patientenversorgung gewährleistet werden". Wie Westpfalz-Klinikum-Geschäftsführer Thorsten Hemmer sagt, handelt es sich dabei zudem auch um einige Digitalisierungsthemen, wie etwa eine "voll digitalisierte Patientenakte". Das große Ziel sei ein "papierloses Krankenhaus".

Ist die Zukunft des Westpfalz-Klinikums gefährdet?

Derzeit sei das Überleben des Westpfalz-Klinikums nicht akut gefährdet, betont der Sprecher. Das Krankenhaus sei weiterhin zahlungsfähig. Es seien ausreichend Gelder vorhanden sind, um die fälligen Verbindlichkeiten zu bezahlen.

Wird das Klinikum die Kredite überhaupt zurückzahlen können?

Eine Garantie könne er nicht geben, sagte Geschäftsführer Thorsten Hemmer dazu unter anderem in der Donnersberger Kreistagssitzung. Da die Patientenzahlen mittlerweile wieder gestiegen seien, habe er die Hoffnung, dass mit Hilfe des Sanierungskonzeptes und den daraus folgenden Maßnahmen das Klinikum künftig wieder wirtschaftlich betrieben werden könne. "Im Herbst wollen wir ein finalisiertes Konzept haben, dass langfristig das Unternehmen sichern wird", so Hemmer in der Sitzung des Kuseler Kreistages.

Der Standort Kusel des Westpfalz-Klinikums.
Der Standort Kusel des Westpfalz-Klinikums.

In Kusel sagten Kreistagsmitglieder, dass sie sogar mit weiteren Kreditanfragen rechnen. Der Kuseler Landrat Otto Rubly (CDU), zugleich aktuell Aufsichtsratsvorsitzender, betonte, dass nun vieles vom neuen Bundesgesetz abhänge. "Das Gesetz soll hoffentlich im Sommer beraten werden. Wie wir im September oder Oktober dastehen, weiß ich leider auch nicht. Ich kann nur eines sagen: Es wird nicht einfacher werden." Gleichzeitig warb er dafür, dem Krankenhaus zu helfen: "Wir müssen hier den Standort in Kusel sichern, wir müssen uns fürs Westpfalz-Klinikum stark machen."

Hatte das Westpfalz-Klinikums schon im vergangenen Jahr ein Defizit?

Nein. Wie Geschäftsführer Thorsten Hemmer unter anderem in der Kreistagssitzung in Kusel sagte, wurde das Geschäftsjahr 2022 mit einem Gewinn von 300.000 Euro abgeschlossen. Er betonte aber auch: "Darin enthalten sind 20 Millionen Euro Ausgleichszahlungen. Die fehlen im Jahr 2023."

Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Patienten und die Mitarbeiter?

Wie der Sprecher des Klinikums sagt, sollen Patienten wie auch Mitarbeiter nicht von der aktuellen Situation betroffen sein. Ziel sei es, mit dem Sanierungskonzept die Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern und eine "bestmögliche Patientenversorgung auch zukünftig" zu gewährleisten.

Was bedeutet das für geplante Investitionen des Westpfalz-Klinikums?

"Zum derzeitigen Zeitpunkt ist nicht geplant, bereits getroffene Investitionsentscheidungen rückgängig zu machen. Vielmehr sollen diese durch eine nachhaltige Finanzierung auf soliden Füßen stehen", heißt es von Seiten des Klinikums. So plant das Westpfalz-Klinikum unter anderem eine Erweiterung des Klinikstandorts Kirchheimbolanden. Diese umfasst auch die Verlagerung der Abteilung für Innere Medizin und der Geriatrie vom Standort Rockenhausen nach Kirchheimbolanden. Auch an der Neuplanung des Standortes Kusel solle festgehalten werden.  

Gibt es auch Stimmen, die dem Klinikum Selbstverschulden unterstellen?

Es gibt zumindest Fragen. Beispielsweise, warum nicht das Eigenkapital erhöht wird, statt um eine Überbrückungsfinanzierung zu bitten. Das Stammkapital der Westpfalz-Klinikum GmbH beträgt etwas mehr als dreieinhalb Millionen Euro (anteilig 60 Prozent Kaiserslautern, 25 Prozent Landkreis Kusel sowie 15 Prozent Donnersbergkreis).

Wie der Kuseler Landrat Otto Rubly (CDU) dem SWR sagt, habe man sich im Aufsichtsrat mit diesem Thema befasst. Es seien verschiedene Varianten besprochen worden, wie dem Krankenhaus geholfen werden kann. Letztlich habe man sich für Überbrückungskredite entschieden. "Um eine Entscheidung zum Eigenkapital zu treffen, muss zunächst das Gutachten vorliegen, und es muss auch klar sein, wie die Krankenhausreform des Bundes aussehen wird", sagt Rubly.

Kritik gibt es von den SPD-Fraktionen des Stadtrates Kaiserslautern sowie der Kreistage Kusel und Donnersbergkreis an der Kommunikation. Sie wünschen sich ein regelmäßiges Reporting.

Gibt es weitere Ideen, wie dem Klinikum geholfen werden kann?

Ja. Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch etwa hatte dem Bundesgesundheitsministern vorgeschlagen, den Krankenhäusern nochmals 5.000 Euro pro Bett als Liquiditätshilfe auszuzahlen. "Das würde zum Beispiel für das Westpfalz-Klinikum einen Betrag von mehr als sieben Millionen Euro ausmachen", so Hoch.

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