Mit ihren orangefarbenen Nagezähnen sind Nutrias inzwischen zu einem gewohnten Anblick in kleineren Flüssen oder Parkanlagen mit Seen geworden. Doch die an den heimischen Biber erinnernden Nager sind in vielen Regionen in Rheinland-Pfalz eine Plage. In der Südpfalz unterhöhlen Nutrias Uferbereiche und Wirtschaftswege, sodass Traktoren und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge einzubrechen drohen. Einmal sei das auch bereits geschehen, wie ein Mitglied des Kreisjagdverbands Südliche Weinstraße berichtet.
Nutrias in der Pfalz zum Abschuss freigegeben
Für die Landwirte in der Region doppelt ärgerlich, denn die Nutrias fressen sich auch mit Vorliebe auf den Mais- und Zuckerrübenfeldern satt. Die wirtschaftlichen Schäden sind immens. In der Verbandsgemeinde Herxheim wurde deshalb eine Sondererlaubnis zur Jagd auf die aus Südamerika stammenden Tiere erwirkt. Es ist nur ein Beispiel von vielen für den stetigen Kampf gegen die Bedrohung invasiver Tierarten.
Das rheinland-pfälzische Landesamt für Umwelt listet derzeit 32 invasive Tier- und Pflanzenarten auf, die in den vergangenen Jahren in Rheinland-Pfalz nachgewiesen wurden. Als invasiv gelten per Definition alle eingewanderten Arten, wenn deren Vorkommen sich negativ auf die Natur, die menschliche Gesundheit, die Gesundheit von Tieren oder die Landwirtschaft auswirkt. Einige davon, wie die Nutrias oder die Nilgänse sind vielen bekannt, von anderen invasiven Arten haben bislang vor allem Experten gehört.
Übrigens: Der Großteil der "neuen" Arten fügt sich nach Angaben des Landesumweltamtes problemlos in die heimischen Ökosysteme ein und gilt daher auch nicht als invasiv.
Diese invasiven Arten in Rheinland-Pfalz sind kaum bekannt:
Ochsenfrosch hat es auf heimische Kaulquappen abgesehen
Wer definitiv nicht zu den Arten gehört, die keine Probleme machen, ist der Ochsenfrosch. Die mit bis zu 20 Zentimetern riesige Froschart vernichtet geradezu heimische Amphibien, wie die Kaulquappen von Fröschen oder Kröten, die auch ursprünglich in Rheinland-Pfalz vorkamen. Sie fressen sogar Singvögel und Fische. Im Kreis Germersheim wurden bereits weit mehr als 1.000 Ochsenfrösche gefangen und getötet.
Asiatische Tigermücke kann Krankheiten übertragen
Ein weiterer unbeliebter Gast in Rheinland-Pfalz ist die Asiatische Tigermücke. Sie bedroht jedoch nicht direkt andere Tierarten, sondern die Gesundheit des Menschen. Zwar ist das Risiko, von einer Tigermücke mit dem Dengue- oder dem Chikunguna-Fieber angesteckt zu werden gering, aber dennoch warnen Experten davor, die Population klein zu halten. "Sonst haben wir ein großes Problem", so Tropenmediziner Philipp Zanger vom Landesuntersuchungsamt.
Ebenfalls neu in RLP: Japankäfer und Asiatische Hornisse
Zwei Insekten, die ebenfalls in den vergangenen Monaten als invasive Arten von sich reden gemacht haben, sind der Japankäfer und die Asiatische Hornisse. Der hungrige Käfer gilt vor allem als Bedrohung für die Landwirtschaft, weil er Bäume und Pflanzen kahl frisst. Die Asiatische Hornisse ist für den Menschen nicht gefährlicher als eine herkömmliche Hornisse. Sie ernährt sich jedoch von Wildbienen, Schmetterlingen und Libellen. Imkern bereitet die neue Hornissenart große Sorgen.
Invasive Art breitet sich aus Immer häufiger in RLP - Fünf Fakten über die asiatische Hornisse
Die asiatische Hornisse verbreitet sich immer mehr in Rheinland-Pfalz. Die invasive Art bedroht heimische Insekten, vor allem Bienen.
Nilgans-Kacke verschmutzt Parks und Schwimmbäder
"Dieses Jahr ist es mir zum ersten Mal besonders aufgefallen, dass die Kacke dieser Gänse im See schwimmt und man Slalom schwimmen muss", fasst eine Besucherin des Bliesbades in Ludwigshafen die Situation um die Nilgänse in Rheinland-Pfalz sehr prägnant zusammen. Auf großen Rasenflächen wird die Verschmutzung durch den Kot der Nilgänse zunehmend zum Ärgernis. Doch die Nilgans konkurriert auch mit anderen Vögeln um Nistplätze und Reviere und verdrängt so heimische Tierarten.
Immer mehr Waschbären werden in Rheinland-Pfalz erlegt
Gar nicht störend, sondern eher ziemlich niedlich, dürften viele wohl den Waschbär finden. Vor zehn Jahren waren es nur 200 Waschbären, die in einem Jahr in Rheinland-Pfalz erlegt wurden. 2023 hat sich diese Zahl auf fast 3.300 Tiere erhöht. Die putzig aussehenden Kleinbären breiten sich auch in Regionen wie dem Pfälzerwald immer weiter aus. Da er keine natürlichen Fressfeinde hat, verschlingt er, was er kriegen kann und bedroht somit die heimische Tierwelt.
Tiere Waschbären in Deutschland – Schützen oder schießen?
Waschbären verbreiten sich hierzulande unaufhaltsam und sind zum Abschuss freigegeben – trotz ihrer vielen Fans. Lässt sich der Waschbär in die hiesigen Ökosysteme integrieren?
Mit dem ArtenFinder dem Umweltamt helfen
Für all diese und noch einige weitere Tierarten hat das Landesumweltamt dazu aufgerufen, sie zu melden, sobald eines der Tiere oder sogar eine bislang nicht erfasste Tierart irgendwo in Rheinland-Pfalz gesehen wird. Die Dokumentation erfolgt über das Internetportal ArtenFinder. "Durch solche Fundmeldungen können wir eine fundierte Datengrundlage schaffen, um auch beurteilen zu können, ob eine Gefahr für unsere Natur besteht und gegebenenfalls Maßnahmen zur Bekämpfung zu ergreifen", heißt es aus der Behörde.
Forum Von Waschbär bis Traubenkirsche – Wie umgehen mit invasiven Arten?
Janine Schreiber diskutiert mit
Dr. Uta Eser, Umweltethikerin und Biologin
Prof. Axel Hochkirch, Biodiversitätsforscher an der Universität Trier
Dr. Andreas Kiefer, Umweltministerium Rheinland-Pfalz
Töten invasiver Arten weiterhin umstritten
Die umstrittenste dieser Maßnahmen ist vermutlich die sogenannte Populationskontrolle, also das Töten der Tiere, wie bei den Waschbären durch Bejagung. Der Deutsche Tierschutzbund fordert hingegen eine Kastration möglichst vieler Tiere oder beispielsweise bei den Nilgänsen den Austausch von Eiern. Das sei tiergerechter und nachhaltiger, da sich viele invasive Arten nach einer Tötung schnell neu ansiedeln.
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Invasive Insektenarten, wie die Gottesanbeterin, breiten sich auch in der Region Trier aus. Die meisten davon sind viel besser als ihr Ruf.
Klimawandel fördert Ausbreitung neuer Arten in RLP
Ein Blick in die Zukunft verrät: Die Einwanderung von Tierarten, die nicht in Rheinland-Pfalz heimisch sind, ist nicht plötzlich vorbei. Der Klimawandel wird nach Ansicht vieler Experten dafür sorgen, dass auch in den kommenden Jahrzehnten viele neue Tierarten hier heimisch werden. Es bleibt für unsere bestehende Tier- und Pflanzenwelt die Hoffnung, dass die meisten von ihnen eben nicht invasiv, also eine Bedrohung, sind, sondern friedlich neben den ursprünglichen "Rheinland-Pfälzern" existieren.
Transparenzhinweis:
In einer früheren Version des Artikels stand, dass die Nutrias in der Pfalz die Zuckerrohrfelder anfressen. Gemeint sind selbstverständlich Zuckerrüben. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.