Nutrias, auch Sumpfbiber oder Biberratte genannt, sind etwas kleiner als Biber, haben auffällige orangefarbene Schneidezähne und bauen ihre unterirdischen Gänge und Höhlen am liebsten an stehenden oder langsam fließenden Gewässern. Am warmen Oberrhein der Vorder- und Südpfalz fühlen sich die südamerikanischen Tiere scheinbar besonders wohl und haben sich in den vergangenen Jahren stark vermehrt, bestätigen mehrere Vorsitzende der zuständigen Kreisgruppen des Landesjagdverbandes.
Herxheim: Jäger erlegt Nutrias im Auftrag der Verbandsgemeinde
Mit kostspieligen Folgen für die Kommunen, beispielsweise in Herxheim im Kreis Südliche Weinstraße. Dort hat die Verbandsgemeinde Herxheim eine Sondererlaubnis für die Jagd auf Nutrias bewirkt, denn die aus Südamerika stammenden Tiere fallen in Rheinland-Pfalz nicht unter das Jagdrecht wie heimische Wildtiere.
Dort unterhöhlen die Nutrias im Uferbereich des Klingbachs und seines Nebenarms Panzergraben mit ihren unterirdischen Bauten Wirtschaftswege, so dass Traktoren und ihre Hänger einzubrechen drohen und das sei auch schon einmal geschehen, berichtet Klaus Walter, Vorsitzende der Kreisgruppe Südliche Weinstraße des Landesjagdverbands.
Landwirt: Erhebliche Fraßschäden an Mais und Zuckerrüben
Landwirt Peter Knoll aus Herxheim ist einer der Geschädigten. Denn die Vegetarier fressen sich mit Vorliebe auf seinen Mais- und Zuckerrübenfeldern satt. Würde der zuständige Jagpächter Oswald Mohn die Anzahl der Nutrias nicht eindämmen, käme ihn das teuer zu stehen, sagt Mohn: "Wenn er jetzt gar nichts machen würde, dann ginge der Schaden schon in die Tausende. Die Tiere werden immer mehr "und da bräuchte ich da keinen Mais mehr anzubauen oder keine Zuckerrüben."
Aber auch andere Landwirte, die in Herxheim Salat anbauen, sind vom großen Appetit der vermehrungsfreudigen Nutrias betroffen. Oder auch ein Apfelbauer. Erkennen kann Jäger Oswald Mohn das an kleinen Trampfelpfaden, die durch einen Schilf-bewachsenen Wassergraben am Klingbach führen, ganz in der Nähe einer Apfelbaum-Plantage, in der Jägersprache Nutria-Pässe genannt.
Herxheim: Nutrias werden in Lebendfallen gefangen
Jäger Mohn fängt die Nutrias vor allem in zwei sogenannten Lebendfallen, das sind etwa ein Meter lange Metallgitterkäfige, in die er Köder wie Karotten oder Apfelstücke legt. Denn um die Nutrias direkt zu erlegen, müsste er stundenlang auf seinem Hochsitz warten. Noch dazu sind die Tiere oft nachtaktiv und merken sich, wo sie schon einmal gejagd wurden und meiden dann dieses Gebiet, so Mohn.
Ein digitaler Fallenmelder meldet dem Herxheimer Jäger per Handy, sobald ein Tier in der Falle ist. "Abends um zehn oder morgens um drei, vier Uhr bekomme ich eine Information aufs Handy. Nachts ist das für die Tiere unbedenklich, dann verhalten sie sich ruhig. Ich fahre dann in der Morgendämmerung hin und dann wird das Tier durch einen Fangschuss getötet."
Jagd auf Nutrias: Naturschützer schweigen
16 Nutrias hat der Jagdpächter in Herxheim auf diese Weise seit November gefangen und erlegt. Mohn gibt sie an zwei Hundebesitzer weiter, die das Fleisch dann an ihre Vierbeiner verfüttern. Außerdem an Jäger, die es als Köder für die Jagd auf Füchse nutzen.
Naturschutzverbände in der Region haben zur Frage, was sie von der Jagd auf Nutrias halten, an ihre Landesverbände verwiesen. Doch von den angefragten Verbänden kamen bis dato keine Antworten. Nach Internetrecherchen ist die Jagd auf Nutrias per Ausnahmegenehmigung bei Naturschutzverbänden wie dem NABU Nordrhein-Westfahlen akzeptiert, der Einsatz von Lebendfallen aber umstritten. So heißt es dort: "Offene Fallen wie Drahtgitterfallen bergen erhebliche Verletzungsgefahr für das gefangene Tier, etwa bei Befreiungsversuchen. Außerdem erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit von Fehlfängen".
Nutrias: Wie es in der gesamten Pfalz aussieht
Auch im Bereich der Vorderpfalz, beispielsweise bei Römerberg-Mechtersheim und Mutterstad, im Rhein-Pfalz-Kreis beklagen die Landwirte auf ihren Feldern Fraßschäden durch Nutrias, teilt Bernhard Sona, Kreisjadmeister im Rhein-Pfalz-Kreis mit.
Im Landkreis Germersheim gibt es laut Verwaltung aktuell etwa 40 gültige Schießerlaubnisse für Nutrias, Tendenz steigend. Dabei stünden "Fraßschäden an der Unterwasser- und Ufervegetation von Gewässern und Schäden an Hochwasserschutzanlagen im Zentrum." Außerdem gebe es Schäden durch Fraß, die vor allem zur Erntezeit von Landwirten gemeldet würden.
Hintergrund zu den Nutrias
Nutrias sind vor allem ab den 1920ern bis in die 1950er Jahren hinein nach Deutschland gekommen. Und zwar über Pelztierfarmen. Als der Markt dafür zusammenbrach und zahlreiche Tiere entkamen oder ausgesetzt wurden, hat sich der Bestand der Nutrias in Europa stark vermehrt, heißt es beispielsweise auf einer Seite des Naturschutzbunds.