Der Deutschrap befindet sich im Wandel. Die Musikrichtung bricht mit alten Geschlechterrollen und eröffnet neue Horizonte für künstlerischen und gesellschaftlichen Ausdruck.
Rapmusik ist seit über 40 Jahren ein fester Bestandteil der deutschen Musikkultur. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Genre begann jedoch erst Jahrzehnte später. Die Soziologin Heidi Süß erforscht an der Uni Trier die Geschlechterrollen und Männlichkeit im Deutschrap.
Der Aufstieg von Hip-Hop in Deutschland
Anfang der 1980er Jahre tauchte in Deutschland eine neue Subkultur auf: Hip-Hop. Ursprünglich in den 1970er Jahren in der Bronx in New York entstanden, umfasst Hip-Hop Elemente wie DJing, Breakdancing, Graffiti und Rap.
Rap, als Teil dieser Kultur, ist eine Musikform, bei der Texte rhythmisch und gereimt zu Beats vorgetragen werden.
Obwohl es in Deutschland noch immer keinen eigenen Studiengang für Hip-Hop gibt, können Studierende Seminare und Kurse an verschiedenen Universitäten belegen, unter anderem an der Universität Trier.
Hip-Hop blieb lange unerforscht
Heidi Süß promovierte über Männlichkeiten im Deutschrap und begann ihre wissenschaftliche Reise eher zufällig. "Ich wusste bis zu meiner Magisterarbeit überhaupt nicht, dass es wissenschaftliche Arbeiten zu Hip-Hop gibt. Das war mir völlig neu. Ich war ja einfach nur Hip-Hop sozialisiert und habe diese Musik gehört, die ganze Zeit", erzählt sie.
Ihre Forschungsschwerpunkte entwickelten sich im Laufe ihrer Doktorarbeit, wobei sie sich auf die Themen Männlichkeit, Geschlecht und Sexualität konzentriert.
Während Hip-Hop seit Jahren eine große Rolle in der Jugendkultur spielt, ist die Forschung zu dieser Musikrichtung noch in den Startlöchern.
Lange Zeit wurde Hip-Hop - wie viele andere Aspekte der Popkultur - von der Soziologie als nicht untersuchungswürdig betrachtet. Auch Vorurteile gegenüber dem Einfluss der Black Culture trugen zur zögerlichen Forschung bei.
Es gibt mehr als nur die Rolle des Gangsterrappers
Rapmusik steht in der öffentlichen Wahrnehmung oft wegen sexistischer Texte in der Kritik. Heidi Süß betont jedoch, dass dieser Blick zu einseitig sei.
"In den letzten Jahren ist relativ viel passiert. Wir haben sehr, sehr viele unterschiedliche Entwürfe von Weiblichkeit inzwischen im Rap Mainstream. Wir haben auch eine queer-feministische Szene, die sehr stark ist und inzwischen recht sichtbar ist. Wir haben auch neue progressive, feministische, teilweise Erzählungen von Männlichkeit", sagt sie.
Rap als Spiegel der Gesellschaft
Süß sieht Rap als eine Musikform, die tief in gesellschaftlichen Strukturen verankert ist. "Alles, was im Rap passiert, hat immer mit Gesellschaft zu tun. Rap findet nicht im luftleeren Raum statt oder irgendwie auf dem Mond oder in irgendeiner abgekapselten Parallelgesellschaft. Rap ist alltäglich, weltlich, lebensweltlich, superpräsent, omnipräsent und überall in der Populärkultur zu finden. Und natürlich spiegeln sich gesamtgesellschaftliche Verhältnisse im Rap", sagt sie.
Einfluss von Rap überschätzt
Die Soziologin weist auch darauf hin, dass der Einfluss von Rapmusik auf die Hörer oft überschätzt wird. "Niemand wird zum Sexisten, weil er eine bestimmte Musik hört. Auch nicht Rap, so funktioniert Medienaneignung nicht", stellt Süß klar.
Rap und Hip-Hop seien nicht nur Musik, sondern komplexe kulturelle Phänomene, die Themen wie Gleichberechtigung und das Aufbrechen traditioneller Rollenbilder verarbeiten.