In Deutschland sind laut Statistischem Bundesamt rund 88 Prozent der Erwerbstätigen in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Sie müssen im kommenden Jahr mit deutlich höheren Kosten rechnen. Nach Schätzungen vom Oktober werden sich die Beiträge um etwa 0,8 Prozentpunkte erhöhen - auf dann rund 17 Prozent des Einkommens. Inzwischen halten die Krankenkassen sogar noch höhere Beiträge für möglich - mehr dazu unten.
Für die Versicherten und die Arbeitgeber würde das einen spürbaren Kostenanstieg bedeuten. Viele gesetzlich Versicherte denken deshalb über einen Wechsel der Krankenkasse nach, um die Kosten zu reduzieren. Was ist dabei zu beachten - und für wen lohnt sich ein Wechsel überhaupt? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
- Wie errechnet sich der Beitrag zur Krankenversicherung?
- Warum soll der Beitrag erhöht werden?
- Wie viel mehr müssen die Versicherten zahlen?
- Wie funktioniert ein Wechsel der Krankenkasse?
- Sonderkündigungsrecht bei Änderungen
- Für wen ist ein Wechsel sinnvoll?
- Ist ein Wechsel zu einer privaten Krankenkasse sinnvoll?
Wie errechnet sich der Beitrag zur Krankenversicherung?
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) finanziert sich durch Beiträge der Versicherten sowie einen jährlichen Bundeszuschuss. Derzeit liegt der allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung bei 14,6 Prozent - die je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden.
Krankenkassen müssen außerdem einen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag erheben, wenn die Einnahmen nicht zur Deckung ihrer voraussichtlichen Ausgaben ausreichen. Die Höhe dieses Zusatzbeitrags können die einzelnen Kassen selbst festlegen. Derzeit liegt er im Durchschnitt bei 1,7 Prozent, die auf den allgemeinen Beitragssatz aufgeschlagen werden.
Warum soll der Beitrag erhöht werden?
Eine Anhebung der Beiträge im kommenden Jahr war bereits seit Längerem erwartet worden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Ende August gesagt, es sei jetzt "die Phase, in der wir Geld in die Hand nehmen müssen, auch das der Beitragszahler". Nur so seien die notwendigen Strukturreformen im Gesundheitswesen zu finanzieren. Als Beispiele nannte er die Krankenhausreform, die Digitalisierung und eine bessere Vorsorgemedizin.
Die gesetzlichen Krankenkassen beklagen zudem, dass die Pauschale für Bürgergeldbezieher, die der Bund zahlt, zu niedrig sei. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben in diesem Bereich müsse dann auf alle Beitragszahler umgelegt werden. Auch halten sie es für ungerecht, dass "politische Maßnahmen" wie eine bessere Bezahlung von Pflegekräften und die Krankenhausreform allein auf die gesetzlich Versicherten abgewälzt würden.
Wie viel mehr müssen die Versicherten zahlen?
Der allgemeine Beitragsatz von 14,6 Prozent ändert sich nicht, die einzelnen Krankenkassen werden aber den Zusatzbeitrag anheben - voraussichtlich um durchschnittlich 0,8 Prozentpunkte. Diese Orientierungsmarke hat jedenfalls der sogenannte Schätzerkreis im Oktober ermittelt. Rechnerisch würde eine Erhöhung um 0,8 Prozentpunkte bei einem Einkommen von 3.000 Euro brutto im Monat zwölf Euro weniger netto bedeuten.
Inzwischen hält der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen jedoch noch höhere Zusatzbeiträge für wahrscheinlich. "Die Krankenkassen haben im kommenden Jahr einen drastischen Erhöhungsdruck", sagte Verbandschefin Doris Pfeiffer der "Augsburger Allgemeinen". Mehrere Kassen hätten bereits Beitragserhöhungen angekündigt, die über den 0,8 Prozentpunkten lägen.
Aus der Deckung gewagt haben sich etwa die Betriebskrankenkassen (BKK). Ihr Dachverband rechnet damit, dass der Zusatzbeitrag der Kassen um 0,9 bis 1,0 Prozentpunkte steigt. "Das ist ein nie dagewesener Sprung", so Vorstandschefin Anne-Kathrin Klemm in der "Bild"-Zeitung. Er sei jedoch nötig, denn "die Kassen stehen mit dem Rücken zur Wand". Trotz mehrfacher Beitragssatzerhöhungen in diesem Jahr würden die steigenden Einnahmen von der Ausgabenwelle "regelrecht weggespült".
Wie funktioniert ein Wechsel der Krankenkasse?
Angesichts der bevorstehenden Beitragserhöhungen erwägen derzeit 43 Prozent der gesetzlich Versicherten, die Krankenkasse zu wechseln. Das zeigt eine repräsentative Studie der Managementberatung Horváth unter mehr als 2.000 Bundesbürgerinnen und -bürgern. Zu einer anderen GKV zu wechseln, planen demnach 38 Prozent, fünf Prozent liebäugeln mit dem Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung.
Ein Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse sei inzwischen meistens sehr einfach, heißt es in der entsprechenden Handreichung der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Meistens erfolge der Antrag auf Mitgliedschaft über ein Online-Formular bei der neuen Krankenkasse. Eine Kündigung der alten Krankenkasse sei in der Regel nicht mehr erforderlich. "Die neue Kasse regelt alles andere", sagt Julika Unger von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz auf SWR-Anfrage.
Wer bereits zwölf Monate bei einer Krankenkasse ist, kann relativ kurzfristig wechseln - die Kündigungsfrist beträgt dann normalerweise zwei Monate zum Monatsende. Deutlich länger ist die Frist für diejenigen, die mit einem Wahltarif (etwa längeres Krankengeld oder Zahnersatz) an die Krankenkasse gebunden sind. Aber auch hier gibt es wieder Ausnahmen - so etwa bei Beitragserhöhungen.
Sonderkündigungsrecht bei Änderungen
Es gibt auch ein Sonderkündigungsrecht für Mitglieder einer Krankenkasse. Dieses gilt zum Beispiel beim Wechsel des Arbeitgebers und der Aufnahme einer Tätigkeit nach Arbeitslosigkeit - und auch bei der Erhöhung des Zusatzbeitrags.
"Wenn die Krankenkasse den Zusatzbeitrag erhöht, haben Sie ein Sonderkündigungsrecht bis zum Ende des Monats, in dem der neue Zusatzbeitrag gilt", erläutert die Verbraucherzentrale. Dann gelte für nahezu alle Versicherten die Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende.
Für wen ist ein Wechsel sinnvoll?
Ebenso wie viele Experten befürworten auch die Verbraucherzentralen grundsätzlich einen Wechsel der Krankenkasse, um Kosten zu senken. "Wir begrüßen es, wenn sich Versicherte mit dieser Frage auseinandersetzen", sagt Julika Unger. Das belebe den Wettbewerb.
Sinnvoll könne der Wechsel zu einer anderen gesetzlichen Krankenkasse vor allen für Menschen sein, die gut verdienen. Die könnten Einsparungen pro Jahr im dreistelligen Euro-Bereich erzielen.
Aber Geld sei nicht alles. Die Versicherten sollten sich vor einem möglichen Wechsel auch darüber informieren, welche Zusatzleistungen über das gesetzliche Maß hinaus angeboten werden, ob es Unterstützung bei der Arztsuche gibt oder in welcher Höhe Kosten für Gesundheitskurse übernommen werden. Auch der Service und die Kundenbetreuung seien wichtig. "Ein guter Sachbearbeiter ist oft mehr wert als das Einsparen von ein paar Euro", betont Unger.
Eine Übersicht über die aktuellen Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen bietet der Spitzenverband des Bundes der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband).
Ist ein Wechsel zu einer privaten Krankenkasse sinnvoll?
Angesicht der Kostensteigerung bei der gesetzlichen liebäugeln auch einige mit einem Wechsel zu einer privaten Krankenversicherung (PKV). Da dürfen aber nur bestimmte Personen rein - nämlich Beamte, Selbständige, Freiberufler sowie Arbeitnehmer, die ein jährliches Einkommen von mehr als 69.300 Euro brutto erzielen.
Auch hier sollten die Versicherten aber genau Vor- und Nachteile abwägen, raten Experten und Verbraucherschützer. Der Wechsel in eine private Krankenversicherung sei "eine schwerwiegende und langfristige finanzielle Entscheidung", sagt Saidi Sulilatu, der Chefredakteur des Geld-Ratgebers "Finanztip" dem SWR. Beachtet werden müsse vor allem, dass die Beiträge mit zunehmendem Alter anstiegen.
Ein Wechsel müsse aber auch deshalb gut überlegt sein, weil Versicherte nicht einfach zurück in die gesetzliche Krankenkasse wechseln könnten.
Außerdem wird 2025 nicht nur die GKV teurer. Auch der PKV-Verband rechnet zum 1. Januar mit Beitragserhöhungen: Für rund zwei Drittel aller Privatversicherten sollen die Beiträge steigen, im Schnitt um 18 Prozent.