Auch der Speyerer Bischof war anwesend

Sexueller Missbrauch: Betroffene und Kirche gedachten gemeinsam in Landau

Stand
Autor/in
Thilo Eickhoff

Die katholischen Kirchen in Deutschland haben am Samstag der Menschen, die sexuellen Missbrauch erleben mussten, gedacht. In Landau kamen dazu Kirchenmitglieder mit Betroffenen zusammen.

Es war Papst Franziskus persönlich, der angeregt hatte, jährlich einen Gebets- und Gedenktag für die Opfer sexuellen Missbrauchs zu begehen. In Deutschland ist das der 18. November.

Der Kardinal-Wetter-Platz in Landau
Der Kardinal-Wetter-Platz in Landau

Umstrittener Platz vor der Marienkirche

In Landau kamen die Kirche und die Betroffenen am Kardinal-Wetter-Platz vor der Marienkirche zusammen. Eine besondere Wahl, die viel mit dem zu tun hat, wie sich das Verhältnis zwischen Betroffenen und Kirche in Landau in diesem Jahr entwickelt hat: Dem gebürtigen Landauer Friedrich Wetter wird vorgeworfen, an der Vertuschung von sexuellem Missbrauch beteiligt gewesen zu sein. Er hat inzwischen eingeräumt, Missbrauchsfälle in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising nicht angemessen behandelt zu haben. Die Ehrenbürgerschaft seiner Heimatstadt Landau hat er im vergangenen Jahr zurückgegeben. Dass der Platz vor der Marienkirche weiterhin seinen Namen trägt, ist lange diskutiert worden - bis zu diesem Herbst.

Ausgerechnet der Wetter-Platz hat eine Annäherung herbeigeführt

Im Oktober verkündeten Pfarrer Axel Brecht und Bernd Held, der Vorsitzende des Betroffenbeirats im Bistum Speyer, gemeinsam, wie mit dem Platz verfahren werden soll: Der Name bleibt, wird aber durch ein Schild ergänzt, das auf "Verdienste und Versagen" Wetters hinweist. Die Idee kam von Bernd Held: "Wenn der Name verschwindet, verschinden auch die Taten. Und damit auch das Gedenken an die Opfer."

Bernd Held und Axel Brecht vor der Marienkirche
Axel Brecht, Pfarrer der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Landau

Dem vorausgegangen waren mehrere Treffen zwischen den Landauer Kirchenleuten und den Betroffenen. Für Pfarrer Axel war es das erste Zusammentreffen dieser Art. Er sei vorher unsicher gewesen: "Wie können Menschen, die so verletzt worden sind, eine solche Erfahrung kommunizieren? Und wie soll ich mich dazu verhalten? Soll ich mich zurücknehmen, soll ich in Verteidigungsstellung gehen?"

Bernd Held habe ihm diese Unsicherheit durch seine Offenheit schnell genommen: "Es war sehr berührend und beeindruckend. Das Schildern des eigenen Schicksals, das ist etwas sehr intimes und persönliches. Da gehört viel Mut dazu." Das habe seine Perspektive geweitet. "Das hat mir sehr geholfen, klar zu sagen: Es gibt Entscheidungen, die müssen wir als Kirche treffen und die werden nicht einfach sein."

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"Typisch" ist das erste Wort, was Bernd Held einfällt, wenn er an das erste Treffen zurückdenkt. "Wenn wir als Betroffenen mit Nicht-Betroffenen zusammentreffen, gibt es oft eine andere Erwartungshaltung. Und dann merken sie: Die kommen nicht angekrochen, das sind keine Opfer. Nein: Wir sind Menschen, wir stehen gerade, wir reden gerade. Wir wollen auch nicht einfach draufhauen, wie wollen was bewirken und konstruktiv mitarbeiten."

Bernd Held und Axel Brecht vor der Marienkirche
Bernd Held, Vorsitzender des Betroffenenbeirats im Bistum Speyer

Betroffene waren in Landau dabei

Ende Oktober haben die Betroffenen einen Gottestdienst in der Marienkirche mitgestaltet, haben in der Kirche über ihren Missbrauch gesprochen. Auch beim Gedenktag am Samstag waren sie vertreten. Das Motto lautete "Erinnerungskultur - Betroffenen Raum und Gehör geben".

Ziel ist es, das Bewusstsein für das Thema sexueller Missbrauch und sexualisierte Gewalt zu schärfen und an das Leid der Betroffenen zu erinnern, sagt Bernd Held: "Wir vom Betroffenbeirat wollen, dass so etwas nie wieder passiert." Für Pfarrer Brecht ist das, was er in diesem Jahr erlebt hat in den Gesprächen mit Bernd Held und anderen, der Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Präventionsarbeit: "Man muss den Betroffenen zuhören".

Bernd Held und Axel Brecht vor der Marienkirche
Axel Brecht und Bernd Held am Kardinal-Wetter-Platz in Landau: Hier wird der Gedenktag stattfinden.

Die Veranstaltung fand um 15:30 Uhr an der Marienkirche in Landau statt. Auch der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann war dabei und stand für Gespräche zur Verfügung.

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