Der Jahresbericht ist eine Broschüre mit 38 Seiten. Interessant ist vor allem der Bereich Aufarbeitung. Demnach hat das Bistum Trier im Jahr 2022 insgesamt 789.000 Euro an 51 Opfer sexuellen Missbrauchs gezahlt. In Anerkennung des Leids, so drückt es das Bistum aus. Dazu kommen noch 764.000 Euro an ehemalige Schüler des katholischen Internats Albertinum Gerolstein, die Opfer körperlicher, seelischer und teils auch sexueller Gewalt waren.
Wie das Bistum Kinder besser schützen will
In dem Rechenschaftsbericht geht es darum, was das Bistum unternommen hat, um Kinder besser vor Gewalt und sexuellem Missbrauch durch Priester zu schützen. Jede Pfarrei soll ein eigenes Schutzkonzept aufstellen. Von den 748 Pfarreien im Bistum Trier hatten aber bis Ende 2022 erst 175 ein solches Konzept vorgelegt. Dazu gehört die Pfarreiengemeinschaft Hillesheim in der Eifel. Die anderen Pfarreien arbeiten noch daran, sagte das Bistum.
Was unternimmt das Bistum bei aktuellen Missbrauchsfällen?
Auch im Jahr 2022 haben sich 29 Menschen, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, erstmals beim Bistum gemeldet. 16 Menschen beschuldigen noch lebende Priester oder Pfarrangestellte, 13 beschuldigen schon verstorbene Priester. Es waren auch drei Missbrauchsfälle dabei, die in den vergangenen drei Jahren passiert sind. Sechs Fälle wurden an die Staatsanwaltschaft gegeben. Bei schon laufenden Verfahren gegen Priester wurden zwei Beschuldigte aus dem Priesteramt entlassen.
Opfer haben kein Vertrauen in die Kirche
Bischof Stephan Ackermann will künftig jährlich einen Rechenschaftsbericht zum Thema Missbrauch vorlegen. Dies kündigte er im Januar an - nur wenige Wochen, nachdem eine Studie zu Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs durch Priester in der Amtszeit des verstorbenen Trierer Bischofs Bernhard Stein veröffentlicht wurde. Stein war von 1967 bis 1981 Bischof von Trier.
Dezember 2022: Studie belastet früheren Bischof Stein
Die Studie der Universität Trier war im Dezember 2022 vorgestellt worden. Sie wies nach, dass Bischof Stein sexuellen Missbrauch durch Priester deckte, die Täter schützte und sich um die Opfer nicht kümmerte.
200 Fälle von sexuellem Missbrauch aus dieser Zeit wurden nachgewiesen, 81 Priester als Täter belegt. Die Studie sprach von systemischem Versagen und forderte die aktuelle Bistumsleitung auf, zu handeln. Der Trierer Bischof Ackermann sagte bei der Vorstellung des Rechenschaftsberichts: "Wir erleben, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche massiv in Frage gestellt ist, dass Menschen Misstrauen haben."
Neuer Bericht wird heute vorgestellt Früherer Trierer Bischof Stein soll Missbrauch vertuscht haben
Der Fachbereich Geschichte der Universität Trier stellt heute seinen Bericht zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Amtszeit von Bischof Stein 1967 bis 1981 vor.
Der jetzt vorgelegte Rechenschaftsbericht wirbt auch um Vertrauen. Das Bistum Trier wolle zeigen, was es unternimmt, um sexuellen Missbrauch zu verhindern und dass es auch einschreite, wenn Fälle vorkämen. Doch Bischof Ackermann sagte auch, dass man Vertrauen nicht einfach so bekomme, sondern dass es von Ergebnissen abhänge. Er sagte, er hoffe, dass mehr Betroffene von sexuellem Missbrauch sich melden, man werde ihnen zuhören.
Kritik: Beitrag der Betroffenen nicht genug gewürdigt
Im Mai 2022 hatte der Verein von Opfern sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier, (MissBiT) eine eigene Studie zu sexuellem Missbrauch im Bistum Trier vorgelegt. Die Studie der Universität Trier zu Bischof Stein belegte die von MissBiT offengelegten Fakten. Die unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Trier forderte eine schnellere Akteneinsicht für Betroffene und mehr Transparenz bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs. Der Rechenschaftsbericht für das Jahr 2022 ist auch eine Reaktion darauf. Doch Missbrauchsopfer sehen in dem Bericht auch Lücken.
Der Verein MissBiT kritisiert, dass der Beitrag Betroffener in dem Rechenschaftsbericht des Bistums kaum erwähnt ist. "Wir haben sehr viel an Aufarbeitung beigetragen", sagt Hermann Schell von MissBiT. Bischof Ackermann habe sich selbst und seine Verantwortung zu sehr aus dem Rechenschaftsbericht herausgehalten.
2022 tritt Ackermann als Missbrauchsbeauftragter zurück
2022 war auch das Jahr, in dem Bischof Ackermann vom Amt des Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz zurücktrat. Dazu steht nichts in dem Rechenschaftsbericht. Zwölf Jahre lang - seit 2010 - hatte er das Amt innegehabt. Sein Nachfolger ist der Aachener Bischof Helmut Dieser. Ackermann sagte, er habe als Missbrauchsbeauftragter auch Fehler gemacht.
Der Fall Karin Weissenfels
Zu den Fehlern Ackermanns gehörte, den echten Namen eines Missbrauchsopfers in einer Konferenz mit Bistumsmitarbeitern öffentlich zu nennen. Der Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz sagte daraufhin, Ackermann sei als Missbrauchsbeauftragter nicht mehr tragbar. Ackermann ist wegen der Namensnennung des Missbrauchsopfers inzwischen zu einer Schmerzensgeldzahlung verurteilt worden. Auch das steht nicht im Rechenschaftsbericht.
Verfahren am Arbeitsgericht Trier Urteil: Bischof Ackermann muss Schmerzensgeld zahlen
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann muss einer Mitarbeiterin des Bistums 20.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das hat das Arbeitsgericht Trier heute entschieden.
Bischof will 2024 neuen Rechenschaftsbericht vorlegen
Den nächsten Rechenschaftsbericht für das Jahr 2023 will das Bistum Trier im ersten Halbjahr 2024 vorlegen. Eine Sprecherin des Bistums sagte, man hoffe, dass man durch die jährlichen Rechenschaftsberichte einen besseren Überblick über die Entwicklung bekomme. Zum Beispiel darüber, wie viele Betroffene sich erstmals melden. Man hoffe, dass Opfer sexuellen Missbrauchs sich zeitnah nach der Tat melden und nicht aus Angst jahrzehntelang schweigen.
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