"Dass das geklappt hat, da atmen wir heute noch tief durch“, sagte Schuster. Er stellte aber klar, dass das BBK für die Warnmeldungen an sich nicht verantwortlich sei. Die Behörde stelle nur das Warnsystem bereit. Das sei nach der Flutkatastrophe vielfach nicht so verstanden worden. Das BBK sei auch nicht die oberste Katastrophenschutzbehörde in Deutschland, wie viele Menschen im Land vermuteten, so Schuster: "Wir können nur auf Anforderung Hilfe bereitstellen.“
BBK: Aus Kreis Ahrweiler gingen in der Flutnacht keine Meldungen ein
Die Leiterin der Abteilung Krisenmanagement, Miriam Haritz, hatte zuvor schon im Ausschuss erklärt, das Bundesamt veröffentliche nur Warnungen, die die Behörden vor Ort an das BBK übermittelten. Warnungen etwa vor Starkregen oder Überschwemmungen würden dann über Radio, Fernsehen oder die App NINA verbreitet. Auch die Inhalte der Warnungen legten die Absender allein fest. "Wir stellen nur den Kanal und gehen davon aus, dass vor Ort Meldungen erstellt werden“, so Haritz. Dort müsste auch über Evakuierungen entschieden werden, das Bundesamt sei dazu nicht befugt.
Vom Landkreis Ahrweiler sind ihren Angaben nach in der Flutnacht keine Meldungen beim BBK eingegangen. Meldungen, die der Kreis über das eigenständige System Katwarn abgesetzt habe, hätten eigentlich automatisch an das BKK weitergeleitet werden müssen. Das sei aber nicht geschehen, berichtete Haritz. Die automatische Weiterleitung könne vom Absender abgeschaltet werden. Was genau im Katwarn-System geschehen sei, könne sie aber nicht sagen.
Schuster empfiehlt Mix aus verschiedenen Warnsystemen
Schuster ergänzte dazu, Katwarn habe auf Anfrage einen technischen Fehler in der Flutnacht eingeräumt, ohne Details zu nennen. Da es sich um ein Privatunternehmen handele, könne das BBK in diesem Fall keine eigenen Untersuchungen anstellen. "Wir gehen davon aus, dass der Fehler bei Katwarn behoben ist“, so der BBK-Präsident. Schuster empfiehlt den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch den Behörden vor Ort, am besten alle verfügbaren Apps und Warnmöglichkeiten zu nutzen. Er bevorzuge einen Mix, zum dem auch moderne Sirenen gehörten.
Viel Kritik an Bundesbehörde nach der Flutkatastrophe
Die Bundesbehörde mit Sitz in Bonn musste nach der Flutkatastrophe viel Kritik einstecken. Für Unverständnis sorgte vor allem BBK-Präsident Schuster. Der hatte zunächst behauptet, das Warnsystem der Behörde habe in jedem einzelnen Fall funktioniert. 150 Warnmeldungen seien rausgeschickt worden, etwa an Fernseh- und Radiostationen sowie an die Warnapps NINA und Katwarn. Nicht die Warninfrastruktur sei das Problem gewesen, sondern die Frage, wie sensibel Behörden, aber auch die Bevölkerung in den Flutgebieten auf die Warnungen reagiert hätten.
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Bevölkerungsschutz-Behörde räumt Fehler ein
Erst später gab Schuster zu, dass die Warnungen vor Überschwemmungen nicht optimal gelaufen seien. Im besonders schlimm betroffenen Landkreis Ahrweiler etwa gab es keine einzige Warnmeldung über die NINA-App, vor oder während der Flut. Unter anderem wegen fehlender oder in der Flutnacht zerstörter Sirenenanlagen und dem Ausfall von Mobilfunknetzen kamen viele Warnungen nicht bei den Betroffenen an. Schuster hat angekündigt, das Warnsystem verbessern zu wollen.
Pföhler machte keine Krisenmanagement-Fortbildung
Ebenfalls in der Kritik steht der ehemalige Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler. Pföhler war von 2000 bis 2021 Landrat des Kreises. Er war im Oktober in den Ruhestand versetzt worden. Gegen ihn wird unter anderem wegen womöglich zu später Warnungen und Evakuierungen ermittelt. Pföhler nahm bis 2021 nicht an einer Fortbildung an der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung teil, wie der Leitende Regierungsdirektor der Einrichtung, Thomas Mitschke, am Freitag im U-Ausschuss berichtete.
Die Bundesakademie hat ihren Sitz in der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. Aus der Leitstelle Koblenz habe von 2015 bis 2021 auch niemand an einer Fortbildung seiner Akademie teilgenommen, sagte Mitschke. Die Fortbildungen seien nicht verpflichtend. Sie richteten sich vor allem an die Kreisebenen. Dabei würden ganz unterschiedliche Krisenszenarien je nach Risikopotenzial einer Region geübt. Ein Ahr-Hochwasser sei nicht angefragt gewesen, sagte Mitschke.
U-Ausschuss zur Flut befragt Sachverständige Kachelmann: "Es war genug Zeit für Evakuierungen"
Das Ausmaß der bevorstehenden Flutkatastrophe im Ahrtal hätte den zuständigen Behörden rechtzeitig klar sein müssen. Das haben im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags mehrere Wetter-Experten deutlich gemacht, darunter auch Jörg Kachelmann.
Wetterexperten: "Ausmaß der Katastrophe war absehbar"
Verschiedene Metereologen hatten bei ihren Befragungen vor dem Untersuchungsausschuss deutlich gemacht, dass ihrer Einschätzung nach am 14. Juli noch genug Zeit gewesen wäre, die betroffenen Regionen im Ahrtal rechtzeitig zu evakuieren. Den zuständigen Behörden hätte zudem das Ausmaß der bevorstehenden Flutkatastrophe aufgrund der vorliegenden Warnungen rechtzeitig klar sein müssen.
Der Untersuchungsausschuss will die Ereignisse der Flutnacht im Juli möglichst detailgenau nachzeichnen. Warum sind die Menschen im Ahrtal nicht rechtzeitig vor der Flut gewarnt worden? Hätten die vielen Todesfälle verhindert werden können? Die Flutkatastrophe hatte in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 für verheerende Zerstörungen gesorgt, 135 Menschen starben alleine in Rheinland-Pfalz.