Antisemitismus und damit verbundene politische Straftaten nehmen in Rheinland-Pfalz nach den Worten von Innenminister Michael Ebling (SPD) und dem Chef des Landeskriminalamts, Mario Germano, weiter zu. Zu antisemitischen Straftaten aus dem rechtsextremistischen Milieu seien seit dem Angriff der Hamas auf Israel im vergangenen Oktober Straftaten aus "sämtlichen anderen extremistischen Milieus" gekommen, so Germano bei einer Fachtagung am Dienstag in Mainz.
Ebling: "Zunehmende Gewaltbereitschaft in RLP"
Bei der Tagung geht es um Entwicklungen, Gefahren und Herausforderungen des Antisemitismus. Minister Ebling sagte: "Wir nehmen Antisemitismus zunehmend wahr". Im Alltag könne er mit Vorurteilen, nebulösen Andeutungen oder schlimmen Witzen über Juden beginnen, aber es gebe auch eine zunehmende Gewaltbereitschaft." Am Ende ist Deutschland nur vollkommen, wenn wir es auch vollkommen und willkommen machen für Menschen jüdischen Glaubens", betonte der Minister.
Verfassungsschutzbericht 2023 Ebling: Bedrohung durch Extremisten in RLP hat neue Qualität
Auch in Rheinland-Pfalz bedrohen Extremisten zunehmend die Demokratie. Davor warnte Innenminister Michael Ebling (SPD) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2023.
Aufklärungsquote antisemitischer Straftaten in RLP ist hoch
Die Polizei hatte in Rheinland-Pfalz nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel bis Anfang Februar 77 antisemitische Straftaten registriert, die im Zusammenhang mit dem Überfall standen. Dabei ging es vor allem um Sachbeschädigung und Volksverhetzung. Im gesamten Jahr 2023 waren 171 antisemitische Straftaten registriert worden, im Vorjahr waren es den Angaben zufolge 46.
Viele Straftaten würden aufgeklärt, sagte Germano. Die Aufklärungsquote liege bei rund 77 Prozent und das sei sehr hoch. Insbesondere die Hasskriminalität im Internet - auch über große Plattformen wie X und Tiktok - bereite ihm aber große Sorgen. Ebling sagte, man könne Antisemitismus konsequent bekämpfen. Alle hätten die Möglichkeit, bei der Arbeit und im privaten Leben auch ein "Stoppschild zu zeigen", wenn eine Grenze erreicht sei, die Menschen jüdischen Glaubens verletzte.
Gegen rechtsextremistische Straftaten: Polizei baut Prävention aus
"Wenn man merkt, dass Israelkritik abgleitet in offenen Antisemitismus", sei Zivilcourage gefordert, ergänzte Germano. Antisemitische Straftaten müssten angezeigt werden. "Wir haben einen sehr, sehr großen Bedarf, jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz zu schützen", so Germano. Die Polizei habe daher neben dem Schutz auch die Prävention ausgebaut: Jüdische Einrichtungen würden mit Blick auf den Objektschutz intensiv beraten und die Präventionsarbeit an Schulen und die Sensibilisierung der Bevölkerung ausgebaut.
Jüdische Gemeinden: "Dem Antisemitismus mehr entgegen setzen"
Der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden, Avadislav Avadiev, sagte: "Die Demokratie braucht uns jetzt." Sie müsse sich verteidigen können. "Wir können sie nicht einfach den Dschihadisten überlassen", so Avadiev. Es werde sehr wenig getan, Menschen, die den Antisemitismus aus israelfeindlichen Ländern nach Deutschland importierten, und den Juden und dem Rechtsstaat etwas antun wollten, etwas entgegenzusetzen. Die größte Gefahr seien Einzeltäter. Avadiev warnte aber auch: "Wir dürfen niemals Hamas-Terroristen und Dschihadisten mit unserer muslimischen Bevölkerung vergleichen."
Forderung nach Gegenkampagne im Internet
Der Extremismusforscher, Autor und Psychologe Ahmad Mansour fordert angesichts der Zunahme antisemitischer Straftaten eine demokratische Gegenkampagne im Internet. Propaganda, Hasskommentare, Bilder und Videos, bei denen es um Antisemitismus, Hass auf Israel und die Verharmlosung des Islamismus gehe, seien in einer riesigen Kampagne in großen Mengen im Internet zu finden, sagte Mansour bei der Fachtagung.