Taiwan-Konflikt: Ist die deutsche Wirtschaft in Gefahr?

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Autor/in
Andreas Böhnisch

China sagt, "Taiwan ist unser Staatsgebiet" und unterstreicht das immer wieder - mit Drohungen und auch mit Militärmanövern in unmittelbarer Nähe der Insel. Das ist auch ein Thema beim Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock in China. Sie hat gestern betont, wie wichtig eine Deeskalation sei, auch mit Blick auf die deutsche und die weltweite Wirtschaft. Welche Auswirkungen ein Angriff auf Taiwan hätte, sagt Alexander Sandkamp, Juniorprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Kiel im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch.

SWR: Was wäre, wenn China Taiwan wirklich angreifen würde? Würde dann der weltweite Chipmarkt zusammenbrechen?

Alexander Sandkamp: Von einem Zusammenbruch würde ich jetzt noch nicht unbedingt sprechen, weil es eben ja auch noch andere Produzenten von Chips von Halbleitern gibt, zum Beispiel die USA, Japan oder auch Südkorea. Aber es gibt ja sehr unterschiedliche Typen von Halbleitern, von Chips. Da wird es dann zum Teil sicherlich zu Engpässen kommen, und demzufolge auch zu höheren Preisen.

SWR: Wir hätten also weniger Smartphones, vielleicht weniger Laptops, und die deutsche Autoindustrie musste die Produktion einstellen. Hunderttausende wären arbeitslos oder in Kurzarbeit?

Sandkamp: Ganz so weit würde ich, glaube ich, nicht gehen. Aber wie gesagt: Es wird eben alles teurer. Man wird dann priorisieren müssen, was man mit den verbliebenen Chips macht.

SWR: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat ja gezeigt, dass es sehr wohl möglich ist, sich umzuorientieren. Wie ist das ganz konkret bei Chip und Halbleiter Importen? Falls China Taiwan annektiert, könnten wir uns auch schnell umorientieren auf andere Länder?

Sandkamp: Schnell wird sicherlich schwierig. Wir haben schon gesagt,  sowohl Taiwan als auch China sind wichtige Produzenten bei Halbleitern. Das heißt: Ja, wir können uns umorientieren. Aber es wird sicherlich Probleme geben bei bestimmten Typen, und es wird kurzfristig teurer werden. Bei bestimmten Typen von Mikrochips bezieht Deutschland tatsächlich über 50 Prozent aus Taiwan. Insofern würde das kurzfristig schwierig werden.

SWR: Die Chipproduktion in Europa soll angekurbelt werden. Dafür sollen 43 Milliarden Euro mobilisiert werden. Reicht das aus?

Sandkamp: Man muss da nicht nur ans Geld denken, sondern man muss schauen, dass man auch die gesamte Lieferkette mitdenkt. Es ist eben das eine, dann die Fabriken hierzulande aufzubauen. Aber wir müssen dann eben auch schauen: Wo kriegen wir die Rohstoffe her? Und auch da ist China dominierend. Beim Silizium kommen 62 Prozent der weltweiten Förderung aus China, das heißt, auch darum müssen wir uns definitiv kümmern.

SWR: Nun reden wir die ganze Zeit vor dem Hintergrund, dass China vielleicht Taiwan angreifen könnte. Nun braucht aber die chinesische Wirtschaft natürlich auch Halbleiter aus Taiwan. Könnte das dem Land einen gewissen Schutz vor einem Angriff Chinas geben?

Sandkamp: Eventuell. Ein Punkt ist, dass China auch selbst Halbleiter produziert. Zum Beispiel hat TSMC, ein großer taiwanesischer Fabrikant, auch eine Fabrik in China. Das spricht also er gegen den Schutz - weil China seine eigenen Halbleiter hat. Auf der anderen Seite gibt es eben sehr unterschiedliche Chips. Da gibt sicherlich einige, die eben nur aus Taiwan kommen. Bedeutender wäre vermutlich, wie die Chinesen selbst die Erfolgsaussichten eines solchen Angriffs einschätzen würden - also wie schnell es geht, und ob sie all diese Fabriken ohne Schäden übernehmen können. Das ist wahrscheinlich sehr viel entscheidender.

SWR: Lassen Sie uns noch zum Abschluss auf einen weiteren Punkt eines möglichen chinesischen Angriffs auf Taiwan schauen. Ein solches militärisches Vorgehen hätte sicherlich zur Folge, dass der Westen Wirtschaftssanktionen gegen China verhängen würde. Deutschland ist wirtschaftlich stark abhängig vom Handel mit China. Was würden massive Sanktionen gegen China für unsere Wirtschaft bedeuten?

Sandkamp: Die gesamtwirtschaftliche Abhängigkeit Deutschlands von China ist tatsächlich überschaubar. Aber bei einigen Produkten sind wir sehr stark auf China angewiesen. Um mal ein paar Beispiele zu nennen:  80 Prozent unserer Laptops kommen aus China, 70 Prozent der Handys und auch 75 Prozent der Photovoltaikzellen, die wir auf unser Dach packen. Und das Gleiche gilt also für viele Rohstoffe, die wir brauchen, um unsere Energiewende voranzutreiben. Silizium habe ich schon genannt, aber auch seltene Erden, die brauchen wir zum Beispiel für Windräder und Elektromotoren. Das heißt also, unsere Energiewende würde vermutlich zumindest kurzfristig ins Stocken geraten, wenn wir nichts mehr aus China bekommen.

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