Schneller einen Termin beim Arzt zu bekommen, das ist einer der Vorteile der privaten Krankenversicherung (PKV) - und auch, dass die am Anfang eines Berufslebens billiger sein kann als die gesetzliche Versicherung. Privat versichern können sich Beamte, Selbstständige, Studierende - und auch Angestellte, die über 66.600 Euro brutto im Jahr verdienen. Für viele wird die PKV aber zur Kostenfalle, weil die Beiträge steigen und steigen. Von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren ist nicht einfach. Wem das wie gelingen kann, erklärt Saidi Sulilatu vom Geldratgeber "Finanztip" im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch.
SWR Aktuell: Angestellte, die mehr als 66.600 Euro brutto im Jahr verdienen, können sich privat versichern. Was können die tun, um wieder zurück in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen?
Sulilatu: Solche Angestellte, die eben über oberhalb dieser Entgeltgrenze von 66.600 für 2023 liegen, müssen ihr Bruttoeinkommen irgendwie unter diese Grenze drücken. Da gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Man kann versuchen, über Teilzeit oder ein Sabbatical zeitweise weniger zu verdienen. Das reicht schon, wenn ich das über eine gewisse Zeit mache. Auch eine Brückenteilzeit kommt dann in Frage, wo ich mein Einkommen entsprechend senke. Dann kann ich direkt einen Antrag stellen, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzugehen. Und eine andere Möglichkeit ist, wenn ich relativ nah an dieser Grenze, zum Beispiel immer um die 70.000 brutto liege, dass ich eine betriebliche Altersvorsorge mache oder die deutlich aufstocke. Dann kann ich ganz grob 3.500 Euro sozialabgabenfrei in die betriebliche Altersvorsorge einzahlen und damit auch mein sozialversicherungspflichtiges Bruttoeinkommen drücken. Auch das würde reichen, um dann in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzukehren.
SWR Aktuell: Schauen wir jetzt auf Selbständige. Welche Möglichkeiten haben die, von der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen?
Sulilatu: Für Selbständige ist es schon deutlich schwieriger. Da muss auch das Einkommen in vielen Fällen deutlich runter. Die einfachste Möglichkeit ist, sich im Hauptberuf anstellen zu lassen. Das heißt, tatsächlich wieder in ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis zu gehen. Das muss dann auch ein - in Anführungszeichen - „ordentlicher Job“ sein, hier reicht ein Minijob nicht aus. Ich kann dann meine Selbstständigkeit trotzdem noch im Nebenberuf nebenher durchführen. Natürlich muss dann mein Einkommen schwerpunktmäßig aus dem Anstellungsjob kommen. Und die radikalere Möglichkeit ist tatsächlich, das Geschäft komplett aufzugeben und bei meinem Ehepartner in die Familienversicherung zu geben. Da muss mein Einkommen herunter auf das Niveau von einem Minijob. Und dann kann ich beitragsfrei in die Familienversicherung meines Ehepartners oder meiner Ehepartnerin gehen. Voraussetzung ist natürlich, dass diejenige oder derjenige in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
SWR Aktuell: Diese Kniffe gelten nur für Menschen unter 55 Jahren. Hat, wer älter ist, trotzdem noch eine Möglichkeit, wieder zurück in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen?
Sulilatu: Für Menschen über 55 ist es tatsächlich sehr schwierig. Man hat eben diese Regel eingeführt, um zu verhindern, dass Leute sehr lange von den vermeintlichen und auch tatsächlichen Vorteilen der privaten Krankenversicherung profitieren - und dann im Alter in die gesetzliche zurückkehren. Man muss praktisch vor 55 de facto zweieinhalb Jahre in den letzten fünf Jahren in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert gewesen sein. Das ist ein sehr seltener Fall. Und eigentlich besteht nur die Möglichkeit über die Familienversicherung. Das heißt, dass ich auch da mein Einkommen auf ein Minijob-Niveau runterdrücke und dann bei meinem Partner in die gesetzliche Krankenversicherung gehe. Das ist bei wenigen der Fall. Viele verdienen ja gut, entweder als Angestellter oder Selbstständige. Das heißt, da ist es schon sehr schwierig, über zu 55 in die Gesetzliche zurückzukehren.
SWR Aktuell: Wer jetzt also in der privaten Krankenversicherung bleiben muss, welche Möglichkeiten hat der, die gerade im Alter steigenden Beitragssätze zu senken?
Sulilatu: Das ist eine sehr wichtige Frage. Denn ich glaube, dass viele Privatversicherte diese Rückkehr in die Gesetzliche fast schon aus Panik machen, weil sie eben keinen anderen Ausweg sehen. Dabei gibt es durchaus Möglichkeiten, in der Privaten zu bleiben und den Beitrag zu senken. Ich kann zum Beispiel schauen: Habe ich irgendwelche Sonderzuschläge in meiner privaten Krankenversicherung drin, zum Beispiel Risikozuschläge? Vielleicht hat sich mein Gesundheitszustand ja sogar verbessert - dann können die rausfallen. Ich kann insbesondere bei meinem Versicherer nachprüfen lassen, ob ich nicht in einen anderen Tarif wechseln kann. Das ist kostenlos, das muss mir mein Versicherer auch anbieten - und auch einen Vergleich zwischen dem neuen und dem alten Tarif machen. Das kann schon in vielen Fällen deutlich helfen. Und dann gibt es immer noch Notlösungen. Es gibt in der privaten Krankenversicherung sowohl den Standardtarif als auch den „Basistarif“, der deutlich eingeschränkte Leistungen anbietet, aber halt eben auch vom Beitrag her in vielen Fällen deutlich günstiger sind. Wenn ich aufgrund meiner privaten Krankenversicherung in einer finanziellen Notlage bin, was ja durchaus ihm vorkommen kann, sind das durchaus Optionen, die man prüfen sollte.