Festnahme russischer Spione: Nur "Spitze des Eisbergs"

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Stefan Eich
Stefan Eich steht im Gang eines SWR-Gebäudes.
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In Bayern werden zwei mutmaßliche russische Spione festgenommen. Der Historiker Florian Schimikowski geht davon aus, dass das nur die "Spitze des Eisbergs" ist.

Sie sollen Sabotageaktionen in Deutschland geplant haben. Deshalb sind in Bayreuth zwei Männer unter dem Verdacht der Spionage für Russland festgenommen worden.

Festnahme russischer Spione ist ein Erfolg

"Man muss davon ausgehen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist", sagt Florian Schimikowski, Historiker und Sammlungsleiter beim Deutschen Spionagemuseum in Berlin, im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Stefan Eich. Trotzdem sei es ein Erfolg, "dass man diese Agenten erwischt hat".

Spionagetätigkeiten gehen im Krieg immer hoch.

Geheimdienste würden allerdings immer von einem "Worst-Case-Szenario" ausgehen. Das gelte vor allem für Zeiten des Krieges. Russland befinde sich im Krieg. Da sei es "ganz normal - auch historisch gesehen", dass die Führung in Moskau die Aktivitäten in den anderen Ländern verstärkt beobachte.

Spionage läuft nicht nur online ab

Spionage im 21. Jahrhundert laufe anders ab als noch zu Zeiten des Kalten Kriegs, ergänzt der Historiker. Die Möglichkeiten der Digitalisierung vereinfachten es den Geheimdiensten, Informationen über Städte, Infrastruktur und Institutionen zu sammeln.

"Das ersetzt allerdings nicht den menschlichen Agenten." Sabotageaktionen erforderten beides. Informationen würden online ausgespäht, dann seien die Agenten vor Ort im Einsatz. "Es gibt nicht das Super-Tool. Es ist immer eine Kombination von alten und neuen Techniken."

Wie Spionage zur Deeskalation beiträgt

Im aktuellen Spionagefall sollen die beiden festgenommenen Deutsch-Russen Anschlagsziele mit Blick auf die Militärhilfe für die Ukraine ausgekundschaftet haben. Laut Bundesanwaltschaft in Karlsruhe waren darunter Einrichtungen der US-Streitkräfte. Doch es gebe auch Beispiele von "guter Spionage".

Spionage ist nicht nur böse und hinterhältig.

Dazu gehöre das Auskundschaften der europaweiten NATO-Kommandostabsübung "Able Archer 83", mit der das Verteidigungsbündnis vom 7. bis 11. November 1983 einen Atomkrieg simulierte. Die Sowjetunion sei zunächst von einem realen Angriffsszenario ausgegangen.

Doch ein Agent der DDR-Auslandsspionage, der in die NATO-Strukturen eingeschleust worden war, meldete, dass es sich nur um ein Manöver handele. "Es gibt also Geheimdienstaktionen, die wertvoll sind und zu einer Deeskalation beitragen", sagt der Historiker.

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