Nicht nur aus der Opposition hagelt es Kritik an der Migrationspolitik der Ampelregierung. Auch die Jugendorganisation der Grünen hält die geplanten Schritte für falsch und geht mit der eigenen Partei ins Gericht.
Der Co-Chef der Grünen Jugend Timon Dzienus hat das von der Bundesregierung angekündigte Migrationspaket als hart und unmenschlich bezeichnet. Es fuße darauf, dass Menschen entrechtet würden, sagt Dzienus im SWR Interview der Woche. Nach seiner Einschätzung will der Bundeskanzler mit diesen Schritten den Erfolg der AfD ausbremsen. "Das halte ich für den völlig falschen Weg, die völlig falsche Antwort und für eine gefährliche Antwort, weil es den Diskurs immer weiter nach rechts verschiebt", so der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation der Grünen. Die Ampel-Koalition möchte zum Beispiel Abschiebungen erleichtern, aber auch Flüchtlingen mit Bleibeperspektive ermöglichen, dass sie schneller in Deutschland arbeiten dürfen. Dzienus ruft die Bundesregierung auf, beim Thema Migration in größeren Bahnen zu denken. "Wir diskutieren ständig Maßnahmen, die offensichtlich keinen nennenswert großen Beitrag in der Steuerung von Migration leisten können." Als Beispiel nennt Dzienus die Debatte um Sach- statt Geldleistungen für Asylsuchende. "Kein Mensch aus dieser Welt wird sich davon abhalten lassen, fliehen zu müssen, weil er Sachleistungen bekommt anstatt Bargeld."
Kritik an der Haltung der Grünen
Dzienus kritisiert die Grünen dafür, dass sie bei dem neuen Maßnahmenpaket der Regierung und auch beim Asylkompromiss auf EU-Ebene im Sommer mitgegangen sind. "Mir macht das auf die eigene Partei bezogen Sorgen." Nach Dzienus Worten geben die Grünen dem Rechtsruck nach, der an den starken Wahlergebnissen der AfD abzulesen ist. "Bei den Grünen ist der Spruch ‚Der Klügere gibt nach‘ ein Problem. Denn wenn der Klügere nachgibt, dann regieren die Dummen. In diesem Fall ist das die Unmenschlichkeit." Skeptisch sieht der Co-Vorsitzende der Grünen Jugend auch den Vorstoß von Parteichefin Ricarda Lang, verstärkt auf neue Migrationsabkommen mit Drittstaaten zu setzen, um Abschiebungen zu beschleunigen. Lang beruft sich dabei auf den Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Dzienus spricht von einer gefährlichen Strategie. Wenn die Grünen bei schnelleren Abschiebungen nachgäben, führe das dazu, dass durch SPD und FDP immer neue, noch strengere Schritte in der Migrationspolitik folgten. "Die FDP verbrüdert sich immer öfter mit Olaf Scholz – oft gegen Grüne, die das Gute wollen und sich nicht durchsetzen können."
Unzufriedenheit an der Grünen-Basis
Der Co-Chef der Grünen Jugend sieht dadurch den Markenkern der Partei in Gefahr. Das sorge für Ärger an der Parteibasis, sagt Dzienus. "Ich merke eine steigende Unzufriedenheit von Konflikt zu Konflikt." Angefangen habe das beim Sondervermögen für die Bundeswehr, sei weitergegangen mit der Räumung des Ortes Lützerath für die Braunkohle-Förderung, der die Grünen zugestimmt hatten. Als weiteres Beispiel nennt Dzienus die Wirrungen um das Heizungsgesetz. Er verweist auf Umfragen rund um die Landtagswahlen am vergangenen Wochenende, in denen Dreiviertel der Grünen-Wähler gesagt hätten, die Partei gehe zu viele Kompromisse ein.