Der Drogenbeauftragte Burkhard Blienert sieht angesichts des besorgniserregenden Anstiegs harter Drogen einen Nachholbedarf in der Drogenpolitik. Statt Strafen fordert er mehr Prävention und Hilfsangebote.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht und Drogenfragen Burkhard Blienert, SPD, schlägt erneut Alarm: Der Konsum harter Drogen in Deutschland nimmt zu, und mit ihm die Zahl der Drogentoten. Allein im vorletzten Jahr starben 2.227 Menschen an den Folgen ihres Konsums vor allem durch Heroin und Mischkonsum verschiedener Substanzen. Das waren etwa doppelt so viele wie vor zehn Jahren und rund zwölf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im ARD Interview der Woche erklärt Blienert, dass die Verfügbarkeit harter Drogen durch internationale Entwicklungen, den Schwarzmarkt und den Online-Handel gestiegen ist. Für besonders problematisch hält er neue synthetische Drogen, die oft unbekannte und hochgefährliche Inhaltsstoffe enthalten.
Doch was tun? Der Drogenbeauftragte setzt auf eine Kombination aus Prävention, Hilfe und Regulierung. Es sei ein wesentlicher Punkt, "dass wir nicht über Strafen reden, sondern über Hilfen." Da müsse man stärker und aktiver werden. Blienert plädiert erneut für mehr Drogenkonsumräume, ein flächendeckendes Drug-Checking und eine bessere Finanzierung von Hilfsangeboten. Zudem sei es notwendig, die organisierte Kriminalität konsequenter zu bekämpfen, unter anderem durch das Abschöpfen illegal erworbener Vermögen.

Cannabis-Teillegalisierung: erster Schritt, aber nicht das Ende der Debatte
Als Befürworter der Cannabis-Teillegalisierung verteidigt Blienert das Gesetz, das seit April letzten Jahres gilt. Vor der Reform konsumierten bereits Millionen Menschen Cannabis vom Schwarzmarkt, mit allen dazugehörigen Risiken. Ziel der Regelung sei es, den Schwarzmarkt weiter zu verdrängen und so gesundheitliche Risiken zu minimieren.
Dass der Schwarzmarkt weiterhin präsent ist, sieht Blienert als Übergangsproblem: "Wir brauchen den nächsten Schritt", den Verkauf von Cannabis über lizenzierte Shops. Der Drogenbeauftragte ist überzeug davon, dass damit der Schwarzmarkt weiter zurückgedrängt werden könnte.
Drogenbeauftragter kritisiert Alkoholpolitik
Das in Deutschland so viel Alkohol getrunken wird, sieht Blienert als ernstes Problem. Er unterstützt Forderungen nach höheren Alkoholsteuern, strengeren Verkaufsregelungen und einem Werbeverbot. Der Drogenbeauftragte kritisiert die seit vielen Jahrzehnten geführte Diskussionen über Alkohol als kulturelles Gut, in der Scheinargumente eine große Rolle spielten, während die Gesundheitsgefährdung durch Alkohol keine wesentliche Rolle gespielt habe. Blienert betont, dass Alkohol gesundheitsschädlich ist und Mythen wie das ‚gesunde Glas Rotwein am Abend‘ widerlegt werden müssen. Besonders kritisch sieht der Drogenbeauftragte weiterhin das ‚begleitete Trinken‘ ab 14 Jahren. Auch plädiert er erneut für eine klare Altersgrenze von 18 Jahren für den Konsum von Alkohol. "Es geht nicht um eine Verbotsdebatte, es geht um Jugendschutz."
Tabak: Kaum Fortschritte trotz Warnungen
Auch beim Thema Tabak sieht Blienert große Versäumnisse. Trotz internationaler Vereinbarungen komme Deutschland kaum voran. Besonders frustriert zeigt er sich über das Scheitern eines Rauchverbots im Auto, wenn Kinder mitfahren. Er kritisiert den Einfluss der Tabakindustrie und mahnt, dass Deutschland im Nichtraucherschutz weit zurückliegt. Der Drogenbeauftragte spricht von einer "Kapitulation."
Hier bekommen Süchtige und Angehörige Hilfe
Bundesweite Sucht- und Drogen-Hotline (24 Stunden): 01806 - 31 30 31
Informationstelefon zur Suchtvorbeugung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): 0221 - 89 20 31